Anhörung von Susanne Wiest/ Kritik am Netzwerk Grundeinkommen

Um die Anhörung von Susanne Wiest zu unterstützen, haben wir ein Schreiben an die Ausschussmitglieder verfasst. Hier geht’s zum Schreiben.

Diese Möglichkeit nutzen auch andere wie das Netzwerk Grundeinkommen (siehe Beschlussvorschlag 2 (BV)). Hier geht es zum Text.

Bei diesem Anlass wird zum wiederholten Mal deutlich, dass das Netzwerk parteilich agiert und seine Ansprüche überzieht. Seine Aufgabe, dem eigenen Selbstverständnis nach (siehe Statuten und das genannte Schreiben), wäre es, die Diskussion um ein bedingungsloses Grundeinkommen zu fördern, indem es verschiedene Grundeinkommensvorschläge gelten lässt, wie sie sind. Diesmal trifft die Parteilichkeit die Petition von Frau Wiest. Auf Seite 2 der Stellungnahme heißt es:

„Das von Susanne Wiest vorgeschlagene Grundeinkommensmodell lehnt sich an die Eckpunkte für ein Grundeinkommen nach Götz W. Werner und Benediktus Hardorp an, weicht aber in der Höhe von den derzeit von beiden diskutierten Höhen für ein Grundeinkommen nach oben ab. Dieses Grundeinkommensmodell ist geprägt von mehreren Eckpunkten: Abschaffung aller Sozialleistungen und Steuern zugunsten des Grundeinkommens und einer alleinigen Mehrwehrsteuer. Neuverhandlungen der Erwerbseinkommen sind möglich. Diese Eckpunkte sind Alleinstellungsmerkmale des Grundeinkommensansatzes nach Götz Werner und Benediktus Hardorp.“

Es ist Frau Wiest, die in der Begründung ihrer Petition davon spricht: „Alle bestehenden Transferleistungen, Subventionen und Steuern einstellen und als einzige(!) Steuer eine hohe Konsumsteuer einführen“. Ob sie daran in der Anhörung festhält, bleibt abzuwarten. In jüngeren Äußerungen betrachtet sie das bGE nur als Boden, auf dem man bedingungslos steht, während bedingte Leistungen weiterhin möglich sind. Götz W. Werner hingegen spricht sich schon länger für eine Beibehaltung bedarfsgeprüfter Leistungen oberhalb des Grundeinkommens aus, wie jüngst in Hamburg anlässlich der Gespräche über morgen sowie im Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung vom 15. August der Fall:

FAS: Alle anderen Sozialleistungen, Kindergeld, Rente et cetera würden im Gegenzug gestrichen?
GWW: Nein, die 1000 Euro sind die Basis. Hat jemand höhere Ansprüche, etwa durch die Rente, kriegt er die Differenz obendrauf. Die 1000 Euro gibt’s in jedem Fall.“

Was bezweckt das Netzwerk mit seinem Vorgehen? Weshalb verbreitet es Behauptungen, die den Äußerungen der betreffenden Grundeinkommensbefürworter nicht entsprechen? Sollen unliebsame Positionen verunglimpft werden?

Das Netzwerk Grundeinkommen gebärdet sich wie der Vorstand der Bewegung, der entscheidet, wer anerkannt wird und wer nicht. Statt glasklare Kritik zu üben, wo Vorschläge kritisierenswert sind – unter Einbeziehung korrigierender Äußerungen der entsprechenden Person – wird abgeurteilt.

Das Netzwerk ist nicht der Vertreter deutscher Grundeinkommensintiativen, sondern nur der Verbund einiger unter anderen. Mehr Bescheidenheit und Zurückhaltung würde der Stellung des Netzwerks eher entsprechen (siehe unsere frühere Kritik).

Wer nun meint, die hohe Mitgliederzahl rechtfertige es, dem Netzwerk eine herausragende Bedeutung zuzusprechen, sei daran erinnert, dass Netzwerkmitglieder die einfachste Verpflichtung nicht haben: Beiträge zu zahlen (siehe Statuten). Die Mitgliederzahlen sagen also nicht viel mehr aus als die Anzahl von Abonnenten eines Newsletters.

Anhörung von Susanne Wiest live an der FH Dortmund

An der Fachhochschule Dortmund wird die Anhörung von Susanne Wiest im Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages live übertragen.

Aus der Ankündigung:

„Sozialpolitik live

Anhörung im Petitionsausschuss zur Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens!

am Montag, den 8.11.2010 um 13.00-14.15 Uhr in Raum 336-338

WIR sind dabei, wenn im deutschen Bundestag über die Petition von Frau Wiest debattiert wird. Über das Parlamentsfernsehen verfolgen wir die Verhandlungen über diesen Reformvorschlag zur sozialen Sicherung und gesellschaftlichen Anerkennung aller Bürgerinnen und Bürger. Alle Interessierte sind herzlich eingeladen zum: Public Viewing.“

„Es gibt ganz schön was zu tun“…

…lautet die Schlussfolgerung von Rainer Hank in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Der Artikel wäre kaum der Erwähnung wert, bietet er nur die verbreitete Verwechslung von Arbeitsplätzen und Arbeitsvolumen. Dass die Beschäftigtenzahl gestiegen ist, sagt gar nichts darüber aus, um welche Arbeitsplätze es sich handelt und schon gar nicht darüber, wieviel Stunden dort gearbeitet wird. Auch das Sinken der Erwerbslosigkeit stellt in vielerlei Hinsicht ein Artefakt dar (siehe „Verbrämte Statistik“). Viel aufschlussreicher ist da ein Blick auf das Arbeitsvolumen (siehe „Statistisches Taschenbuch 2010“, Punkt 4.8, S. 68; siehe auch „Datenreport 2008“, S. 334), das im langen Trend gesunken ist.

Man kann dem Autor darin zustimmen, wenn er gegen die mindestens missverständliche, wenn nicht gar unsinnige These vom „Ende der Arbeit“ wettert. Doch schüttete man das Kind mit dem Bade aus, wenn mit der polemischen Zuspitzung dieser These die gesamte Frage verabschiedet würde. Unterstützend könnte ihm beigesprungen werden, denn wo Menschen leben, werden immer Aufgaben entstehen, die gemeinschaftlich zu bewältigen sind – Arbeit gibt es also immer. Die Frage ist aber, welche Art sie ist, wo und unter welchen Bedingungen? Hank redet wie selbstverständlich nur von Erwerbstätigkeit, weil sie für die entscheidende Arbeit gehalten wird. Andere, für unser Gemeinwesen unerlässliche Leistungen, die jenseits des Arbeitsmarkts erbracht werden, sind – nicht nur seiner Auffassung nach – nicht der Rede wert (siehe „Als Steuerzahler sage ich da ‚Gute Nacht'“).

Nehmen wir einmal den Fall an, der durch die demographische Entwicklung womöglich eintreten könnte, dass es wieder viel mehr Stellenangebote als Stellensuchende gäbe, dass sogar die Definition von Vollbeschäftigung erreichbar wäre, die die Volkswirtschaftslehre vorsieht. Es bliebe jedoch etwas vollkommen anderes, laut diesem Konzept Vollbeschäftigung zu erreichen oder durch ein bedingungsloses Grundeinkommen überhaupt erst die Möglichkeit zu haben, mit dem voll und ganz beschäftigt zu sein, das man für richtig und wichtig erachtet. Deswegen gälte auch bei erreichbarer Vollbeschäftigung noch immer: Freiheit statt, nicht Freiheit zu und schon gar nicht Freiheit durch Vollbeschäftigung muss das Ziel bleiben.

Sascha Liebermann

Gespräche über morgen – Chapeau


Die Gespräche über morgen fanden am 15. und 16. Oktober in Hamburg statt. Auch wir haben daran teilgenommen. Sie waren hervorragend organisiert, mehr als 1000 Interessierte fanden sich zu den Veranstaltungen ein. Die Mitstreiter vom Hamburger Netzwerk Grundeinkommen haben Großes geleistet, die Veranstaltung war im wesentlichen ehrenamtlich getragen. Chapeau.

Auf der Website der „Gespräche“ und der des Hamburger Netzwerks werden Berichte von den Gesprächen, Videomitschnitte und mehr Zug um Zug bereitgestellt.

Eindrücke von Erika Reglin-Hormann
Videoclips

Angesichts der aufwendigen Kosten für die Veranstaltung sind Spenden willkommen.