Vor einigen Wochen veröffentlichten wir eine Kritik am Netzwerk Grundeinkommen. Wir äußerten uns darin zur vom Netzwerk verfassten Stellungnahme zur Petition von Frau Wiest. Das Netzwerk hat nun eine „Klarstellung“ veröffentlicht, die die entstandenden „Missverständnisse“ erklären soll. Ein begrüßenswerter Schritt – doch: eine „Klarstellung“?
Bezug nehmend auf einen von Götz W. Werner offenbar autorisierten Text, der sich auf der Website des Netzwerks findet, heißt es u.a.:
„Diese grundsätzliche Positionierung zum Verhältnis „Grundeinkommen – andere Sozialtransfers und Sozialversicherung“ beim Ansatz von Götz Werner / Benediktus Hardorp , die sich seit 2008 auf der Website des Netzwerkes findet, ist Grundlage der entsprechenden Passage in der o . g. Stellungnahme. Sie ist ebenso Grundlage der Begründung der Petition von Susanne Wiest, in der es heißt: „ Alle bestehenden Transferleistungen, Subventionen und Steuern einstellen und als einzige(!) Steuer eine hohe Konsumsteuer einführen. “ [Hervorhebung Raimund Acker]“
In der Tat begründete (vor beinahe zwei Jahren!) Frau Wiest ihre Petition wie oben zitiert. Seit einiger Zeit jedoch – wie auch in der Anhörung deutlich wurde – hat sie eine andere Vorstellung davon, wie mit den bestehenden Sozialleistungen bei Einführung eines bGEs verfahren werden könnte. Durch Rückfrage bei Frau Wiest wäre das sicher auf einfache Weise in Erfahrung zu bringen gewesen und hätte so in der Stellungnahme des Netzwerks angemessen berücksichtigt werden können. Hat man hier keine Rücksprache gesucht?
Dasselbe trifft auf die Äußerungen Götz W. Werners zu. In jüngerer Zeit hat er sich eindeutig anders geäußert (siehe unsere Kritik am Netzwerk). Ein Blick in Einkommen für alle, 2007, S. 99, hätte das aufklären können. Dort steht zu lesen:
„Ein bedingungsloses Grundeinkommen schließt in meinen Augen ausdrücklich nicht aus, dass es weitere staatliche soziale Leistungen auf der Basis unterschiedlicher Bedürftigkeiten geben kann. Nur sollten die Bedingungen für solche Leistungen nicht finanzieller Natur sein. So wäre es ja zum Beispiel unrealistisch, von schwerstbehinderten Menschen zu verlangen, sie müssten mit dem gleichen Existenzminimum auskommen wie alle anderen.“
Weshalb wurde also in der Stellungnahme zur Petition auf andere Äußerungen von Frau Wiest und Herrn Werner nicht hingewiesen? Weshalb wurde nur die eine Quelle auf der Seite des Netzwerks herangezogen, ohne andere zu berücksichtigen?
Wer für sich – wie das Netzwerk – beansprucht, über verschiedene Vorschläge unvoreingenommen zu berichten, muss sich die Mühe machen, Äußerungen in ihrer Gesamtheit zu sichten. Die „Klarstellung“ verstärkt nur den Eindruck, den schon die Stellungnahme zur Petition hinterließ: eine differenzierte Betrachtung war nicht gewollt, sonst hätte das Netzwerk sich darum bemüht. Dass dadurch Positionen verfälscht widergegeben werden, nimmt man offenbar in Kauf. Von „Missverständnissen“, die nun klargestellt worden seien, kann hierbei keine Rede sein.