…darüber schreibt Annie Lowrey in The Atlantic.
„Freiheit und Freizeit für alle“ – aber wie und auf welcher Basis?
Lukas Hermsmeier schreibt auf Zeit Online über Erwerbsarbeit und ihre Überschätzung, ja Glorifizierung als Ort der Erfüllung und Selbstverwirklichung. Dabei bezieht er sich auf Ausführungen verschiedener Autoren, die sich zur Entwicklung des Arbeitsverständnisses und seiner Folgen äußern. An einer Stelle taucht der Vorschlag eines Bedingungslosen Grundeinkommens auf:
„Benanavs Analyse geht über die übliche Dystopie-Utopie-Binarität der Diskurse zum Thema Automation hinaus. Weder werden uns Roboter zwangsläufig alle Jobs wegnehmen und uns so zu Sklaven der Technik machen, erklärt Benanav, noch werden sie uns von aller Arbeit erlösen und dadurch befreien. Entscheidend dafür, in welche Richtung es gehe, sei, wer die Technologien für wen unter welchen Bedingungen vorantreibe. Auch an die angebliche Allheilkraft der Idee des bedingungslosen Grundeinkommens glaubt Benanav nicht. Die Vorschläge dazu ließen das zentrale Problem unangetastet, das darin liege, wie Arbeit generell organisiert ist, so nämlich, dass die allermeisten Menschen keinerlei Kontrolle haben und die allerwenigsten davon profitieren. „Die Menschen haben heute wenig Mitspracherecht, wie ihre Arbeit erledigt wird“, schreibt Benanav, was daher komme, dass eine „winzige Klasse von ultrareichen Individuen die Entscheidungen über Investitionen und Beschäftigung monopolisieren“.“
„Allheilkraft“ – sollte Benanav das so vertreten haben, erstaunt einen der Popanz, denn wo behauptet jemand ernsthaft, ein BGE könne eine solche „Allheilkraft“ sein? Ähnlich wie bei Vertretern einer Jobgarantie wird behauptet, ein BGE lasse „das Problem unangetastet“, wie „Arbeit generell organisiert“ sei.
In der Tat lässt ein BGE direkt die Organisation von Arbeit unangetastet. Aber durch die Handlungsmöglichkeiten, die es schafft, schafft es zugleich eine Machtumverteilung, von der relativen Asymmetrie heute zu mehr Egalität.
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„Grundeinkommen wäre langfristig viel effektiver“ als Vermögenssteuer
Verständlich. #Vermögenssteuern bringen keinen #Sozialismus und reduzieren #Ungleichheit wenig, wenn Schlupflöcher groß. #Grundeinkommen wäre langfristig viel effektiver. Entscheidend: dauerhaftes #Monitoring #Evaluation der #Verteilungswirkungen aller Steuern und Abgaben. https://t.co/zxeUSSbqtt
— Michael Opielka (@MichaelOpielka) March 3, 2021
Neunter Familienbericht vorgestellt, eine Fortsetzung des Achten – Erwerbstätigkeit als Lösung für beinahe alles
Gestern ist der „Neunte Familienbericht“ der Bundesregierung vorgestellt worden, bislang liegt er nur in einer Kurzfassung vor, so dass dieser Kommentar hier vorläufig ist und sich auf eine Zeitungsmeldung bezieht. Die Frankfurter Allgemeinen Zeitung schreibt dazu:
„Neben monetären Leistungen wie etwa einer eigenständigen Grundsicherung für Kinder fordern die sieben Wissenschaftler die substantielle Beteiligung beider Elternteile am Erwerbsleben gezielt zu fördern. Die Corona-Krise habe gezeigt, wie schnell ein Elternteil unerwartet den Job beziehungsweise Aufträge verlieren könne oder von Kurzarbeit betroffen sei. Die meisten Väter arbeiten in Vollzeit weiter, während Mütter in Teilzeit gehen.“
Diese Empfehlung entspricht der Sozialpolitik der vergangenen zwei Jahrzehnte ohnehin, wird doch Erwerbstätigkeit und die Steigerung der Erwerbsquote bei Frauen für das entscheidende Instrument gehalten, um auch Altersarmut vorzubeugen.
„Geteilte Erziehungsarbeit“ – eine Nebensache?…
… sondern schenkt lieber Milliarden her, um Müttern und Vätern die geteilte Erziehungsarbeit zu erleichtern. In einem Satz: Sie eröffnet als Volkspartei nicht mehr allen Aufstiegsmobilen unterschiedslos mit staatlichen Interventionen und Investitionen Perspektiven,… /3
— Dieter Schnaas (@dieterschnaas) February 15, 2021
…Dafür scheint sie zumindest Dieter Schnaas zu halten, wenn man diesen Tweet liest, der auf seinen Beitrag in der Wirtschaftswoche zurückgeht. Er schreibt darin über die „Sechs Sackgassen der SPD“ und hält die Frage, wie Eltern sich der Aufgabe Elternschaft stellen können, offenbar für nachrangig. Das ist zwar ganz im Einklang mit der sozialpolitischen Degradierung von Familie zum Anhängsel des Arbeitsmarktes, damit auch mit einer von der SPD bislang befürworteten Politik. Der Sache selbst aber ist es nicht angemessen. Wenn man Familien unterstützen will, dann ist zu beachten, dass in ihnen – folgt man Zeitverwendungsstudien (siehe auch „unbezahlte Arbeit“) – viel mehr Zeit aufgewandt als in Erwerbstätigkeit. Das ist auch nicht überraschend, wird dort geleistet, was anderswo nicht geleistet werden kann in derselben Weise. Woher die Geringschätzung, die Schnaas hier erkennen lässt? Angesichts der Ergebnisse der vergangenen Jahrzehnte spricht vieles dafür, Familien direkt stärker zu unterstützen, damit sie ihre Verantwortung wahrnehmen können, statt diese Verantwortung formal zwar aufrechtzuerhalten, ihr aber immer weniger Raum zu Entfaltung zu lassen, wenn Erwerbstätigkeit als das Non plus ultra gilt. Über die Folgen eines Elterngeldes, wie wir es heute kennen, das Eltern in zwei Klassen unterscheidet und als Lohnersatzleistung Besserverdiener relativ stärker unterstützt, äußert sich Schnaas nicht.
Sascha Liebermann
Bildungsökonomik in „Wirtschaftsdienst“ – treffende Anmerkungen
Mal wieder ‚Bildungsökonomik‘, dieses Mal im Wirtschaftsdienst https://t.co/tFaDSHv0gz. Der Autor ist in seinen Formulierungen vorsichtig & vage genug, um sich Hintertüren offenzuhalten. Aber so, wie’s arrangiert, ist die Nähe zur Irreführung nicht weit. 1/15
— SeTh (@EconomicEthics) March 3, 2021
Siehe unsere jüngeren Kommentare zu dieser Thematik hier.
Alina Leimbach treffend zum SPD-Programm – noch etwas zu wohlwollend, was das „Haltgeben“ betrifft…
Hab mir jetzt auch nochmal das Kapitel der SPD zu ihrer #HartzIV-Alternative, dem Bürgergeld angeguckt. Nun ja. Meine kleine Einschätzung auch nochmal hier:
— Alina Leimbach (@A_Leimbach) March 2, 2021
…enthält diese ganze pädagogisierende Rhetorik eine Haltung der Fürsorge, die Bürgern nicht gerecht wird als Träger der politischen Ordnung. Mit dieser Rhetorik lässt sich jedoch jeder Paternalismus aufhübschen.
Siehe meinen Beitrag hier.
Sascha Liebermann
Keine Überwindung zu erkennen, wenn der Programmentwurf gelesen wird – eine ganze Reihe fürsorglich-entmündigender Formulierungen schon eher
Die @spdde ist die Partei der Arbeit. Sie will die Verhandlungsmacht der Beschäftigten und ihrer #Gewerkschaften wieder stärken. Durch #Tarifverträge, Mindestlohn 12 Euro, weniger prekäre Jobs, Aufwertung sozialer Berufe und die Überwindung von #HartzIV.
https://t.co/Ph820nMjHH— Dierk Hirschel (@DierkHirschel) March 2, 2021
„Unlock the nation’s potential with a basic income for all“ – eine Kampagne in Großbritannien…
…die ein wenig an alte Zeiten erinnert, siehe hier.
Mitwirkungspflichten, keine Sanktionen, der Regelsatz als Existenzminimum – wie soll das gehen?
Die SPD hat jüngst ihren Entwurf für das Bundestagswahlprogramm vorgelegt und seitdem kursiert wieder der Vorschlag eines Bürgergeldes, um „Hartz IV“ hinter sich zu lassen. Auf Unklarheiten diesbezüglich haben wir hingewiesen, seitdem der Vorschlag gemacht wurde. Auf eine Zuschrift mit Hinweisen auf Aussagen Kevin Kühnerts zum Bürgergeld zeigt sich die Unklarheit nochmals deutlich.
Das Existenzminimum bleibt in unserem Konzept immer unangetastet und das Existenzminimum ist laut Bundesverfassungsgericht der Regelsatz. Abzüge davon folglich nicht möglich.
— Kevin Kühnert (@KuehniKev) March 1, 2021
Diese Äußerung entspricht auch einer, die Kühnert in der taz im Jahr 2019 machte:
„[taz] Auch bei Sanktionen für Hartz-IV-Empfänger? Manche Parteilinke halten den SPD-Beschluss für das Ende der Sanktionen. Arbeitsminister Heil redet von Konsequenzen, wenn Hartz-IV-Empfänger ihre Pflichten verletzen. Was gilt?
[Kühnert] Wir haben einen Kompromiss entwickelt. Der sieht vor, dass sogenannte Teilhabevereinbarungen mit den Betroffenen geschlossen werden.