…das meinte Björn Böhning, Leiter der neuen Denkfabrik zur digitalen Arbeitsgesellschaft im Bundesarbeitsministerium, in einem Interview mit dem Deutschlandfunk. In dem Gespräch geht es, wie sollte es beim Thema Digitalisierung anders sein, um ihre etwaigen Folgen, den Wandel der Arbeitswelt, Weiterbildung, Bildung im Allgemeinen, Aufstiegschancen usw. An einer Stelle kommt die Sprache auf das Bedingungslose Grundeinkommen. Die Journalistin fragt:
„Zerback: Muss man da nicht auch mitdenken, die sozialstaatlichen Strukturen parallel zu stärken, vielleicht sogar ein Grundeinkommen für die Verlierer dieser digitalen Revolution? Das wird ja auch immer wieder diskutiert.
Böhning: Nein, das halte ich für den falschen Weg. Ein Grundeinkommen ist nicht der richtige Weg dessen, weil es ja dazu führt, dass Menschen, die aus der Arbeitswelt herausgedrängt werden, mit einer Alimentation abgefrühstückt werden. Das halte ich, was die Würde der Arbeit anbelangt und was die Integration in die Gesellschaft und die Arbeitswelt anbelangt, für den absolut falschen Weg.
Wir haben allerdings eine große Herausforderung des Strukturwandels. Es werden in den nächsten Jahren hunderttausende Arbeitsplätze automatisiert werden. Es werden aber auf der anderen Seite auch hunderttausende neue Arbeitsplätze nicht nur im digitalen Bereich, auch im Sozialbereich neu entstehen.“
Zum einen fällt wieder die Ungenauigkeit auf. Ein BGE erhielte nicht nur, wer aus „der Arbeitswelt herausgedrängt“ würde, sondern es ginge an alle. Insofern ist die Folgerung, dass diejenigen, die „herausgedrängt“ zugleich „abgefrühstückt“ würden, ebenfalls nicht zutreffend.
„Abgefrühstückt“ soll wohl heißen: abgespeist – das erinnert ganz an die geläufige Rede von der Stilllegungsprämie. Sie werden also – das soll es wohl heißten – abgefertigt mit einem BGE und sich selbst überlassen. Weshalb sollte ein BGE zwingend dazu führen? Das verrät er uns nicht. Und wieso gilt das für ein BGE und nicht etwa für heute? Um das zu erläutern, müsste er sich auf das BGE zuerst einlassen. Dass dem Einzelnen dadurch Verhandlungsmöglichkeiten geschaffen werden, ihm ein sicherer Boden eingezogen wird, unterhalb dessen er nicht fallen kann; dass auf einmal Entscheidungen in andere Richtungen getroffen werden können, sofern das BGE eine entsprechende Höhe hätte – das wird alles einfach übergangen. „Abgefrühstückt“ zeigt allerdings, wie wenig Böhning den Bürgern zutraut und zugleich zugesteht. Hartz IV ist ja nicht vom Himmel gefallen und bietet die Zumutungen, die wir in unserem Land offenbar für akzeptabel, wenn nicht notwendig halten. Mit einem BGE würde es nicht anders aussehen, je nach Willensbildung und Mehrheiten, wenn denn die Bürger sich nur abspeisen lassen wollten, was ja dann ihr gutes Recht wäre. Allerdings liegt das gar nicht am BGE, ob jemand „abgespeist“ wird, sondern daran, was damit erreicht werden soll.
Was hat denn Böhning für Überlegungen, die weiterführen sollen als ein BGE?
„Würde der Arbeit“ – was meint er denn damit? Vielleicht Würde durch Arbeit? Diese Würde kennt unser Grundgesetz gar nicht. Das wäre eine Würde, die erst erreicht werden müsste und nicht schon für sich gegeben und Maßstab für anderes wäre. „Integration in die Gesellschaft“ leistet Arbeit, sprich Erwerbsarbeit, aber gar nicht, allenfalls integriert sie in ein bestehendes Leistungsethos, auch das jedoch ist zu kurz gegriffen, denn einem Leistungsethos zu folgen ist wiederum Resultat eines Bildungsprozesses, der der Hinwendung zu Erwerbstätigkeit vorangeht. Selbstverständlich werden am Ende wieder Versprechungen gemacht hinsichtlich der etwaigen Folgen der Digitalisierung. Mit einem BGE müssten man diesen Schritt zu Versprechungen nicht machen, weil es unabhängig von der Arbeitsmarktentwicklung wäre, wenn auch nicht unabhängig von Wertschöpfung insgesamt.
Sascha Liebermann