Vertraute Routinen zu verlassen ist nicht einfach, ein Grundeinkommen kann dabei behilflich sein…

…wie der Bericht, auf den Susanne Wiest verlinkte, deutlich macht. Auch wenn es nur ein einjähriges Grundeinkommen unter Lotteriebedingungen war, so ist die Überlegung gar nicht zu überschätzen, die die Gewinnerin anstellt. Denn aus Routinen, die sich mehr oder weniger bewährt haben, herauszutreten, Routinen, die einem vertraut sind, vertrauter als mögliche Alternativen, ist nicht einfach. „No alarms and no surprises, please“ – das Motto des Alltags – mit einem Bedingungslosen Grundeinkommen wäre es womöglich einfacher, Alternativen Raum zu geben.

Sascha Liebermann

Das Lächeln des Säuglings als Gegenleistung – Dominik Enstes Reziprozitätsverständnis

In einem Interview mit dem Tagesspiegel, vom 25.12.19, äußerte sich der Wirtschaftsethiker Dominik Enste wieder einmal auch zum Bedingungslosen Grundeinkommen. Hier die entsprechende Passage:

„[Tagesspiegel] Apropos Grundeinkommen: In verschiedenen Varianten wird seit Jahren auch die Einführung eines Grundeinkommens diskutiert. Halten Sie das für einen aussichtsreichen Ansatz, um die solidarische Gesellschaft zu stärken?

[Enste] Nein. Das ist eine Sackgasse. Ein bedingtes Grundeinkommen könnte zum vielfach beklagten Bürokratieabbau im Sozialsystem beitragen, ohne das Fundament der Finanzierung der Sozialleistungen zu zerstören. Solidarität hingegen wird durch die bedingungslose Gewährung von Leistungen zerstört. Es gibt schlichtweg – zumindest auf Erden – nichts bedingungslos, oftmals [Heraushebung SL] nicht einmal die Liebe der Eltern: denn selbst Eltern fällt es leichter ihre Kinder zu lieben, wenn die Kinder ihnen ab und zu ein Lächeln schenken oder die Jungs in der Pubertät ab und zu mal duschen.

… eine harte Analyse …

Klar, als Verhaltensforscher und Ethiker mache ich mir da keine Illusionen: Warum sollte ich einem wildfremden Menschen etwas von meinem Geld, Ersparten oder meiner Zeit abgeben, wenn er keine Gegenleistung erbringt?“

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Differenzierte Einschätzung? Fabio de Masi zum Grundeinkommen…

…liest man diesen nachweihnachtlichen Tweet, könnte man meinen, es gebe keine differenzierten Überlegungen zum Bedingungslosen Grundeinkommen. Das Thema scheint zu Aussetzern zu führen oder hat es andere Gründe?

Zu den behaupteten Folgen eines BGE als Kombilohn und Herd- bzw. Stilllegungsprämie. Ein BGE „subventioniert“ jeden Einzelnen, aber kein Anstellungsverhältnis, das sollte doch angesichts der lange geführten Diskussion klar sein. Wie illusionär eine repressionsfreie Grundsicherung ohne Sanktionen ist, solange es einen erwerbszentrierten Sozialstaat gibt, siehe dazu hier.

Sascha Liebermann

Etwas als „alten Hut“ erklären, ist kein Argument – Thomas Sattelberger zum Grundeinkommen

Dass Sattelberger den Zusammenhang von Demokratie und Sozialstaat für unbedeutend hält, damit auch den zwischen Demokratie und Bedingungslosem Grundeinkommen, ist kaum erstaunlich, war sein Beitrag zur Debatte doch mit „Arbeit statt Opium“ übertitelt. Siehe meinen Kommentar dazu hier. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts kann ihn da wohl ebenso kaum anfechten.

Sascha Liebermann

Über lasche Sanktionen und Bürger, die „brav“ zur Arbeit gehen – Heinrich Alt zum Grundeinkommen

…zumindest, wenn man dem Bericht in focus glauben kann. Dort wird Heinrich Alt, ehemaliger Vorstand der Bundesagentur für Arbeit, wie folgt wiedergegeben:

„Alt bemängelte, dass wenn jemand eine Kürzung von 30 Prozent bekommen habe, könne er künftig machen, was er wolle. Mehr Sanktion gebe es nicht. „Er braucht sich nicht mehr zu melden, nicht mehr zu kooperieren. Er muss nur noch seine Kontonummer angeben, bekommt 70 Prozent des Regelsatzes und die Miete voll bezahlt”, so Alt weiter. Das halte er für falsch. Besonders gegenüber denjenigen, „die das alles finanzieren, jeden Morgen aufstehen und brav zur Arbeit gehen“ und sich an die Spielregeln halten müssten.“

Alles zu lasch, kein Disziplinierungsinstrument mehr, so lässt sich schließen. Das komme einer „bedingungslosen Grundsicherung“ gleich – wieder eine Verdrehung, denn Hartz IV erhält nur, wer bestimmte Bedingungen erfüllt. Deutlich macht Alt damit, was er vom Existenzminimum hält, es gilt nicht bedingungslos, ganz wie er sich zum Bedingungslosen Grundeinkommen früher schon geäußert hatte, das sei eben eine „Horrorvision“. Was kümmert ihn das Urteil des Bundesverfassungsgerichts dazu.

Man beachte: „die […] jeden Morgen […] brav zur Arbeit gehen“ – eine hübsche Vorstellung vom Bürger hat er da, der ehemalige BA-Vorstand als Erzieher der Widerspenstigen?

Sascha Liebermann