Freiheit der Bürger und Beschäftigungsförderung – ein und dasselbe?

Die öffentliche und politische Aufmerksamkeit für ein bedingungsloses Grundeinkommen hat seit Jahresbeginn erheblich zugenommen. Am Montag, den 26. März, hat das Hamburgische Weltwirtschaftsinstitut eine Studie vorgelegt, die dazu dienen soll, die Finanzierbarkeit eines Solidarischen Bürgergeldes zu plausibilisieren. Heute legte die Konrad Adenauer Stiftung ebenfalls eine Studie mit demselben Zweck vor. Für eine solche Plausibilisierung reicht es aus, bisher vorhandene Mittel zur Finanzierung von Transferleistungen (z.B. Sozialbudget) modellhaft in ein Grundeinkommen umzurechnen. Diese Studien sind hilfreich und ihr Stellenwert für die weitere Diskussion ist beträchtlich, denn sie sprechen etwas in aller Deutlichkeit aus, das in der Diskussion noch immer nicht genügend Berücksichtigung gefunden hat: Berechnungen sind statisch, sie stellen Simulationen auf der Grundlage von bestimmten Annahmen dar (ceteris paribus). Sie erlauben keine Aussagen zu tatsächlichen Auswirkungen eines bedingungslosen Grundeinkommens, denn welche Entscheidungen in der Zukunft unter veränderten Lebensmöglichkeiten, wie sie das bGE schafft, getroffen werden, ist nicht vorhersehbar. Daß diese Grenze der Aussagekraft von Berechnungen offen ausgesprochen wird, öffnet womöglich den Blick für die systematischen Fragen, also die Fragen nach den Überzeugungen, denen Bürger in ihren Entscheidungen in der Regel folgen.

Und hier haben die Studien eine Schwachstelle. Sie unterschätzen, wenn nicht sogar übersehen, welche Bedeutung es für mögliche Auswirkungen hat, daß das bGE zuallererst die Bürger als Bürger anerkennt, ihnen den gebührenden Platz einräumt: das bGE ist ein Bürgereinkommen und keine Sozial- oder Hilfeleistung. Im bGE kommt zum Ausdruck, welche Bedeutung wir der Freiheit der Bürger, der Möglichkeit zur Selbstentfaltung für unser demokratisches Gemeinwesen einräumen. Nicht beschäftigungsfördernde Effekte z.B. im Niedriglohnbereich stehen im Zentrum, wie die um Akzeptanz ringenden Studien sich bemühen deutlich zu machen. Solche Effekte sind nur Neben-Effekte einer freiheitlichen politischen Ordnung, die in der Bereitstellung eines bGE deutlich wird.

Um mögliche Auswirkungen zu ermessen ist die Ausgestaltung entscheidend, dazu gehören z.B. die Höhe des bGE, ob es von der Wiege bis zur Bahre bereitgestellt wird, also immer verfügbar ist, ohne auf zusätzliche Einkommen angerechnet zu werden. Wer die Auswirkungen erwägen und einschätzen will, muß sich Gedanken darüber machen, weshalb wir Bürger so handeln, wie wir handeln.

Wie weit die FDP von einer freiheitlichen Ordnung entfernt ist, läßt sich in einem Stern-Interview mit Andreas Pinkwart nachlesen.

Sascha Liebermann

Grüne Grundsicherung – ein Nachtrag

Vor einigen Wochen haben wir in unserem Blog den Entwurf zu einer „Grünen Grundsicherung“ kommentiert und auf systematische Schwächen dieses Vorschlages aufmerksam gemacht. Anlaß war, daß es mehr und mehr Vorschläge gibt, die als bedingungsloses Grundeinkommen dargestellt werden, in ihrer Konzeptionierung aber das bedingungslose in ein bedingtes Grundeinkommen verwandeln, z.B. durch einen zu niedrig angesetzten Betrag.

Mittlerweile hat Bündnis 90/ Die Grünen (Baden Württemberg) ein Diskussionsportal zur Grünen Grundsicherung eingerichtet. Der dort abgelegte längere Eröffnungsbeitrag, verfaßt von Thomas Poreski (einem der Verfasser des kommentierten Vorschlags), ist hier Anlaß zu einem Nachtrag.
Es heißt dort: „Jede Alternative muss deshalb so konkret ausformuliert sein, dass sie nicht nur philosophischen, sondern auch politischen Maßstäben genügt“. In der Tat ist dies wichtig, doch läßt die Gegenüberstellung von philosophisch und politisch erahnen, wodurch ein Vorschlag „konkret“ wird. Grundsätzliche Erwägungen, wie wir sie seit Beginn vorgenommen und in der öffentlichen Diskussion zu verbreiten versucht haben, gelten wohl eher als philosophisch. Sie sind nicht darauf gerichtet, Umsetzungsschritte zu entwerfen, sondern grundlegende Fragen auszuleuchten, die es dann erst erlauben, bedacht über Umsetzungsschritte zu diskutieren. Das „Philosophische“ ist also in der Tat sehr „praktisch“, wenn es darum geht, Wirkungszusammenhänge menschlichen Handelns deutlich zu machen und damit mögliche Wirkungen eines bedingungslosen Grundeinkommens auszuleuchten.

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