„Erneuerung […] der Bürgerrechte für alle“ durch ein garantiertes Mindesteinkommen,…

…darüber schrieb Ralf Dahrendorf in der Zeit 1986 in einem Beitrag zum „garantierten Einkommen“. Der Beitrag ist Teil einer Serie zu dieser Thematik. Darin heißt es z. B.:

„Das Mindesteinkommen löst also auch nicht alle Fragen der Zeit. Aber es ist eine wichtige Antwort auf eine Grundfrage: Gehen wir in eine Zeit, in der die Mehrheitsklasse der Besitzenden immer brutaler ihren Status verteidigt – oder öffnen wir uns erneut für die Bürgerrechtsgesellschaft, die allen Freiheit verspricht?“

So wartet der Beitrag noch mit anderen Anmerkungen auf, die beinahe wie aus der Gegenwart klingen, auch wenn der folgende Anfang nicht mehr gilt:

„Die Verfechter eines garantierten Mindesteinkommens werden im offiziellen Deutschland beinahe totgeschwiegen. Wer will schon ernsthaft über die Zukunft unseres Gemeinwesens reden, nachdem doch die Von-Tag-zu-Tag-Politik sogar die Grünen in kurzer Zeit eingeholt hat? Und doch, um es zu wiederholen: Die Idee wird bleiben.“

Hier hat er Recht behalten, wenn es auch in den 1990er Jahren ziemlich still um das Grundeinkommen geworden war (siehe hier). Und später im Beitrag heißt es z. B.:

„Die andere Methode muß daher in einer Erneuerung des dynamischen Prozesses der Bürgerrechte für alle bestehen. Es ist ja schon eine nachdenklich stimmende Tatsache, daß der im Prinzip allen gemeinsame Grundstatus aller Bürger zum Privileg geworden ist – zum Privileg der großen Mehrheit gewiß, aber doch zu einem ausschließenden, nicht zu einem einschließenden Grundsatz.“

Für Dahrendorf ist das garantierte Grundeinkommen nicht vor allem eine Antwort auf Arbeitslosigkeit und Armut, was noch heute eine große Rolle in der Debatte spielt, aber auch hier ist es hilfreich. Es gibt nicht viele, die diesen Zusammenhang so deutlich herausheben. Bedenkt man, wie lange Dahrendorfs Ausführungen zurückliegen, kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass es offenbar nicht so einfach ist, eine Einkommensgarantie als Bürgerrecht zu erkennen.

Sascha Liebermann

„Der arbeitende Souverän“ – oder: zur Verkürzung von Autonomie durch die Brille der Arbeitsgesellschaft…

…so ließe sich ein Beitrag des Sozialphilosophen Axel Honneth mit dem Titel „Der arbeitende Souverän“, den die taz veröffentlicht hat, übertiteln. Es geht darin um das Verhältnis von Demokratie bzw. demokratischer Willensbildung und der Bedeutung von Erwerbstätigkeit. Nachdem ich schon angefangen hatte, den Beitrag zu kommentieren, habe ich nun aufgegeben, da die Zusammenhänge in meinen Augen äußerst verkürzt sind. Stattdessen verweise ich auf einen Kommentar, den ich Anfang des letzten Jahres verfasst hatte. Dieser bezog sich auf ein Interview, das Honneth dem handelsblatt gab und in dem er sich zum Bedingungslosen Grundeinkommen äußerte. Hier geht es zum Kommentar.

Sascha Liebermann

Schreckgespenst Inflation – mit einem Bedingungslosen Grundeinkommen wird es sie sicher geben…

…ist immer wieder zu hören. Im selben Atemzug wird häufig behauptet, das genau diese Frage eine Schwachstelle der BGE-Debatte sei – ganz ähnlich wie die „ungeklärte“ Finanzierungsfrage -, es werde sich damit, so die Behauptung, ja gar nicht beschäftigt. Wie diejenigen, die das behaupten, darauf kommen, ist ihr Geheimnis, denn die Frage, ob Inflation entstehen könne, begleitet die Debatte schon lange. Man müsste sich nur die Mühe machen, ein wenig zu recherchieren, aber dann wäre der gesamte Gestus des Aufklärens nur halb so viel wert. Aus etwa 17 Jahren öffentlichen Vorträgen zu der Thematik kann ich sagen, dass diese Frage immer gestellt wurde. In der Literatur fallen die Einschätzungen keineswegs so eindeutig aus, wie es die Aufklärer gerne hinstellen (siehe die Hinweise unten), so „hart“ scheinen die „Fakten“, auf die sich manche berufen, nicht zu sein. Klarerweise kann es mit einem BGE zu Inflation kommen, wie es auch heute Inflation gibt und immer wieder geben kann, sie wird sogar direkt angestrebt, z. B. die Zielinflation im Euro-Raum. Nicht Inflation als solche, erst unverhältnismäßige wäre bedenklich.

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Ein Bedingungsloses Grundeinkommen böte immerhin eine Alternative,…

…auch wenn das alleine nicht ausreichte, um forschen und lehren zu können. Siehe unsere früheren Beiträge hier.

Mögliche Folgen eines Bedingungslosen Grundeinkommens – in jedem Falle bessere Verhandlungsmöglichkeiten

Für und Wider zugespitzt und doch versteckter Paternalismus, wenn es um unangenehme Tätigkeiten geht…

…die Frage ist nur, was ist für wen unter welchen Bedingungen „unangenehm“? Wer diesen Einwand vorbringt, wie es Ole Nymoen gemacht hat, dem reicht es offenbar nicht, Angebot und Nachfrage zur Geltung kommen zu lassen. Als Michael Bohmeyer ihm genau das entgegnet und auf den Chauvinismus hinweist, der diesem Einwand bzw. der Frage innwohne, weist Nymoen diesen Vorwurf zurück. Da war er sich offenbar nicht im Klaren darüber, was sein Einwand bedeutet (ganz ähnlich reagierte einst Anke Hassel), denn worauf sonst sollte er damit hinweisen, als darauf, dass womöglich jemand nicht mehr bereit wäre, die Arbeitsbedingungen zu akzeptieren, denen er sich heute schwer verweigern kann?

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„…solange wir ein Wirtschaftssystem haben, so wie wir es haben…“

…sieht Tom Krebs ein Bedingungsloses Grundeinkommen kritisch, solange wir ein System haben, in dem „formale Erwerbsarbeit“ ein solche Bedeutung hat. Weshalb aber spricht das grundsätzlich gegen ein BGE? Ein BGE fordert in der Regel nicht die Aufhebung oder gar das Verbot von Erwerbsarbeit, das eine wäre mit dem anderen vereinbar. Weiter begründet Krebs seine Ausführungen nicht. Dann greift er zum Taschenrechner und beziffert die Bruttokosten, die sind aber nicht ausschlaggebend, warum also diese Hochrechnung? Er vergisst dabei oder erwähnt es nicht, dass im Volkseinkommen auch der Grundfreibetrag in der Einkommensteuer enthalten ist, auf den alle heute schon einen Rechtsanspruch haben, auch wenn er nur bei steuerbarem Einkommen sich auswirkt. Insofern ist die Diskussion darüber ob Reiche es auch bekommen sollen in voller Höhe überflüssig. Siehe frühere Beiträge zu Ausführungen von Tom Krebs hier. Eine differenzierte Betrachtung der makroökonomischen Auswirkungen bietet Ingmar Kumpmann (einer der Beiträge im verlinkten Band).

Und die Frage von Ina Praetorius ist natürlich vollkommen berechtigt.

Sascha Liebermann