Die Schulpflicht lässt grüßen – wer „schwänzt“, muss sanktioniert werden, aber: was ist daran unternehmerisch?…

…Immer wieder verwunderlich ist, wie wenig unternehmerisch Verbände denken, die doch Unternehmer vertreten wollen. Wenn hier Sanktionen als unerlässlich betrachtet werden, stellt sich die Frage, ob denn dieser Verband auch Mitarbeiter sucht, die sich bewerben, um der Sanktionsdrohung zu entgehen oder ob Mitarbeiter entscheidend sind, die bei einem Unternehmen arbeiten wollen. Unternehmen sind doch keine Erziehungsanstalten (siehe auch hier), haben sie nicht Besseres zu tun?

Unweigerlich drängt sich die Frage auf, welches Verständnis von „Personalentwicklung“ und „Mitarbeiterführung“ dort denn vorherrscht? Unternehmerisch gedacht ist das jedenfalls nicht, denn dann würde Wertschöpfung im Zentrum stehen und man sich fragen müssen, wie sie am besten zu erreichen ist, ob das mit oder ohne Mitarbeiter geschieht, darf keine Rolle spielen. „Beschäftigung“, wie es manchmal heißt, muss sich daran bemessen, ob sie dafür notwendig oder erlässlich ist. Für die grundlegende Einkommenssicherung muss das Gemeinwesen sorgen, es muss Bedingungen schaffen, dass sich Leistungsbereitschaft entfalten kann, sie muss weder „erzeugt“ noch durch „Motivation“ hervorgebracht werden. Das Anreiz-Denken hat seine Spuren hinterlassen – auch in der Schulpflicht.

Sascha Liebermann

Was ist in wessen Gesicht ein Schlag? Über Hartz IV, Mitwirkungspflichten, Sanktionen und Vorurteile

Das ist eine Form der Kritik, in der diejenigen, die in derselben Lage sind, gegeneinander ausgespielt werden, ohne jegliche Differenzierung. Hermann Gröhe müsste bekannt sein, wie es um diese Sanktionen steht und welche Versäumnisse ihrem Vollzug unterliegen. Die Sanktionsquote ist äußerst gering:

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„Das eigentliche Problem sind die Mitwirkungspflichten“…

…an ihnen wird deutlich, ob in unserem Sozialstaat das Existenzminimum vorbehaltlos zu jeder Zeit bereitsteht, ob es unverfügbar ist oder ob wir die Gewährung an Wohlverhalten knüpfen. Ersteres entspräche den Grundfesten unseres Gemeinwesens, der Stellung der Bürger in ihr als Träger der Ordnung, letzteres entspricht einem Gemeinwesen, das die Grundfesten letztlich unter Vorbehalt stellt.

Insofern sind alle Varianten einer Mindestsicherung, die die Mitwirkungspflicht nicht aufgeben, aber angeblich Sanktionen aufheben wollen, Mogelpackungen. Denn es kann keine sanktionslose Mindestsicherung geben, solange das Erwerbsgebot gilt.

Sascha Liebermann

ver.di-Jugend „Position zum Bedingungslosen Grundeinkommen“ -…

…in dieser Stellungnahme ist folgendes zu lesen:

„Aus ökonomischen Gesichtspunkten ist einzig der neoliberale BGE-Ansatz umsetzbar. Bei diesem würden alle Leistungen der sozialen Sicherungssysteme in das BGE zusammengefasst werden.“

Diese Einschätzung ergibt sich aus der Bezugnahme auf eine ausführliche Stellungnahme von ver.di aus dem Winter 2017, die behauptet, was hier zitiert wird. Doch, wenn der bestehende Sozialstaat finanzierbar ist, wir uns Grundfreibeträge leisten, weshalb sollte das mit einem BGE dann sonderbarerweise nicht der Fall sein. Dieser Schluss ist erst möglich, wenn man der Auffassung ist, ein BGE senke die Leistungsbereitschaft. Da wird es interessant, es geht um Grundlagen (siehe hier und hier).

Interessant ist hier, dass die stigmatisierende Seite des an Bedürftigkeit ausgerichteten Sozialstaats gar nicht thematisiert wird, man nehme diese Bemerkung:

„Für die Mehrheit der lohnabhängig Beschäftigten, welche die Hauptlast einer BGE-Finanzierung leisten müssten, würde sich kein finanzieller Vorteil ergeben. Durch den Wegfall einer Bedürftigkeitsprüfung bedarfsorientierter Sonderzahlungen könnte es je nach Höhe eines pauschalen BGE sogar zu einer deutlichen Schlechterstellung kommen. Dies stellt insbesondere eine Armutsgefährdung niedriger Einkommen, Erwerbsloser und Rentner*innen dar.“

„Hauptlast“ der Finanzierung, kein „finanzieller Vorteil“ – die Frage ist, woran sich ein finanzieller Vorteil bestimmt, spielt es dafür eine Rolle, in welcher Form das Einkommen bereitsteht, der normative Vorrang von Erwerbstätigkeit aufgehoben wird, die Machtverhältnisse verschoben werden? Wenn das in der Bewertung einen Unterschied macht, muss es für die Aussage berücksichtigt werden. Dann spielt es für alle eine Rolle, für die ver.di-Jugend offenbar nicht.

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Schlechterstellung? Missverständnis,…

…denn eine solche träte ein, wenn es mit Einführung eines BGEs gar keine bedarfsgeprüften Leistungen mehr gäbe, aus einem BGE leitet sich das jedoch nicht ab, auch wenn es Stimmen gibt, die genau eine solche  vollständige Ersetzung befürworten. Die stigmatisierenden Folgen der Bedürftigkeitsprüfung scheinen die ver.di-Jugend hingegen nicht zu stören – ein blinder Fleck?

Sascha Liebermann

Wieder ein schönes Beispiel dafür, was ein Bedingungsloses Grundeinkommen leisten könnte,…

…das zielgenau wäre, weil es alle erreichte und keiner durchs Netz fiele, während die vermeintlich zielgenauen sozialstaatlichen Leistungen nicht selten am Ziel vorbeigehen.

Sascha Liebermann

Ein wichtiges Moment, aber nicht das einzige…

…denn die Tätigkeit muss auch für einen selbst Bedeutung haben, beides muss miteinander korrespondieren, wenn sie erfüllend sein können soll. Zugleich muss sie in einer Gemeinschaft eine gewisse Wertschätzung erfahren, es sind also drei Momente, die zusammenwirken. Die Sinnhaftigkeit ergibt sich also weder alleine vom Individuum aus noch von der des Kollektivs bzw. des Tätigseins für andere. Deswegen führt auch eine Jobgarantie nicht weiter, weil sie diese Zusammenhänge ebenso verkürzt wie die Behauptung, der Sinn einer Tätigkeit ergebe sich dadurch, etwas für andere zu tun.

Sascha Liebermann