Alte Muster, neue Muster

Einen Bericht zum Treffen (Link zur Videoaufzeichnung) hat Herbert Wilkens verfasst, aus dem ein Punkt herausgegriffen sei. Ihm zufolge stellten die Grünen neben anderen diese Forderung heraus:

„Unter dem Gesichtspunkt der Geschlechtergerechtigkeit muss das BGE durch geeignete Maßnahmen ergänzt werden. Es soll vermieden werden, dass die Rolle der Frau sich wieder zu traditionellen Verhaltensmustern zurückentwickelt.“

Gehen wir einmal davon aus, dass dies so gesagt wurde, wie es in dem Bericht dargestellt ist, handelt es sich um ein bemerkenswertes Dokument dafür, wie das Individuum einer Programmatik untergeordnet wird. Damit wird an die Stelle eines aus Sicht der Autoren überkommenen Musters, ein anderes gesetzt, auch wenn es hier inhaltlich nicht ausgeführt ist. Beide gehen gleichermaßen über das Individuum hinweg, das vermeintlich fortschrittliche ist also nicht besser als das traditionelle. Weshalb sollte einer Frau, die sich mit dem „traditionellen Verhaltensmuster“ identifiziert, diese „Rückentwicklung“ untersagt werden? Wie – und mit welchem Recht überhaupt – wollen die Autoren die Entscheidung eines Individuums vermeiden? Muss eine Frau, die „traditionell“ leben will, einer Bildungs- oder Erziehungsmaßnahme unterzogen werden, um sie von diesem Irrweg abzubringen? Identifiziert sich eine Frau mit dieser „Rolle“ nicht, weshalb sollte sie sich in sie zurückdrängen lassen? Trauen die Autoren ihr nicht zu, sich dagegen zu verwahren? Nicht erst mit dem BGE, durch es aber umso mehr, hätten Frauen die Möglichkeit, sich gegen entsprechende Erwartungen zu wehren bzw. könnten sie diese links liegen lassen oder eine öffentliche Debatte anstoßen. Darüber hinaus sind zwei Dinge voneinander zu unterscheiden, die die Autoren einfach zusammenwerfen: eine Geschlechterposition ist dann traditional, wenn ihre Geltung vom Individuum nicht ernsthaft in Frage gestellt wird und diese Position auch kollektiv als verbindlich gilt. So war das „traditionelle Verhaltensmuster“, das auch für den Mann galt, nicht oktroyiert, sondern Ausdruck eines kollektiv verbindlichen Lebensentwurfes. Daran änderten auch die wenigen Vordenker nichts, die ihrer Zeit voraus waren. Ist jedoch eine solche Tradition in Auflösung begriffen, was schon länger der Fall ist, und identifiziert sich unter diesen Umständen eine Frau mit der Position als Mutter, ist das keine Rückkehr zu „traditionellen Verhaltensmustern“, sondern Ausdruck individuierter Lebensführung und eines positiven Begriffs von Mutter- bzw. Elternschaft. Das BGE würde also gerade etwas ermöglichen und stärken, das heute vom Lobgesang auf Erwerbstätigkeit, Kinderkrippen und Kitas in die Enge gedrängt wird: die Familie. Was die Autoren hingegen – vielleicht entgegen ihrer Absicht – anstreben, läuft darauf hinaus, uns Bürger vorzuschreiben, wie wir zu leben haben – das ist das Gegenteil dessen, was mit dem BGE erreicht werden soll.

Siehe auch „Blinde Flecken in der feministischen Diskussion ums Grundeinkommen“ (Ute Fischer)

„Dialog über unsere bürgeschaftliche Souveränität: das bedingungslose Grundeinkommen“ – Antrag für BDK von Bündnis 90/ Die Grünen

Hierbei handelt es sich um einen Antrag für die Bundesdelegiertenkonferenz von Bündnis 90/ Die Grünen. Die BDK ist der Auftakt zum Bundestagswahlkampf 2013, sie dient zur Vorbereitung des Programmparteitags im nächsten Frühjahr.

Arbeitslosigkeit – „Die Zeit heilt keine Wunden“

Angesichts des notorischen Vorurteils, in der Arbeitslosigkeit würde es sich gar nicht so schlecht leben, erinnert dieser Beitrag in der FAZ an Forschungsergebnisse, die dazu vorliegen. Überraschend sind sie nicht, wer sich schon länger mit dem Phänomen beschäftigt und statt quantitativer fallrekonstruktive Studien durchgeführt oder gelesen hat, der ist mit der Dynamik von Stigmatisierung vertraut.

Angesichts des Loblieds auf die Erfolge der Agenda 2010 sei auch auf den Artikel von Sonja Fehr und Georg Vobruba zur Sache hingewiesen.

Wege zum Grundeinkommen in Asien – Vortrag von Min Geum

„Freitag, 21.09.2012, 19.00 Uhr, Gästehaus der Universität Bremen, Teerhof 58, 28199 Bremen. Mit Min Geum, Seoul (Südkorea), Basic Income Korean Network. In Asien sind bereits Grundeinkommensformen realisiert. Nach dem Vorbild von Alaska erhält die Bevölkerung in der Mongolei und im Iran Gewinnanteile aus der staatlichen Bodenschatzförderung. Ansätze im Iran und in der Mongolei, Modelle für Japan und Südkorea.“

Grüne MdBs laden Piraten zur Diskussion ein

Mitglieder der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/ Die Grünen haben die Piraten zum Gespräch über „Perspektiven zur weiteren Verbreitung der Grundeinkommensidee“ eingeladen. Das Treffen ist für den 24. September, 17-19 Uhr, in Berlin vorgesehen. Nähere Informationen auch darüber, wer teilnimmt, finden Sie hier. Live-Stream hier.

Europäische Bürgerinitiative im ersten Anlauf abgelehnt

„Die EU-Kommission hat den ersten Anlauf zu einer Europäischen Bürgerinitiative für ein bedingungsloses Grundeinkommen abgelehnt. Die Antragsteller arbeiten an einer neuen Formulierung und nehmen erneuten Schwung auf. Kurz vor dem BIEN-Kongress wurde den Initiatoren der Bürgerinitiative mitgeteilt, dass ihr Antrag von der EU-Kommission nicht bearbeitet werden könne, da der Kommission die Kompetenz für die Umsetzung des Bürgerverlangens fehle. Schon während der Konferenz wurde darüber berichtet und das weitere Vorgehen beraten.
Die Entscheidung fiel eindeutig aus: Aufgeben kommt nicht in Frage. Ein neuer Text soll die Petition unangreifbar machen. Für Einzelheiten siehe kathweb, die Katholische Presseagentur Österreich.“

(siehe unseren früheren Kommentar hier)