Die Zeit über „mein grundeinkommen“

Die Zeit berichtete in der Printausgabe von 09/2015 über das Crowdfundingprojekt von Michael Bohmeyer. Unter dem Titel „Macht Geld faul?“ – diese Assoziation ist besonders beliebt, siehe „Das bedingungslose Grundeinkommen macht nicht faul!“ – stellt die Autorin das Projekt vor und die Grundeinkommensdiskussion dar.

„KannMannFrau“ – Filmvorführung und Diskussion mit Gabriele von Moers

Am Freitag, den 27. März, 19 Uhr 30 im Eine-Welt-Café (Bürgerpavillon), Heimstättenstr. 24, Fürstenfeldbruck. Aus der Ankündigung:

„Frau, Mann, Kinder – Können Familien mit einem Grundeinkommen besser leben?
42-Minuten-Film-Dokumentation „KannMannFrau“ zum Thema Familie und Grundeinkommen, von Gabriele von Moers, über Familiensituationen heute und die Verbesserungen, die ein Grundeinkommen schaffen könnte…“ Weitere Informationen finden Sie hier

Trailer zum Film

Bedingungsloses Grundeinkommen Pro und Contra…

…in HR Today. Pro: Daniel Straub, Contra: Fabian Schnell (Economiesuisse).

Der Vergleich des BGE mit dem Schlaraffenland und dem Paradies auf Erden erfreut sich bei Gegnern großer Beliebtheit (siehe hier und hier). Als polemische Spitze ist dieser Vergleich noch nachvollziehbar, wenn im Eifer der Diskussion das Gegenüber in eine Ecke gedrängt werden soll. Doch, wenn vermeintlich nüchterne Erwägungen von wissenschaftlicher Seite diesen Vergleich bemühen, dann muss man doch staunen ob der Weltfremdheit des Vergleichs.

„Aus dem Geist der Demokratie: Bedingungsloses Grundeinkommen“ – Buch von Sascha Liebermann

So lautet der Titel des Buches von Sascha Liebermann, das im Verlag Humanities Online erschienen ist. Es ist sowohl in Druckform als auch als PDF-Format beziehbar.

Hier der Ankündigungstext:

Mehr als zehn Jahre währt die jüngere Diskussion über ein Bedingungsloses Grundeinkommen in Deutschland – seit einigen Jahren nimmt die Idee einen festen Platz in der öffentlichen Auseinandersetzung ein. In der Schweiz steht sogar in den nächsten Jahren eine Volksabstimmung darüber bevor, ob es eingeführt werden soll. Beim Bedingungslosen Grundeinkommen (BGE) geht es um mehr als nur darum, eine arbeitsmarkt- oder sozialpolitische Alternative zu finden. Das BGE reicht viel weiter und wirft viele Fragen in den verschiedensten Bereichen des Lebens auf: Bildung, Familie, Pflege, bürgerschaftliches Engagement, Gesundheit, Wissenschaft, Kunst, Beruf und Wirtschaft – um einige zu nennen. Noch wichtiger als die Auswirkungen im Einzelnen sind die Folgen für das Ganze. Getragen werden muss ein BGE vom Gemeinwesen, der politischen Gemeinschaft der Bürger als Solidarverband, denn die Bürger als Staatsbürger sind ihr Fundament, nicht die Erwerbstätigen.

Im Jahr 2006 begann ich, Beiträge im Blog der Initiative „Freiheit statt Vollbeschäftigung“ zu veröffentlichen, die ich gemeinsam mit anderen im Jahr 2003 gegründet hatte. Sie griffen die verschiedenen Aspekte auf, die mit dem BGE in meinen Augen verbunden sind. Die Anlässe, mit denen die Beiträge sich auseinandersetzen, waren meist nur Aufhänger, um allgemeine Überlegungen anzustellen. Die Beiträge sollten der öffentlichen Diskussion dienen, sie dadurch fördern, dass Argumente entwickelt und Einwände geprüft werden. Aufzuzeigen, wie ein BGE wo und weshalb Wirkung entfalten könnte – darum ging es immer wieder. Bei allen argumentativen Anstrengungen, die dazu unternommen wurden und werden, münden die Beiträge – anders, als es für eine wissenschaftliche Abhandlung angebracht wäre – stets in eine praktische Stellungnahme. Den Argumenten tut das keinen Abbruch, sie stehen für sich. Die praktischen Schlussfolgerungen allerdings folgen einem Werturteil.

Aus den vielen Beiträgen, die über die Jahre entstanden sind, habe ich solche für dieses Buch ausgewählt, die an Aktualität nichts eingebüßt haben. Sie wurden vollständig überarbeitet, aktualisiert und der Buchform entsprechend angepasst. Manche fallen eher kurz aus, andere länger. Einige konzentrieren sich darauf, Argumente rund um das BGE zu entwickeln, indem an unterschiedlichsten Phänomenen mögliche Auswirkungen aufgezeigt werden. Andere wiederum sind intensive Auseinandersetzungen mit Einwänden, die zu diesem Zweck ausführlich zitiert und analysiert werden. Diese Texte dienen besonders dazu, die Einwände in ihrer Eigenlogik besser zu verstehen, ihre häufig sehr voraussetzungsvollen Annahmen offenzulegen und zugleich zu prüfen.

Auszüge bei google books

„Hartz IV und die Folgen“ – Videomitschnitt einer Diskussion in Frankfurt am Main

Podiumsdiskussion mit Prof. Dr. Christoph Butterwegge, Köln, Inge Hannemann, Hamburg, Prof. Dr. Franz Segbers, Marburg, Prof. Dr. Matthias Zimmer, MdB, Frankfurt; Moderation: Katja Irle (hr-Info) am 12. Februar 2015 im Haus am Dom in Frankfurt a. M.

Christoph Butterwegge (siehe auch hier) hat sich einen Namen als Gegner eines Bedingungslosen Grundeinkommens gemacht, Franz Segbers zählt zu den Befürwortern (hier und da mit sonderbaren Vorbehalten).

Mangelndes Zutrauen = Misstrauen?

Einer der Vorbehalte, dem man immer wieder in der Grundeinkommensdebatte begegnet, ist der, ob die Menschen mit der Freiheit überhaupt umgehen könnten, es nicht doch zu Missbrauch (!?) kommen würde. Das ist als solches schon erstaunlich, nicht etwa alleine deswegen, weil die Frage wäre, woran die Unfähigkeit mit Freiheit umzugehen, festgestellt werden sollte oder weil in dieser Allgemeinheit der Einschätzung eine gewaltige Anmaßung zum Ausdruck kommt. Beides würde als solches schon reichen, um denjenigen, die diese Vorbehalte äußern, die Selbstverständlichkeiten eines demokratisch verfassten Gemeinwesens entgegenzuschleudern. Wer hinter sie zurück will, soll es offen sagen. Was ist denn das Problem mit der Freiheit, um die es geht? Sie erfordert nichts, was nicht heute schon vorausgesetzt wird, ist also ein triviales Unterfangen (siehe hier) – zumindest wenn unser reales Leben als Maßstab genommen wird. Dennoch, der Vorbehalt wiegt schwer, er hält uns ja gerade davon ab, das BGE einzuführen.

Neben der Gestalt offenem Misstrauen tritt dieser Vorbehalt allerdings noch in milderer Form in Erscheinung, wenngleich in seinen Folgen dies keinen Unterschied macht. Mild geht so: Noch seien die Menschen nicht so weit, weil sie bisher zu sehr in Unselbständigkeit gehalten, gar konditioniert wurden. Weil dies so sei, bedürfe es einer sanften Überleitung durch pädagogische Vorbereitung. – Nur zu Erinnerung: wir sprechen von erwachsenen, mündigen Bürgern. – Mittels pädagogischer Überleitung soll aus der Unselbständigkeit in die Selbständigkeit geführt werden, sobald dies erreicht sei, könne die Freiheit beginnen. Wer eine solche Argumentation liest, denkt womöglich an Satire, das ist sie jedoch ganz und gar nicht. Diese Vorbehalte gibt es tatsächlich und zwar mehr, als man glauben mag. Man nehme nur die jüngere Diskussion über die Anwesenheitspflicht in Lehrveranstaltungen an Hochschulen (siehe auch hier). Sie wurde in Nordrhein Westfalen weitgehend aufgehoben, was wiederum zu entsprechenden Reaktionen führte, die darin schon die Erschütterung der Grundfesten der Universität erblickten. Wenngleich es hier um ein anderes Feld geht, nicht um die Praxis der Demokratie im Allgemeinen, sondern eher um die besondere Herausforderung eines Studiums, so gleichen sich die Überlegungen.

Weil nämlich Studenten durch das Schulwesen in Unmündigkeit gehalten oder zu Unselbständigkeit erzogen worden seien, seien sie nicht oder nicht ohne weiteres in der Lage, die Anforderungen eines freilassenden (eigentlich: freilassenderen, angesichts der Bachelor-Strukturen) Studiums auf sich zu nehmen. Sie könnten, so die Behauptung, mit der Freiheit nicht – noch nicht – umgehen. Wer ein wenig Erfahrung in der Lehre an Hochschulen gesammelt hat, wird nicht umhin kommen, das Problem wo ganz anders zu verorten, und zwar darin, dass die Anwesenheitspflicht diejenigen, die nicht wollen, aber sich noch nicht zum Abbruch des Studiums oder dem Verlassen der Veranstaltungen durchringen konnten, in einer Lehrveranstaltung halten – um Leistungspunkte (credit points) zu erhalten. Für ein Studium entscheidend ist aber nicht das bloße Anwesendsein, es ist die Bereitschaft zur Auseinandersetzung mit einer Sache, die einem fremd ist und die ganz unpraktisch, müßig zum Gegenstand der Auseinandersetzung gemacht wird – nur, um sie zu verstehen. Die Anwesenheitspflicht leistete dazu nicht nur keinen Beitrag, sie trug eher dazu bei, die Voraussetzungen für eine solche Auseinandersetzung zu untergraben, da sie Studenten unter den Generalverdacht stellte, nicht anwesend sein zu wollen. Das Wollen aber ist notwendig. Wer eine Pflicht erhebt, drängt das Wollen zurück. Das heißt natürlich nicht, dass dadurch das Wollen ausgeschlossen ist, die Bedingungen zu seiner Entfaltung sind nur erheblich ungünstiger, weil die Pflicht gerade davon ausgeht, dass das Wollen nicht vorhanden ist.

Zwischen mangelndem Zutrauen, das sich hier in Form pädagogischer Fürsorge und Hilfestellung Ausdruck verschafft und Misstrauen, besteht kein grundsätzlicher Unterschied, zumindest nicht, wenn es um erwachsene Menschen geht. Studenten, die die Schule verlassen haben und sich entscheiden dürfen, eine Hochschule zu besuchen, das Wollen also zu artikulieren, kann man nicht ernsthaft absprechen, die Voraussetzungen für ein Studium mitzubringen. Dass sich jemand, der sich für ein Studium entscheidet, keine Vorstellung davon hat, was auf ihn zukommt, ist klar, gilt jedoch auch für jeden Lehrberuf, mag im Falle eines Studiums nur in gesteigertem Maße der Fall sein. Selbst dort jedoch, wo tatsächlich mangelnde Selbständigkeit vorläge, wäre eine pädagogische Anleitung bevormundend. Demokratie kann es nur vorbehaltlos geben, Verantwortung für ein Studium auch.

Sascha Liebermann