Ein wichtiges Moment, aber nicht das einzige…

…denn die Tätigkeit muss auch für einen selbst Bedeutung haben, beides muss miteinander korrespondieren, wenn sie erfüllend sein können soll. Zugleich muss sie in einer Gemeinschaft eine gewisse Wertschätzung erfahren, es sind also drei Momente, die zusammenwirken. Die Sinnhaftigkeit ergibt sich also weder alleine vom Individuum aus noch von der des Kollektivs bzw. des Tätigseins für andere. Deswegen führt auch eine Jobgarantie nicht weiter, weil sie diese Zusammenhänge ebenso verkürzt wie die Behauptung, der Sinn einer Tätigkeit ergebe sich dadurch, etwas für andere zu tun.

Sascha Liebermann

„Eine bedingungsloses Kapitulation […] das zementierte Im-Stich-lassen“ – das ist ein Grundeinkommen…

…nach Einschätzung von Jessica Rosenthal, heutige Juso-Vorsitzende, die sich dazu in ihrer Rede zur Bewerbung auf den Juso-Vorsitz (siehe unseren früheren Hinweis hier) geäußert hat. Dort heißt es:

„Das Bedingungslose Grundeinkommen ist seit dem letzten Wochenende nach dem Willen der Basis Teil des Grünen Programms. Wenn damit ein kleiner visionärer Pfad erkennbar sein soll, so führt er nicht zum Fortschritt, sondern ins Nirvana. Das Bedingungslose Grundeinkommen ist nicht nur oft genug der Versuch über die Hintertür Sozialleistungen abzubauen. Es ist im Kern eine neoliberale Idee. Eine bedingungslose Kapitulation. Vor der digitalen Transformation der Arbeitswelt. Der Veränderungen angesichts des ökologischen Umbaus. Es ist das zementierte Im-Stich-lassen von allen Menschen, die nicht von fünf Mietshäusern in der Metropole leben oder mal eben von Bali aus arbeiten können. Das Bedingungslose Grundeinkommen wird die Probleme einer neuen Arbeitswelt nicht lösen, es wird die sozialen Ungerechtigkeiten nur verschärfen.“

„Nirvana“?

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„Eine Jobgarantie muss stets freiwillig bleiben…

…das heißt, es darf keine Sanktionen oder Armut geben, wenn Menschen ein Angebot für eine Jobgarantie nicht annehmen. Andernfalls droht die Jobgarantie zu einer Form der sinnlosen Zwangsarbeit zu verkommen“ schreibt Katharina Bohnenberger im A&W-Blog. Das ist eine klare Ansage, die allerdings noch immer offen lässt, was mit denjenigen geschieht, die ein solches Angebot nicht aufgreifen. Welche Absicherung haben sie? An einer weiteren Stelle schreibt sie:

„Deswegen soll eine Jobgarantie standardmäßig in kurzer Vollzeit von 20 bis 30 Wochenstunden lokal am Wohnort und zu Zeiten stattfinden, die mit einer vollen Teilhabe am gesellschaftlichen Leben vereinbar sind. Dies ermöglicht es, Erwerbsarbeit mit anderer wichtiger Arbeit, wie Care-Arbeit, Ehrenamt und Eigenarbeit, zu verbinden.“

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Frage beantwortet? Fabio de Masi nochmals zu Jobgarantie, Grundsicherung und unbezahlte Arbeit

Fabio de Masi hat auf Eric Manneschmidts Rückfrage geantwortet. Ohne nun einordnen zu wollen, ob diese Antwort darauf bezogen zutreffend ist, enthält sie dennoch Ansatzpunkte, die für die Diskussion um eine Jobgarantie wichtig sind. De Masi schreibt:

„Die Jobgarantie ist ein zusätzliches Angebot und soll Menschen, die arbeiten können und wollen, eine sinnvolle Tätigkeit verschaffen. Sie ersetzt selbstverständlich keine soziale Sicherung bei Arbeitslosigkeit. Darauf habe ich hingewiesen. Wenn Sie gerne persönlich keiner Erwerbsarbeit nachgehen wollen, verschafft Ihnen das nicht das Recht, anderen die Möglichkeit einer sinnvollen Tätigkeit zu verwehren.“

Welcher Art wäre denn diese Absicherung? Wäre sie wie heute konstruiert, also nur unter Bedingungen der Erwerbsbereitschaft zugänglich? Wäre sie auch ohne zugänglich, bliebe allerdings immer noch bestehen, dass sie nur als Noteinkommen im Fall wegfallenden Erwerbseinkommens greifen würde. Möglich ist das, aber das wäre ein Bruch mit dem bestehenden Gefüge, in dem Sanktionen dazu dienen, Leistungsbezieher „aktiv“ zu halten. Weshalb folgt daraus, nicht erwerbstätig sein zu können, dass Herr Manneschmidt anderen den Zugang zu „einer sinnvollen Tätigkeit verwehren“ will? Will er nicht gerade mittels BGE die Möglichkeit dafür schaffen, was sinnvoll ist, frei davon entscheiden zu können, ob es entlohnt wird?

Weiter schreibt de Masi:

„Und selbstverständlich haben Sie keinen unbegrenzten Anspruch darauf, dass andere Menschen für Sie arbeiten. Würde niemand mehr einer Erwerbstätigkeit nachgehen, wäre ja übrigens auch das von Ihnen gewünschte bedingungslose Grundeinkommen nicht finanzierbar. Ein Recht kann aber nur bestehen, sofern es für jeden existiert. Dies ist ein Widerspruch, den Sie beantworten müssen, nicht ich.“

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Wie hält es die „Jobgarantie“ mit der Nicht-Erwerbstätigkeit? Eine Frage an Fabio de Masi von Eric Manneschmidt, die ihrer Antwort harrt

Eric Manneschmidt stellt eine berechtigte Frage an Fabio de Masi, auf abgeordnetenwatch ist sie veröffentlicht. Es handelt sich um eine Rückfrage, da die Antwort auf die erste Frage, ausweichend war. Es ging darum, wie es im Konzept einer Jobgarantie denn um diejenigen stehe, die nicht erwerbstätig sein wollen und darüber hinaus, wie denn sinnhafte oder gemeinnützige Tätigkeiten bestimmte werden könnten, ohne das Individuum mit seinen Neigungen und Interessen zu übergehen. Nach den eher impliziten Antworten, die ich in Beiträgen zu einer Jobgarantie auf diese Frage gefunden habe, würde ich erwarten, dass es auf diese Frage keine befriedigende Antwort geben wird. Denn möglich wäre sie erst, wenn Erwerbstätigkeit normativ der Nicht-Erwerbstätigkeit gleichstellt wäre. Es müsste also auf den Vorrang von Erwerbstätigkeit verzichtet werden, das ist mit einer Jobgarantie bislang – oder eher grundsätzlich? – nicht zu machen. In meinen früheren Kommentaren zur Jobgarantie habe ich diese Aspekte ebenso herausgestellt.

Sascha Liebermann

Welche „soziale Integration“? Lisa Herzog über Jobgarantie, Demokratie und ein Bedingungsloses Grundeinkommen

Zu lesen sind Lisa Herzogs Ausführungen in der Basler Zeitung online (Bezahlschranke), wenige Auszüge seien hier kommentiert. Für frühere Anmerkungen zu Ausführungen von ihr, siehe hier.

Im Interview geht es um verschiedene Fragen, die nachfolgend zitierte Passage dreht sich um die Folgen der Pandemie für die Arbeitsplätze und wie darauf geantwortet werden könnte:

„[BAZ] Eine Jobgarantie?

[Herzog] Eine solche finde ich interessanter als ein bedingungsloses Grundeinkommen. Dass man etwa ein staatlich unterstütztes Praktikum im öffentlichen oder privaten Bereich machen kann. Das wäre reizvoll für Jugendliche und junge Erwachsene, die im Moment den regulären Jobeinstieg nicht gut schaffen. Es eröffnet den Leuten eine sinnvolle Tätigkeit: Arbeit ist ja so viel mehr als nur Einkommensgenerierung, bedeutet oft auch soziale Integration.“

Als Beispiele für eine Jobgarantie und dafür, dass sie „interessanter“ sei als ein BGE, führt Herzog staatlich unterstützte Praktika an. Das ist ein etwas überraschendes Beispiel, denn der Vorschlag einer Jobgarantie soll doch vor allem auf „unfreiwillige Arbeitslosigkeit“ reagieren und Erwerbsbereiten einen Arbeitsplatz anbieten.

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„Freiheit und Freizeit für alle“ – aber wie und auf welcher Basis?

Lukas Hermsmeier schreibt auf Zeit Online über Erwerbsarbeit und ihre Überschätzung, ja Glorifizierung als Ort der Erfüllung und Selbstverwirklichung. Dabei bezieht er sich auf Ausführungen verschiedener Autoren, die sich zur Entwicklung des Arbeitsverständnisses und seiner Folgen äußern. An einer Stelle taucht der Vorschlag eines Bedingungslosen Grundeinkommens auf:

„Benanavs Analyse geht über die übliche Dystopie-Utopie-Binarität der Diskurse zum Thema Automation hinaus. Weder werden uns Roboter zwangsläufig alle Jobs wegnehmen und uns so zu Sklaven der Technik machen, erklärt Benanav, noch werden sie uns von aller Arbeit erlösen und dadurch befreien. Entscheidend dafür, in welche Richtung es gehe, sei, wer die Technologien für wen unter welchen Bedingungen vorantreibe. Auch an die angebliche Allheilkraft der Idee des bedingungslosen Grundeinkommens glaubt Benanav nicht. Die Vorschläge dazu ließen das zentrale Problem unangetastet, das darin liege, wie Arbeit generell organisiert ist, so nämlich, dass die allermeisten Menschen keinerlei Kontrolle haben und die allerwenigsten davon profitieren. „Die Menschen haben heute wenig Mitspracherecht, wie ihre Arbeit erledigt wird“, schreibt Benanav, was daher komme, dass eine „winzige Klasse von ultrareichen Individuen die Entscheidungen über Investitionen und Beschäftigung monopolisieren“.“

„Allheilkraft“ – sollte Benanav das so vertreten haben, erstaunt einen der Popanz, denn wo behauptet jemand ernsthaft, ein BGE könne eine solche „Allheilkraft“ sein? Ähnlich wie bei Vertretern einer Jobgarantie wird behauptet, ein BGE lasse „das Problem unangetastet“, wie „Arbeit generell organisiert“ sei.

In der Tat lässt ein BGE direkt die Organisation von Arbeit unangetastet. Aber durch die Handlungsmöglichkeiten, die es schafft, schafft es zugleich eine Machtumverteilung, von der relativen Asymmetrie heute zu mehr Egalität.

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„…auf beiden Augen blind…“ – ist der Vorschlag einer Jobgarantie

Unsere Beiträge zur Jobgarantie finden Sie hier.