„Das Märchen vom undemokratischen Bürger“…

…darüber schrieb im vergangenen April im Nordkurier Carsten Korfmacher und machte ein paar treffende Anmerkungen zu Meinungsumfragen und der undifferenzierten, leichtgläubigen Reaktionen auf sie.

Anlässlich einer standardisierten Befragung (denn das sind Umfragen in der Regel) des Allensbachers Umfrageinstituts unkten manche, sie komme zu „beunruhigenden Ansichten“. Korfmacher schreibt dann „Forscher werteten die Ergebnisse dem SWR zufolge als Anzeichen dafür, dass fast ein Drittel der Deutschen das demokratische System infrage stellt, wenn nicht gar abschaffen würde – was ganz offensichtlich Unsinn ist.“ Korfmacher hingegen macht etwas anderes in den Antworten ausfindig: „Eine mögliche erwünschte Alternative zu ‚dem demokratischen System‘ im Sinne der Befragten wäre ja kein autoritäres, anti-demokratisches Regime, sondern ein System mit noch mehr Einflussmöglichkeiten, noch mehr Bürgerbeteiligung.“ Insofern müssten die Befunde also differenzierter betrachtet werden. Weiter schreibt er:

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„Zustimmung zum Grundeinkommen: Wie groß ist sie tatsächlich?“

Auf der Website des Netzwerks Grundeinkommen berichtet Franziska Leopold (Fribis) über eine von ihr erstellte Übersicht zu Meinungsstudien zum Grundeinkommen, die Einblick in die verschiedenen Studiendesigns und ihre Ergebnisse bietet. Sie merkt dabei auch an, welche Grenzen solche Studien haben:

„Vorneweg ist zu sagen, dass das Studiendesign der Meinungsstudien entscheidenden Einfluss auf die Ergebnisse hat. Ein Großteil der vorgestellten Studien basiert zwar auf den Daten der Europäischen Sozialerhebung 2016, deren Grundeinkommens-Definition auf die spezifischen Ausgestaltungsformen des Grundeinkommens nicht näher eingeht. Es wird aber deutlich, dass eine insgesamt überwiegend positive Bewertung schnell abnimmt, sobald die politische Reform näher beschrieben wird und Folgen, wie z. B. steigende Steuern oder der Wegfall bestehender Sozialleistungen, benannt werden. Das derzeitige Niveau der Sozialleistungen – der sogenannte Status quo – ist bei europaweit unterschiedlichen Zustimmungsraten besonders ausschlaggebend: Während in Ländern mit niedrigen Sozialleistungen die Zustimmung hoch ist, nimmt diese im europaweiten Vergleich mit steigendem Budget des Wohlfahrtsstaates ab. Dies fällt insbesondere in den skandinavischen Ländern (außer Finnland) auf, obwohl ihr vergleichsweise universalistisch ausgerichteter Sozialstaat eine dem Grundeinkommen recht nahe kommende Ausrichtung aufweist. Es scheint die Meinung über das Grundeinkommen als relativ „neue Reform“, trotz der großen öffentlichen Aufmerksamkeit, noch nicht gefestigt zu sein. Insbesondere in Deutschland besteht, was die Erforschung der öffentlichen Einstellung anbelangt, noch Luft nach oben.“

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Politiker, öffentliche Meinung und das Richtige

Wenn „öffentliche Meinung“ hier Meinungsumfragen im Auge hat, dann würde ich dem zustimmen, denn sie führen zu aberwitzigen Diskussionen (siehe vermeintlichen Vorsprung von Baerbock im letzten Frühjahr) ohne Bodenhaftung. Wenn mit öffentlicher Meinung aber die Erfahrungen in Gesprächen mit Bürgern an verschiedenen Orten gemeint wären, würde ich das für falsch halten. Gleichwohl, auch wenn diese Gespräche geführt werden und Erfahrung bündeln, sind Politiker gefordert zu entscheiden. Das ist ein anhaltendes Spannungsverhältnis zwischen verschiedenen Eindrücken und einer möglichst für alle tragfähigen Entscheidung. Dabei kann diese Entscheidung auch ihrer Zeit etwas voraus sein.

Sascha Liebermann

Umfragehochs und Abstimmungstiefs…

…eine Notiz von Norbert Häring mit Blick auf vergangene Umfragehochs der SPD und den realen Wahltiefs. Am Ende merkt Häring an, dass es an den Modellen und der Datenbearbeitung liegen könne und zeigt sich vorsichtig, weil er darüber zu wenig wisse.

Methodisch können zwei entscheidende Punkte angemerkt werden, weshalb Meinungsumfragen weit abweichen können von nachfolgenden Entscheidungen, also realem Handeln im Unterschied zu hypothetischem. Umfragen fragen hypothetisches Handeln ab bzw. in der Hierarchie von Wissensformationen eine Ebene, die oberflächlich und schwankend ist: Meinungen (meist wird von „Einstellungen“ gesprochen). Es handelt sich um Einschätzungen zu einer Frage, die aber nicht tatsächliches Handeln abbilden.

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In der Tat: ob ein BGE gewollt ist, ist eine „normativ-politische“ Frage…

…darauf wollte ich in dieser Videostellungnahme hinaus und weder Feldexperimente noch Meinungsumfragen bieten darauf eine Antwort, erstere nicht, weil sie die realen Folgen nicht abbilden können, letztere nicht, weil Meinungen sehr schwankend sind und nicht tatsächliches Handeln wiedergeben. Siehe dazu auch „Pilotprojekt Grundeinkommen“ – Einsichten und Aussichten.

Sascha Liebermann

Wieder einmal eine Befragung, die Zustimmung zum Grundeinkommen vermeldet…

…zur Pressemitteilung geht es hier, dort ist auch der Studienbericht online verfügbar. Siehe frühere Beiträge zu Meinungsumfragen von unserer Seite hier, den letzten:

Das Bekenntnis zu etwas ist nur dann bedeutend, wenn es Handlungsfolgen haben wird, sonst bleibt es bloße Gesinnungspflege. Wenn also in Befragungen Zustimmung zum Bedingungslosen Grundeinkommen geäußert wird, sich dies aber in keinerlei oder kaum merklichem Engagement dafür ausdrückt, ist die Frage, wie ernst es mit der Zustimmung ist. Dabei geht es um eine in der Sozialforschung bekannte Diskrepanz zwischen „Einstellung“ und „Verhalten“, wobei Einstellung im Falle der Befragung lediglich bedeutet, dazu eine Meinung zu haben. Meinungen sind aber wenig beständig und deswegen überhaupt nicht klärend hinsichtlich der Frage, ob denn derjenige tatsächlich ein BGE unterstützen würde, wenn es darauf ankäme. Deswegen sollte man ihnen auch nicht allzuviel Bedeutung beimessen, gerade werden wir ja wieder mit den verschiedensten Ergebnissen standardisierter Befragungen reichlich verorgt. Man könnte auch empfehlen „gar nicht erst ignorieren“.

Sascha Liebermann

Wo sind nur all die Unterstützer?

Zum Stellenwert von Meinungsumfragen, siehe hier und hier.

Sascha Liebermann

Kaffeesatz oder prognostizierte Folgen für die Wirtschaft bis hinter’s Komma…

…darauf weist Albrecht Müller auf den Nachdenkseiten zurecht hin und verknüpft sie mit einer medialen Berichterstattung, die diese Prognosen (siehe auch hier) wiederkäut als seien es Tatsachen. Es handelt sich jedoch nur um Simulationsmodelle, deren Exaktheit im Wettstreit mit den Angaben zu Infektionen mit SARS-CoV2 liegt, wenn man es genau nimmt. Hier wenigstens haben Experten wie Christian Drosten und Hendrik Streeck immer wieder darauf hingewiesen, dass die Datenlage schlecht ist und wir keine genauen Angaben haben.

Es ist ein bedauerlicher Missstand, dass solche Simulationsrechnungen nicht selten wie Tatsachen behandelt werden, dabei zeigt gerade die gegenwärtige Lage nichts deutlicher als das, dass solche Simulationen eben genau das Gegenteil von Tatsachen sind – es sind Artefakte. Dasselbe gilt für die allseits beliebten standardisierten Befragungen, die häufig hinzugezogen werden.

Sascha Liebermann

Meinungsumfragen? Grenzen der Methodik und Manipulation

Diese Frage kommt einem angesichts eines Negativbeispiels wieder in den Sinn, auf das Norbert Häring aufmerksam gemacht hat. Das Meinungsforschungsinstitut Forsa, ein sehr bekanntes in der Branche, ist durch eine, wie Häring es darstellt, manipulative Frage anlässlich einer Umfrage zum neuen SPD-Vorstand aufgefallen (siehe auch diesen Beitrag dazu von Albrecht Müller auf den Nachdenkseiten). Ein Pretest, wie er bei standardisierten Befragungen üblich ist, kann diese Beschränkung nicht aufheben, ist lediglich ein Versuch, die Problematik etwas zu mildern. Es handelt sich schlicht um eine methodische Beschränkung dieser Art der Forschung.

Die Ausarbeitung von Fragebögen ist eine diffizile Angelegenheit, sowohl was die Trennschärfe der darin verwendeten Begriffe betrifft als auch die Suggestivität derselben. Heikel ist auch, dass nicht wirklich erfasst werden kann, wie Befragte die Fragen verstanden haben, das lässt das Instrument nicht zu, bietet es doch nur Antwortskalen an, die Befragten kommen nicht in ihrer Sprache zu Wort. Das ist ein entscheidender Punkt, weshalb diese Art von Befragungen keine wirklich aufschlussreichen Einsichten erlaubt. Darüber hinaus fragen sie nur Meinungen ab, sie sind oberflächlich, erlauben keine Rückschlüsse auf konkrete Deutungsmuster, die für die Entscheidungsfindung, also für Handeln, maßgeblich sind. Im Grunde könnte man ganz auf sie verzichten.

Siehe meinen früheren Beitrag „Meinungsumfragen und Pseudo-Wirklichkeiten“

Sascha Liebermann