Langfristige Entwicklung der Vermögensverteilung

Nachholbedarf

Vermutlich wird der ehemalige Gewerkschaftsvorsitzende auf der Linie eines Ver.di-WiPo-Papieres argumentieren, exemplarisch hierfür Ralf Krämer. Und der Unternehmer Falk Röbbelen? Er könnte Argumente vorbringen wie einst Götz W. Werner (siehe auch hier), dass es die Aufgabe der Wirtschaft sei, „die Menschen von der Arbeit zu befreien“. Er könnte aber auch aus dem BGE eine Sparvariante machen, wie es immer wieder einmal bei Thomas Straubhaar anklingt.

Sascha Liebermann

Nachvollziehbarer Vorschlag von Bartsch, an „Bedürftigkeit“ orientiert…

…, nicht aber zuerst am Bedarf, der davon zu unterscheiden ist. Insofern ist der Hinweis von Susanne Wiest ganz treffend, Bedarfe können auch anders gedeckt werden, zumindest der Grundbedarf, und zwar durch ein Bedingungsloses Grundeinkommen. Bedarfe, die darüber hinaus gehen, benötigten weiterhin eine Prüfung. Hier meinen manche, dann gäbe es doch keinen Unterschied zwischen der heutigen Lösung und dem BGE. Dabei wird verkannt, dass ein Sozialstaat mit BGE die Bedarfsprüfung auf ein anderes normatives Fundament stellt. Im Zentrum stünde stets die Wahrung oder Unterstützung von Autonomie, nicht, wie heute, die Erwerbsteilnahme bzw. Prüfung auf Nicht-Teilnahme. Während im Falle eines BGEs die Bedürftigkeitsprüfung also dazu dient, die Autonomie angemessen zu unterstützen, steht im heutigen System die Erwerbsteilnahme als Ziel im Zentrum, deswegen muss Erwerbsunfähigkeit auch erst festgestellt werden. Aus dieser Orientierung an Erwerbsteilnahme als Gebot, als Norm, folgt die strukturelle Stigmatisierung der Leistungsbezieher in dem Sinne, dass sie dem Gebot nicht entsprechen. Eine weitere Folge ist die Degradierung aller Leistungen „außerhalb“ des Erwerbssystems, denn diese muss man sich dann erst leisten können. Ein BGE würde also mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen. Denkt man an die letzten Jahre zurück, hätte es sowohl in der Pandemie sofort seine Wirkung entfaltet im Sinne einer verlässlichen Basiseinkommenssicherung als auch angesichts drastisch steigender Energiepreise im kommenden Winter. Ein BGE sichert zwar auch in Krisen ab, reicht jedoch weit darüber hinaus.

Sascha Liebermann

„Aber hatte nicht das Bundesverfassungsgericht …? Hat es nicht“…

Wegen der aktuellen Diskussion um ein „Bürgergeld“ sei hier an die Kommentierung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 5. November 2019 durch Stefan Sell erinnert, der die ganze Widersprüchlichkeit deutlich macht. Sie führt dazu, dass verschiedene Dinge aus diesem Urteil abgeleitet werden können, auch der vollständige Leistungsentzug, ebenso aber, dass das Grundgesetz keine Sanktionen verlangt, der Gesetzgeber sie aber einführen kann.

Sascha Liebermann

„Caring Societies“ – ganz ohne Grundeinkommen, das Wort scheint nicht einmal im gesamten Buch vorzukommen…

…, ist das einfach nur abseits dessen, was im Band thematisiert wird oder wird es einfach nicht als Möglichkeit gesehen, „Care“ auf eine andere Grundlage zu stellen?

Sascha Liebermann

Hoch, die Arbeit…

…, so könnte der Beitrag von Mirna Funk „Emanzipation gibt’s nicht in Teilzeit“ auf Spiegel Online übertitelt werden. Funk kritisiert einen „Privilegsfeminismus“, der die Vorstellung einer Vereinbarkeit von Familie und Beruf für unrealistisch halte (das liest man aber selten, meiner Erfahrung nach), und feiert demgegenüber die Erwerbsteilnahme als wirklichen Freiheitsgewinn, als Emanzipation schlechthin. Sie spießt manche Einseitigkeit in der Debatte um „Care-Arbeit“ (ein wenig hilfreicher Begriff) auf, um selbst allerdings einseitig zu werden, indem sie behauptet, es gehe sehr wohl, das mit der Vereinbarkeit, die Frau müsse nur als „autonomes Subjekt“ ernstgenommen werden, sich unsolidarischen Partner verweigern und das gehe am besten, wenn sie unabhängig sei, also Einkommen unabhängig von ihrem Partner habe. Abgesehen von der Feier der Erwerbstätigkeit, die sie vollzieht, statt ihren Vorrang zu hinterfragen und weitgehend polemisch die Degradierung von Zeit für Familie abzufertigen, übergeht sie mit dem Verweis auf ihre DDR-Biographie nonchalant die Erfahrungen, die dort mit dem „flächendeckenden Ausbau der Kinderbetreuung“ gemacht und in der Forschung entsprechend aufgegriffen wurden, so die differenzierten Betrachtungen z. B. von Lieselotte Ahnert und Agathe Israel (siehe auch hier). Es darf der Hinweis auf die Vorbilder „Frankreich, Skandinavien und Israel“ nicht fehlen, die angeblich zeigten, dass es ja gehe mit der Vereinbarkeit – nun, sie machen es einfach und nehmen die Folgen in Kauf.

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„Salario Universal“ ist kein Bedingungsloses Grundeinkommen…

…, sofern dieser Bericht, auf den hier verlinkt wird, es richtig darstellt. Es handelt sich vielmehr um ein Mindesteinkommen für Arbeitnehmer („salario“), also so etwas wie ein Mindestlohn käme dem wohl am nächsten. Ganz anders ist die „renta básica“ gedacht.

Sascha Liebermann

„Gratismentalität“ – ohne „Gratis“ gäbe es keine gelingende Sozialisation, keine Familien, keine politischen Gemeinwesen…

…in unserem heutigen Verständnis in einer Demokratie, denn für alles drei gilt: das Gedeihen hängt von der vorbehaltlosen Anerkennung ab, was nicht mit Verantwortungslosigkeit zu verwechseln ist. Wo Anerkennung des Gegenübers an Gegenleistungen gebunden, wo Zuwendung davon abhängig gemacht wird, wird die sie tragende Beziehung zerstört (auch wenn das manche durchaus anders zu sehen scheinen, wie z. B. Dominik Enste hier und hier).

Außer Frage steht, dass ein solches Gefüge in der Tat erodieren kann, wenn diese Anerkennung nicht erfolgt, wenn die Verantwortung dafür nicht übernommen wird, doch das wäre Folge eines Versagens, nicht der Ausgangspunkt.

Sascha Liebermann