„Solidarität statt Wettbewerb: Das Bedingungslose Grundeinkommen als Grundpfeiler einer neuen Gesellschaftsordnung?

Das Freiburg Institute for Basic Income Studies (FRIBIS) lädt mit dem Centrum für Interdisziplinäre Wirtschaftsforschung (CIW) der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster zu einem gemeinsamen Workshop nach Münster ein. Sascha Liebermann wird am Dienstagabend einen Vortrag zur Thematik halten. Weitere Informationen finden Sie hier.

„Verborgene Agenda“, „einschmeichelnde Rhetorik“, „süßes Gift“: Wer Sachlichkeit fordert…

Vor wenige Tagen habe ich auf ein Streitgespräch mit Gerhard Bosch über das Bedingungslose Grundeinkommen (siehe meinen Kommentar hier) hingewiesen, in dem deutlich wird, wie unterschiedlich auf die dieselbe Realität geblickt werden kann. In einem IAQ-Standpunkt aus dem Jahr 2018 hat Bosch seine Einwände etwas ausgearbeitet (siehe meinen früheren Kommentar hier). In der Auseinandersetzung darin bezieht er sich auf zwei Quellen, das Buch von Van Parijs und Vanderborght „Basic Income. A Radical Proposal“ sowie auf Beiträge Götz W. Werners (z. B. Einkommen für alle in der Fassung von 2007, die Fassung von 2018 ist ein vollständig anderes Buch, obwohl sie den gleichen Titel hat). Bosch hebt in seinem Beitrag zu einer grundständigen Auseinandersetzung an, betrachtet einige Überlegungen zum BGE aber doch klar von seiner bevorzugten Position, worin die Annahmen zu erkennen sind, von denen er ausgeht. Er geht dabei auch auf schwierige bis wenig haltbare Argumente für ein BGE ein, so z. B. die von einigen Befürwortern prognostizierten Folgen der Digitalisierung, weist sie allerdings ebenfalls mit einer Prognose zurück (siehe meine Kommentare zu dieser These hier, hier und hier). Hier müsste zumindest die Frage gestellt werden, ob und inwiefern offensiver automatisiert werden würde, wenn der Stellenwert von Arbeitsplätzen nicht moralisch so aufgeladen wäre und dies als Rationalisierungshindernis wirkte. Diese Frage stellt Bosch nicht einmal.

Auf S. 3 des IAQ-Standpunktes schreibt er folgendes:

„Gleichzeitig könne man den Wohlfahrtsstaat mit all seinen komplexen Strukturen und Verfahrensweisen ersetzen. Man bräuchte ja die Sozialbudgets, um das BGE zu finanzieren.“

Am Ende dieses Absatzes, aus dem das Zitat stammt, verweist er pauschal auf Van Parijs/ Vanderborght, ohne eine Seitenzahl anzugeben, so dass es den Eindruck erweckt, beide sprächen sich für eine Abschaffung aus. Im Buch der beiden steht auf S. 12:

„Our claim is that, under twenty-first-century conditions, there is a fundamental difference between an unconditional basic income as we have characterized it and public assistance as exemplified by existing conditional minimum-income schemes. Both are relevant to the alleviation of poverty, but an unconditional basic income means far more.“

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Finde den Fehler…

…- denn zwischen Bedingungslosem Grundeinkommen und Solidarität besteht kein Gegensatz. Auch wenn es ein BGE gibt, stellt sich die Frage für jeden, was er beitragen kann und will, doch sie stellt sich in aller Offenheit und wird nicht auf Erwerbsbeteiligung beschränkt, und sie stellt sich umfassender, denn jegliches Engagement zählt, auch wenn es nur dazu dient, den eigenen Alltag gut bewältigen zu können, weil das eine große Herausforderung ist. Ausgangspunkt muss hierbei die vorbehaltlos geltende Anerkennung der Bürger um ihrer selbst willen sein, denn sie tragen das Gemeinwesen. Wer daran zweifelt, zweifelt an den Grundfesten der Demokratie.

Sascha Liebermann

Nicht nur die SPD ist krank und arm dran…

…sondern dies sind – wie man Pressemeldungen am Ende des letzten Monats entnehmen konnte – auch 80 Prozent der deutschen Arbeitnehmer: sie spüren die Folgen eines zu stressigen Arbeitsalltages, sowie 17 Prozent der Renter: sie sind heute von Armut bedroht.

Der Stress im Job führt bei den Arbeitnehmern vor allem zu Anspannung (57 Prozent), zu Unruhe (44 Prozent) und Schlafstörungen (40 Prozent) (Hellweger Anzeiger v. 30. Mai 2019); eine Untersuchung des Deutschen Instituts für Wirrschaftsforschung (DIW) weist darauf hin, dass es im Jahr 2045 bereits 21 Prozent der Rentner sein könnten, die vom Armutsrisiko betroffen sind.

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„Fehlt uns die Solidarität?“ – eine Diskussion im SWR mit…

Prof. Dr. Heinz Bude, Soziologe, Universität Kassel
Dr. Rainer Hank, Publizist und Kolumnist u.a. für die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung
Prof. Dr. Stephan Lessenich, Soziologe, Ludwig-Maximilians-Universität München
Gesprächsleitung: Michael Risel 

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BGE macht Ausbeutung zum Grundprinzip für alle…

…so steht es in der Kurzfassung des Memorandums 2018 der Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik (ab S. 9). Da die Überschrift aus dem Text sinngemäß herausgenommen ist, hier die Passage im Zusammenhang:

„Der beste Armutsschutz in einer Gesellschaft sind Vollbeschäftigung, eine zumindest verteilungsneutrale Lohnpolitik und armutsfeste Lohnersatz und Existenzsicherungsleistungen.
Beim BGE geht es darum, dass Menschen andere Menschen für sich arbeiten lassen. Im Kapitalismus kann das bislang die Unternehmerin bzw. der Unternehmer für sich beanspruchen. Das BGE macht dies zu einem Grundprinzip für alle. Ökonomisch nennt man das Ausbeutung.“

Damit ist alles gesagt, was die Stellungnahme für die BGE-Diskussion zu bieten hat, denn das Solidarverständnis der Arbeitsgesellschaft wird gegen das Solidarverständnis der Bürgergemeinschaft in einer Demokratie hochgehalten.

Sascha Liebermann

Will Andrea Nahles den Grundfreibetrag in der Einkommensteuer abschaffen?…

…darauf müsste sie hinwirken, wenn man ihre Antwort im „Bürgerdialog. Gut leben in Deutschland. Was uns wichtig ist“ ernst nimmt. Wer der Auffassung ist, dass mit einem BGE „Millionen Menschen staatliche Leistungen bekommen sollen, die sie gar nicht brauchen“, der kann am Grundfreibetrag (siehe frühere Kommentare von mir dazu hier und hier), der sich aus dem allgemeinen Existenzminimum herleitet, nicht festhalten.

Hier die Passage aus dem Blog, in dem Andrea Nahles geantwortet hat.

„Sandra78 fordert ein bedingungsloses Grundeinkommen. Damit gäbe es z. B. auch eine Chance, die ländlichen Regionen Deutschlands wiederzubeleben. Auch Rainers findet: „Die Einführung eines Grundeinkommens würde die Menschen von finanziellen Ängsten befreien. Wenn die Grundbedürfnisse gedeckt sind, dann werden die Menschen kreativ sein und mehr für die Gesellschaft leisten.“ Wie stehen Sie zum bedingungslosen Grundeinkommen?

Andrea Nahles: Das bedingungslose Grundeinkommen steht im klarem Widerspruch zu unserem solidarischen Sozialstaat, in dem Bürgerinnen und Bürger füreinander einstehen – Gesunde für Kranke und Pflegebedürftige, Junge für Alte, Arbeitende für Arbeitsuchende. Hinter unserem Modell der Sozialversicherung steht der Gedanke von Geben und Nehmen, der Gedanke also, dass man sich mit eigenem solidarischem Handeln den Anspruch erwirbt, selbst solidarische Unterstützung einzufordern. Man kann ein Sozialsystem nicht gegen das Gerechtigkeitsempfinden der Mehrheit der Bevölkerung organisieren. Wer erklärt denjenigen, die im Schweiße ihres Angesichts hart arbeiten, Steuern zahlen und mit ihrem Einkommen gerade so über die Runden kommen, dass Millionen Menschen staatliche Leistungen bekommen sollen, die sie gar nicht brauchen?“

Zu Nahles Haltung und ihrem Verständnis davon, dass Bürger füreinander einstehen, darf ich auf einen früheren Kommentar verweisen.

Sascha Liebermann