„Grundeinkommen abstimmen“ – Volksabstimmung auch in Deutschland auf Bundesebene einführen. Zeichnen Sie mit

Ein Aufruf des Omnibus für direkte Demokratie zur Einführung der bundesweiten Volksabstimmung. Anlass ist die bevorstehende Volksabstimmung in der Schweiz. Der Aufruf kann unterzeichnet werden und ist mit einer Aktion Ende Mai verbunden. Näheres erfahren Sie hier.

Kulturzeit – Gespräch mit Sascha Liebermann über Grundeinkommen und Volksabstimmung in der Schweiz

„Kulturzeit“ hat ein Interview mit Sascha Liebermann zur bevorstehenden Volksabstimmung in der Schweiz gemacht. Hier geht es zum Gespräch und zum Beitrag über Grundeinkommen, der dem Gespräch vorausging, auf der Website von Kulturzeit.

Chefökonom des Schweizer Gewerkschaftsbundes gegen Grundeinkommen

Der Chefökonom des Schweizer Gewerkschaftsbundes Daniel Lampart hat sich gegen das Grundeinkommen ausgesprochen. Die Passage aus dem Interview lautet:

„2500 Franken pro Monat und Bewohner – das sind rund 200 Milliarden Franken pro Jahr. Das ist wahnsinnig viel Geld, das man zuerst mal einkassieren muss. Die Versuchung, das System auszutricksen, wäre relativ gross. Am Schluss könnten ausgerechnet die Schwächsten unter die Räder kommen. Es könnte auch die AHV destabilisieren und so die soziale Sicherheit schwächen.“

Ja, es kann immer alles geschehen. Doch eine „Versuchung“ setzt stets voraus, dass die Bürger eines Gemeinwesens, um die geht es zuerst einmal, eine so schwache Loyalität zu ihm hätten, so sehr auf ihren Eigenvorteil bedacht wären, dass sie bei jeder Gelegenheit, die sich böte, der Versuchung erlägen, ihren Eigenvorteil auch zu sichern. Wenn das so wäre, wäre es unter diesen Umständen nicht schon lange um die heutige Demokratie geschehen?

Sascha Liebermann

„Was steckt hinter Sanktionsfrei.de?“ fragte gegen-hartz.de

Handelt es sich um eine „Kampagne mit systemveränderndem Einfluss oder nur ein weiteres Unternehmen der Armutsindustrie?“ fragt gegen-hartz und schließt seine Ausführungen so:

„Uns liegt es fern, dieses Projekt negativ zu bewerten, trotzdem stellen die aufgetretenen Widersprüche für uns die von „Sanktionsfrei.de (n.e.V)“ genannten Absichten erheblich in Frage. Eine an „Sanktionsfrei.de (n.e.V)“ gerichtete weitergehende Anfrage, in der wir vorab auf diese Widersprüche hinwiesen und um Stellungnahme baten, blieb (bislang) unbeantwortet. Gern lassen wir uns jedoch vom Gegenteil überzeugen und hoffen, dass die Ungereimtheiten schnell aufgeklärt werden. (fm)“

Siehe „Häufige Fragen“ auf Sanktionsfrei.de und den Beitrag auf Christel T.’s Blog.

„Dein Grundplatz in der Welt ist gesichert“ – Hartmut Rosa über das Bedingungslose Grundeinkommen

„Die Resonanz auf Facebook ist nicht nachhaltig“, so war ein Interview in der Neuen Zürcher Zeitung mit Hartmut Rosa, Professor für Soziologe an der Universität Jena, übertitelt. Darin äußerte er sich auch zum Bedingungslosen Grundeinkommen.

Rosa sagte „Wenn wir resonante Weltverhältnisse schaffen wollen, müssen wir die Steigerung als blindlaufenden Zwang überwinden“, worauf er gefragt wurde:

„NZZ: Wie geht das?
Rosa: Da scheinen mir drei Dinge nötig. Erstens: Ich halte Märkte und Wettbewerb in bestimmten Bereichen für sinnvoll, aber Wettbewerb ist kein Endzweck. Wir brauchen eine Veränderung der ökonomischen Verhältnisse hin zu einer Wirtschaftsdemokratie. Zweitens brauchen wir eine Veränderung des Sozialstaats. Ich bin ein grosser Anhänger des bedingungslosen Grundeinkommens, weil es die Weise unseres In-die-Welt-gestellt-Seins fundamental verändern würde.“

So sympathisch die Bemerkung zum Bedingungslosen Grundeinkommen ist, muss man sich doch fragen, ob es tatsächlich zu so einer fundamentalen Veränderung führen würde. Denn auch heute ist es nicht so, dass der Marktwettbewerb alle Lebensverhältnisse durchdringt. Die Demokratie lebt von anderen Zusammenhängen, die – man schaue nur ins Grundgesetz – nach wie vor unangetastet sind. Dass die Stellung der Bürger im Gemeinwesen eine ist, die sich von keiner Gegenleistung ableitet, ist unbestritten und gerät heute nur mit dem sozialstaatlichen Bedingungsgefüge in Konflikt. Damit stehen die Grundfesten unserer Demokratie in denkbar starkem Gegensatz zur politischen Verfasstheit, ein Widerspruch, der nach Aufhebung verlangt. Rosa hält das BGE für ein Mittel, um den Sozialstaat zu veränden, schlägt aber nicht die Brücke dazu, dass es damit sogleich sich auf die Wirtschaftsverhältnisse auswirken würde. Eine „Wirtschaftsdemokratie“, was ich für einen missverständlichen Begriff halte, wäre mittelbar über ein BGE zu erreichen, weil sich die Verhandlungsposition der Arbeitnehmer in jeder Hinsicht verändern würde.

Eine große Veränderung, wenn auch nicht fundamental, könnte die Klärung sein in Hinsicht auf unsere heutigen Lebensverhältnisse, über die wir uns offenbar nicht im Klaren sind. Statt in einer Ausbreitung von „Märkte[n] und Wettbewerb“ eine gegenwärtige Entwicklung zu erkennen, scheint mir eher eine Haltung, die Planung und Kontrolle in jedem Lebensbereich will, bezeichnend für unsere Lage zu sein.

Weiter heißt es im Interview:

„Sie schreiben, das bedingungslose Grundeinkommen würde «die Existenz pazifizieren». Können Sie das erläutern?
Der gegenwärtige Sozialstaat lässt uns ja auch nicht verhungern, aber er entzieht uns den Ort in der Welt. Wer von Sozialhilfe lebt, der ist im gegenwärtigen Verständnis ein Schmarotzer, er stirbt fast so etwas wie einen sozialen Tod. Alle Zuteilungsmechanismen, besonders die von Status, hängen an der Erwerbsfähigkeit. Unser Weltverhältnis würde sich fundamental verändern, wenn wir sagten: Dein Grundplatz in der Welt ist gesichert.“

Rosa weist zurecht auf die Erwerbszentrierung des Sozialstaats hin, mit allen Folgen, die das für die Bezieher von Leistungen hat, aber nicht nur im Fall der Sozialhilfe, sondern auch bei Arbeitslosengeld I und II. Denn die über Beiträge erworbenen Ansprüche auf Versicherungsleistungen im ALG I bringen ebenso Verpflichtungen mit sich wie im ALG II. Auch im ALG I kann sanktioniert werden. Die Auswirkungen gegenwärtiger Sozialpolitik sind also viel breiter, als Rosa meint.

Was auf der einen Seite zutreffend ist, auf die normative Vorrangingkeit von Erwerbsarbeit hinzuweisen, ist auf der anderen Seite aber nur die halbrichtig. Die Erbwerbszentrierung des deutschen Sozialstaats steht nämlich im Gegensatz zur politischen Verfasstheit unserer Demokratie. Der Status der Staatsbürger ist nämlich einer, der keine Leistungsbedingung kennt, er ist in diesem Sinne bedingungslos. Wer Leistungen aus den Systemen sozialer Sicherung bezieht, verliert nicht seinen Status als Angehöriger des Gemeinwesens. Den Status, von dem Rosa sagt, dass er an Erwerbsfähigkeit hänge, betrifft nicht die Staatsbürgerschaft und damit nicht die Zugehörigkeit zum Souverän. An dieser Stelle sind seine Ausführungen überraschend verkürzt. Es würde sich durch ein BGE unser Weltverhältnis also mittelbar verändern, weil wir Angehörige eines Gemeinwesens wären, das ein BGE bereitstellt. Das Weltverhältnis wäre also durch die Vergemeinschaftung konstituiert und nicht unabhängig von ihr zu fassen.

Sascha Liebermann

„Milton Friedman ist der falsche Kronzeuge“…

…schrieb Serge Aiolfi in der Neuen Zürcher Zeitung und resümiert am Ende:

„Ist der BGE-Plan, der uns angeblich allesamt vom Zwang zur Arbeit befreien soll, mit der Idee Friedmans zu vergleichen? Die beiden Konzepte sind einander etwa so ähnlich wie eine Luxuslimousine und ein Militärvelo.“

Recht hat er, wenn er auf diese in meinen Augen nicht haltbare Bezugnahme hinweist, denn eine Negative Einkommensteuer funktioniert anders als ein Bedingungsloses Grundeinkommen. Michael Opielka sieht das offenbar anders und verlinkt in seinem Tweet auf eine Studie zum Solidarischen Bürgergeld. Auf S. 27 der Studie wird dann ganz treffend auf den Charakter der Negativen Einkommensteuer hingewiesen, dass nämlich Steuerschuld und Steuergutschrift bei der Veranlagung der Einkommensteuer verrechnet werden. Während auf S. 46 zwischen Sozialdividende und Negativer Einkommensteuer unterschieden wird, wird dann wiederum das Transfergrenzenmodell von Helmut Pelzer mit der Negativen Einkommensteuer in eins gesetzt. Wenn die Funktionsweise von BGE und NES so deutlich unterschieden ist – BGE: von der Wiege bis zur Bahre ohne Einkommensprüfung, NES: Gutschrift nach Einkommensprüfung oder Verrechnung von Einkommen und Gutschrift/ Freibetrag – wird deutlich, dass der Bereitstellungsmodus beide voneinander unterscheidet. Das BGE soll nicht mit Einkommen verrechnet werden, für die NES hingegen ist das charakteristisch. Das BGE hebt den normativen Vorrang von Erwerbstätigkeit auf, die NES behält ihn bei, denn die Verrechnung von Steuerschuld und Steuergutschrift ist nur dann notwendig, wenn die Einkommenserzielung über Erwerbsarbeit der normativ bevorzugte Fall bleibt. Dadurch wird das Grundeinkommen als Steuergutschrift eine Ausgleichsleistung für ein Erwerbseinkommen, das unter der Mindeshöhe x liegt.

Insofern ist es also nicht haltbar, sich auf Milton Friedman als Ideengeber für ein BGE bzw. die NES als Bedingungsloses Grundeinkommen zu berufen.

Sascha Liebermann