Christoph Schlee (allmende-film) hat einen Film über Götz W. Werner fertiggestellt. Er kann bei ihm als DVD erworben werben – zur Website geht es hier.
Autor: Sascha Liebermann
Gregor Gysi und Hans Werner Sinn – eine Allianz gegen das bedingungslose Grundeinkommen
Eine wunderbare Bestätigung für die einen, ein untrüglicher Beweis für die anderen war in „Menschen bei Maischberger“, am 13. Februar, der Auftritt von Gregor Gysi. Wer noch Zweifel daran hatte, daß Hans Werner Sinn und Gregor Gysi (wie auch im letzten Jahr schon Oskar Lafontaine, Rudolf Hickel und Albrecht Müller) am selben Strang ziehen, konnte sich des Gegenteils vergewissern.
Während Hans Werner Sinns beharren auf der vermeintlich notwendigen Berechenbar- und Finanzierbarkeit des Grundeinkommens einen deutlich buchhalterischen Geist erkennen ließ, für den nichts wirklich sein kann, was nicht in Zahlenkolonnen ausdrückbar ist, gab sich Gregor Gysis Verständnis von Gerechtigkeit und Menschenwürde deutlich zu erkennen: Wo kein Arbeitswille bzw. keine Arbeitsbereitschaft – da soll es auch keine Gegenleistung geben, „ein bißchen Druck ist schon nötig“. Bürger, die um ihrer selbst willen geachtet werden, weil sie das Fundament unseres Gemeinwesens, der Volkssouverän, sind, scheint es für Gregor Gysi nicht zu geben. Menschenwürde ist in seiner Vorstellung die Menschenwürde durch Erwerbsarbeit – wer sich daran nicht beteiligt, verletzt die Menschenwürde der anderen. Mit solchen Vorstellungen steht der Rückkehr in den Arbeiter- und Bauernstaat, in die alte Gesellschaft der Werktätigen nichts mehr entgegen.
Ist Hans-Werner Sinn nun auch Sozialist oder Gregor Gysi Neoliberaler?
Will Hans Werner Sinn also durch den Niedriglohnsektor Druck auf uns Bürger als Erwerbstätige ausüben, da nur so buchhalterisch „bessere“ Zahlenkolonnen zu erzeugen sind, darf es nach Gysi an Druck nicht fehlen, damit Arbeitsfähige auch zu Arbeits- also Erwerbsarbeitssuchenden werden. Denn nur das sei gerecht, nur das verletzte die Menschenwürde nicht. Ein gewaltiger rhetorischer Aufwand Gysis war notwendig, um das Mißtrauen in die Eigeninitiative der Bürger nicht ganz so obrigkeitstaatlich erscheinen zu lassen und die entsprechenden Vokabeln wie Solidarität, Gerechtigkeit, Sozialstaat und dergleichen abzuspulen. Doch nur, wer sich davon blenden ließ, konnte überhören, worum es eigentlich geht: Vertrauen ist ein hehres Ideal, Mißtrauen ist notwendig, deswegen ist eine Kontrolle der Bürger, eine Überwachung ihres ausreichend an den Tag gelegten Arbeitsanreizes am besten.
Können Entscheidungen, die unser Gemeinwesen betreffen und die Zukunft eröffnend gestalten sollen, überhaupt berechnet werden? Können wir ernsthaft die Frage, wie wollen wir leben, derjenigen danach, ob wir es nach heutigen Vorstellungen auch bezahlen können unterordnen? Ließen wir uns darauf ein, was würden wir noch zu verändern in der Lage sein – gar nichts. Wer die Frage nach der Finanzierbarkeit stellt, behauptet zugleich, die Folgen einer Entscheidung, die in die Zukunft reicht, seien zu errechnen. Doch Rechenmodelle, die nicht zufällig auch Simulationen genannt werden, setzen nur das Denken der Vergangenheit in die Zukunft fort. Wo aber umgedacht werden muß, müssen wir auch mit den Vorstellungen der Vergangenheit brechen.
An einem kann doch kein Zweifel bestehen, daß nämlich unser Wohlstand auf die Leistungsbereitschaft von uns Bürgern zurückgeht. Nichts spricht dafür, daß diese Leistungsbereitschaft mit einem Grundeinkommen schwächer würde, sie nähme doch wohl eher zu, denn das Grundeinkommen stellte alle Bürger gleich, behandelte ihre Engagement gleichwertig, ob sie zusätzlich ein Erwerbseinkommen erzielten oder nicht.
Sascha Liebermann
Grüne Grundsicherung – ein Nachtrag
Vor einigen Wochen haben wir in unserem Blog den Entwurf zu einer „Grünen Grundsicherung“ kommentiert und auf systematische Schwächen dieses Vorschlages aufmerksam gemacht. Anlaß war, daß es mehr und mehr Vorschläge gibt, die als bedingungsloses Grundeinkommen dargestellt werden, in ihrer Konzeptionierung aber das bedingungslose in ein bedingtes Grundeinkommen verwandeln, z.B. durch einen zu niedrig angesetzten Betrag.
Mittlerweile hat Bündnis 90/ Die Grünen (Baden Württemberg) ein Diskussionsportal zur Grünen Grundsicherung eingerichtet. Der dort abgelegte längere Eröffnungsbeitrag, verfaßt von Thomas Poreski (einem der Verfasser des kommentierten Vorschlags), ist hier Anlaß zu einem Nachtrag.
Es heißt dort: „Jede Alternative muss deshalb so konkret ausformuliert sein, dass sie nicht nur philosophischen, sondern auch politischen Maßstäben genügt“. In der Tat ist dies wichtig, doch läßt die Gegenüberstellung von philosophisch und politisch erahnen, wodurch ein Vorschlag „konkret“ wird. Grundsätzliche Erwägungen, wie wir sie seit Beginn vorgenommen und in der öffentlichen Diskussion zu verbreiten versucht haben, gelten wohl eher als philosophisch. Sie sind nicht darauf gerichtet, Umsetzungsschritte zu entwerfen, sondern grundlegende Fragen auszuleuchten, die es dann erst erlauben, bedacht über Umsetzungsschritte zu diskutieren. Das „Philosophische“ ist also in der Tat sehr „praktisch“, wenn es darum geht, Wirkungszusammenhänge menschlichen Handelns deutlich zu machen und damit mögliche Wirkungen eines bedingungslosen Grundeinkommens auszuleuchten.
"Freiheit statt Vollbeschäftigung" – bei Maischberger
„Menschen bei Maischberger“ diskutierte am 13. Februar schon das zweite Mal nach der Sendung im Mai 2006 über Grundeinkommen – in Verbindung mit den Themen Mindest- und Kombilohn. Das Video der Sendung ist auf der Website abgelegt. Die Initiative vertrat Thomas Loer.
Dossier zum Grundeinkommen beim WDR
Der westdeutsche Rundfunk hat ein Dossier zum Grundeinkommen verfaßt. Den Auftakt machten ein Interview mit Götz W. Werner und ein Überblicksartikel.
Stärkung der Familie statt Ausweitung des Erwerbsprinzips…
…das wäre die Antwort, die das bedingungslose Grundeinkommen auf das Elterngeld gäbe, doch seit Jahresbeginn wird das Gegenteil praktiziert.
Was vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend als Fortschritt gepriesen wird, ist familienpolitisch tatsächlich ein Rückschritt. Denn mit dem Elterngeld wird die Orientierung am Erwerbsprinzip, die schon für das bisherige Erziehungsgeld gegolten hat, verschärft, Besserverdienende werden besser gestellt.
Zwar wird das Elterngeld aus Steuermitteln finanziert, ist also nicht im strengen Sinne eine Lohnersatzleistung. Doch die Berechnungsmodalitäten, die dem Elterngeld zugrunde liegen, behandeln es so, als sei es eine Lohnersatzleistung; oberhalb des Mindestsatzes wird es abhängig vom letzten Erwerbseinkommen gewährt. Wer vor in Anspruchnahme des Elterngeldes gut verdient hat, erhält also ein höheres, wer schlecht verdient hat, ein niedrigeres. Die einen werden für die Hinwendung zu den Kindern besser gestellt als die anderen. Wie können wir es rechtfertigen, daß es nun zwei Klassen von Eltern gibt statt einer einheitlichen Förderung, die Familien als solchen zu gute kommt?
Offenbar werden Familien in unserem Land nicht für schützenswert erachtet, ihre Stärkung ist nicht erster Zweck unserer Familienpolitik. Wer glaubt, „Anreize“ für die Gründung einer Familie setzen zu müssen, wer also davon ausgeht, eine Familie zu gründen, geschehe nur, wenn es sich lohnt, der pervertiert familienpolitische Förderung. Er behandelt Fragen unserer Zukunft, denn sie liegt in den Familien, wie eine Investition in ein Produkt, das verkauft werden soll.
Statt eines solchen Rückschrittes, der die Grundfesten unseres Gemeinwesens angreift, hätten wir einen wirklichen Schritt nach vorne tun können. Zu spät ist es in dieser Frage nicht, wir können einen wirklichen Schritt nach vorne tun. Mit der Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens für alle Bürger betrieben wir eine Familienpolitik, die diesen Namen verdient hätte. Da jeder Bürger das bGE erhielte, förderten wir Familien (2 Erwachsene, 2 Kinder = 4 Grundeinkommen) auf einfache Weise. Auch Alleinerziehende wären mit einem bedingungslosen Grundeinkommen in einer besseren Lage (1 Erwachsener, 2 Kinder = 3 Grundeinkommen).
Mit einem bedingungslosen Grundeinkommen würden wir ernstmachen mit den Sonntagsreden. An die Stelle einer erwerbsorientierten Familienpolitik träte eine freiheitliche, die das Gemeinwesen stärkte.
Sascha Liebermann
Demokratie und bedingungsloses Grundeinkommen
Grundeinkommen.tv hat neue Filme auf seine Website gestellt. Beide Kurzfilme gehen auf die Eingangsstatements von Margit Appel (Netzwerk Grundeinkommen und sozialer Zusammenhalt, Österreich) und Sascha Liebermann anläßlich der Veranstaltung „Einkommen schafft Arbeit – Mehrwert durch Grundeinkommen“ im unternehmen mitte in Basel zurück.
"Freiheit statt Vollbeschäftigung?" – Reader von Die Grünen NRW
Unter diesem Titel hat der Landesverband von Bündnis 90/ Die Grünen einen Reader herausgegeben, der sich mit dem Grundeinkommen beschäftigt. Darin sind Beiträge von Götz W. Werner, Dieter Althaus, Michael Opielka und Sascha Liebermann sowie einiger Kritiker des Grundeinkommens versammelt. Ebenso enthalten sind Beiträge zur Grünen Grundsicherung.
"Einkommen für alle" – neues Buch von Götz W. Werner erscheint im März 2007
Auf folgende Ankündigung des Verlages Kiepenheuer & Witsch möchten wir Sie hinweisen. Das Buch wird im März 2007 erscheinen.
Das solidarische Bürgergeld – nicht weitreichend genug
Seit einigen Wochen gibt es die Website „Pro Bürgergeld“, auf der Ministerpräsident Dieter Althaus seinen Vorschlag eines solidarischen Bürgergeldes vorstellt. Das solidarische Bürgergeld ist freiheitlicher als unser gegenwärtiges Sozialsystem. Es sieht ein Leben vor, indem der Einzelne sich nicht dafür erklären muß, wenn er keiner Erwerbsarbeit nachgehen will – das soll das Bürgergeld ermöglichen.
Bei allem Fortschritt bedeutet das Bürgergeld aber eine Beschränkung dessen, was ein wirkliches bedingungsloses Grundeinkommen leisten könnte.
Während jegliches zusätzliche Einkommen auf das Bürgergeld angerechnet werden soll (Einkommensteuersatz von 50 bzw. 25%), also dem Prinzip einer Negativen Einkommensteuer folgt, bliebe ein bedingungsloses Grundeinkommen unangetastet. Ein bGE stellte eine von jeglichem Zusatzeinkommen unabhängige Einkommensquelle dar. Es würde unabhängig von jeglicher Leistungserbringung gewährt, es wäre ein wirkliches Bürgereinkommen, das jedem Staatsbürger – und darüber hinaus jedem, den wir für bezugsberechtigt erklären – zu jeder Zeit ohne Verrechnung zustünde, von der Wiege bis zur Bahre.
Durch die Anrechnungsprinzip verwandelt sich das leistungsunabhängige solidarische Bürgergeld hingegen ab einer bestimmten Einkommenshöhe (1600€, Transfergrenze) in ein leistungsabhängiges Einkommen. Damit wird ein Kerngedanke des bedingungslosen Grundeinkommens aufgegeben: zu jeder Zeit den Bürgern als Bürgern ein leistungsloses Einkommen zu gewähren.
Das Bürgergeld bei 800€ (abzüglich 200€ Gesundheitsprämie) anzusetzen, entspringt offenbar verschiedenen Überlegungen. Es soll nicht teurer werden als das bisherige Sozialsystem. Aber, was heißt teurer und weshalb sollten wir nicht mehr ausgeben? Die Frage ist, welchen Anteil der Wertschöpfungsleistung wir auszugeben bereit sind für ein wirklich freiheitliches Transfersystem. Es soll „aktivierend“ wirken, womit Vorbehalte der bGE-Kritiker offenbar doch geteilt werden, die behaupten, die Bürger seien letztlich träge und faul, von sich aus nicht bereit, sich zu engagieren, wenn es sich nicht geldwert „lohnt“.
Das Festhalten an der Einkommensbesteuerung entspringt offenbar dem Gedanken, daß es ungerecht sei, Einkommen im allgemeinen unbesteuert zu lassen. Dieser Gedanke entsteht nur in einer Gerechtigkeitsvorstellung, die Geldbesitz für bedeutsamer erachtet als Geldnutzung. Mit einer Umstellung des Steuerwesens von der Einkommens- zur Verbrauchsbesteuerung (Benediktus Hardorp, Götz W. Werner) könnten wir uns von einem Vorurteil befreien. Wir würden zukünftig nur noch dort besteuern, wo Leistungen verbraucht werden, nicht aber dort, wo Geld investiert, sinnvoll genutzt wird, um Neues zu schaffen.
Bedingungsloses Grundeinkommen und Konsumbesteuerung – beides gemeinsam bildet einen Weg in die Zukunft, einen Weg in ein wirklich freiheitliches und solidarisches Gemeinwesen.
Sascha Liebermann
