…ein Feature im WDR im Rahmen der Sendung Neugier genügt. Der Beitrag befasst sich mit den Herausforderungen von Elternschaft und der mangelnden gesellschaftlichen Anerkennung der Leistung, die Eltern, in der Regel erheblich mehr die Mütter, erbringen. Einige Gesprächspartner berichten aus ihrem Alltag und machen die Zerrissenheit deutlich, die ihn prägt, wenn sie Beruf und Familie unter einen Hut bringen wollen. Anders als sonst üblich, wenn es um die „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ geht, wird die Zerrissenheit durch zweierlei Verpflichtungen, die denkbar unterschiedlich sind, nicht geglättet. Vor diesem Hintergrund wird dann die Frage gestellt, wie Familien gestärkt werden, wie sie mehr gesellschaftliche Anerkennung erfahren könnten? Der Vorschlag eines „Erziehungsgehalt[s]“ kommt dabei zur Sprache, das Christian Leipert und Michael Opielka Ende der 90er Jahre vorgestellt hatten (eine kurze Übersicht zum Konzept eines Erziehungsgehalts von Leipert und Opielka in einer Kurzfassung von 2002 finden Sie hier, die Langfassung von 1998 hier).
Kategorie: Eltern
Zumindest eine Möglichkeit…
Das #BGE könnte dafür sorgen, dass sich die Eltern mehr um ihre Kinder kümmern. Sie hätten den Rücken frei! https://t.co/5RSTElSwPh
— Christiane Gorius *Germanistin/Psychologin M.A. (@schreibtatze) August 3, 2023
…schafft das BGE diesbezüglich und eine Anerkennung dessen, dass dieses Kümmern als etwas Wichtiges verstanden wird im Gemeinwesen, indem es der Erwerbstätigkeit nicht mehr nachgeordnet ist.
Allerdings, betrachtet man die Altersstufe Kita bzw. Kindergarten, deren Besuch in Deutschland heute (noch) nicht verpflichtend ist, muss man sich fragen, weshalb Eltern diesen Freiraum so wenig nutzen, sich mehr Zeit zu nehmen (siehe die seit 2006 gestiegenen Zahlen dazu). Im März 2022 lag die Quote der Kinder, die dort versorgt werden, bei 35,5% im Bundesdurchschnitt, im Westen allerdings erheblich niedriger (31,8%) als im Osten (53,3%) Deutschlands (siehe auch hier, S. 12). Auch die Betreuungsdauer hat zugenommen, mittlerweile werden 52% der Kinder mehr als 35 Stunden betreut, während nur noch 13% bis 25 Stunden betreut werden (siehe hier, S. 39).
Sicher gibt es Familien, die aufgrund ihrer Einkommenssituation keine Alternative zur Nutzung außerhäuslicher Betreuung haben, aber das erklärt kaum den rasanten Anstieg. Die Folgen für das Familienleben sowie für die Zeit, die Erfahrungen miteinander benötigen, sind gravierend. Wenn diese Entscheidungen also nicht vor allem aus Not getroffen werden, sondern wegen der Lebensentwürfe der Eltern in Verbindung mit der normativen Stellung von Erwerbstätigkeit, wird man sehen müssen, ob ein BGE auch tatsächlich im Sinne des Tweets genutzt werden würde. Die Möglichkeit dazu böte es in jedem Fall.
Sascha Liebermann
„World’s toughest Job“ – gelungen komprimiert dargestellt, was es bedeutet, Eltern zu sein, auch wenn es hier um den Muttertag geht
„Laumann über Armut: ‚Es gibt ganz schlaue Leute, die kotzen mich an'“…
…mit diesen Worten wird Karl-Josef Laumann im WDR zitiert, und zwar aus einer Rede, die er im Landtag Nordrhein Westfalens zu Armut gehalten hat. Dort sagte er unter anderem dies:
„Und dann gibt es ganz schlaue Leute, die kotzen mich an, die sagen: ‚Wenn Du armen Leuten mehr Geld gibst, dann versaufen und verrauchen die das und geben es nicht den Kindern.‘ Er kenne keine einzige Statistik oder Studie, die das belegt.“
Klare Worte, in der Tat, vielleicht müsste noch abgewartet werden, was er in der Rede sonst sagte. Was folgt zumindest aus diesen Worten? Laumann hatte einst, als er noch Arbeitsminister in Nordrhein Westfalen war, einen ganz anderen Ton angeschlagen, zumindest gegenüber erwachsenen Beziehern der Grundsicherung für Arbeitsuchende. So zitierte Stefan Sell damals:
„Laumann über Armut: ‚Es gibt ganz schlaue Leute, die kotzen mich an’“… weiterlesen
„Grundeinkommen: Ärmere stecken mehr in Kinder“…
Das kann passieren, wenn Erwerbstätigkeit vor allem anderen rangiert: Jobcenter vs. Elternrecht
„So sei die Wahrnehmung des verfassungsrechtlich garantierten #Elternrechts ein wichtiger Grund gewesen, der einer #Eingliederung in den #Arbeitsmarkt während der strittigen Zeit entgegengestanden habe. Das #Jobcenter legte daraufhin #Berufung ein.“ – #StopThatShit – #BGEjetzt! https://t.co/EfeydOyHZo
— Mensch in Germany (@InMensch) April 22, 2021
Siehe hierzu auch frühere Beiträge von unserer Seite hier.
D’accord, aber wie, ohne es bei warmen Worten zu belassen oder sie zu etwas zu drängen? – Mit einem Bedingungslosen Grundeinkommen…
Also lasst uns als Gesellschaft für Eltern da sein, so dass sie für ihre Kinder da sein können.#druckraus #coronaeltern #bge #keinkindalleinelassen #gewaltfreiesAufwachsen https://t.co/tFfIoHaID5
— Aida S. de Rodriguez (@Elternmorphose) December 20, 2020
…denn alle anderen Möglichkeiten, sie zu fördern, laufen wieder darauf hinaus, Eltern zu lenken. Wer das nicht will, muss ihnen eine Möglichkeit verschaffen, die keine Bedingungen setzt, außer der Zugehörigkeit zum Gemeinwesen bzw. den Lebensmittelpunkt hier zu haben. Insofern müssen es alle erhalten, die dazugehören, sonst wird es wieder nur eine Leistung für bestimmte Gruppen werden.
Sascha Liebermann
„Arbeiten oder daheim bleiben? Ein Dilemma, das sich jungen Eltern auf der ganzen Welt stellt“…
…ein Beitrag von Roman Sigrist in der Neuen Zürcher Zeitung. Siehe auch unsere Kommentare zu dieser Thematik hier und hier.
„SPD will Kinderarmut bekämpfen“ – mit oder ohne Eltern?
Wie die Süddeutsche Zeitung berichtet, habe die SPD ein Papier für eine Kindergrundsicherung vorgelegt, um etwas gegen Kinderarmut zu unternehmen. Solche Vorschläge gibt es schon länger, es ist also keine neue Diskussion. Aber, was ist der Haken? Wenn man etwas für Kinder tun will, müsste man etwas für ihre Familien tun, denn Kinder ohne ihre Eltern zu betrachten, führt zu einer individualistischen Reduzierung von Familie und Bildungsprozessen (siehe frühere Beiträge dazu von uns hier). Hat die SPD also Familie im Blick und nur Kinder? Eine Kindergrundsicherung wird manchmal als Einstieg in ein Bedingungsloses Grundeinkommen gesehen, das halte ich für unplausibel, denn heute schon erwartet man von Kindern nicht, erwerbstätig zu sein, von Erwachsenen aber sehr wohl. Eine Kindergrundsicherung würde daran gar nichts ändern.
Sascha Liebermann
„Liebe auf Distanz“ – Familie in Frankreich und die Illusion von der Vereinbarkeit
Damit beschäftigte sich ein Beitrag von Margarete Moulin, der im Jahr 2013 auf Zeit Online veröffentlicht wurde. Er ist in vielerlei Hinsicht interessant, da er unterschiedliche Traditionen der Fürsorge für Kinder beleuchtet (Ammentradition in Frankreich), die entsprechende Folgen zeitigen (anderes Verhältnis zur frühen außerhäuslichen Betreuung, stärkere Erwerbsorientierung). Aufschlussreich sind auch zwei Gespräche zum Verhältnis von Familie und Beruf, die dieselbe Autorin gemeinsam mit Jeannette Otto mit einer Gruppe von Vätern und einer von Müttern geführt hat.
Es wird deutlich, wie verklärend die Formel der Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist und wie viel angemessener es wäre von doppeltem Verzicht zu sprechen. Dann wäre auch klar, worum es geht, wenn Entscheidungen diesbezüglich zu treffen sind.
Sascha Liebermann