„Am Tropf“…

…die Sorge vor unvermeidlichen Abhängigkeit und ein realitätsfremdes Verständnis von „Selbstverantwortung“ – treffend kommentiert.

Sascha Liebermann

Konsequent von der gesetzten Annahme ausgehend,…

…aber sich auf keine Diskussion einlassend, weil Holger Schäfer sein Verständnis von „Selbstverantwortung“ setzt und auf die Rückfragen nicht eingeht. Fasst man „Selbstverantwortung“, wie er es tut, ist es konsequent, so zu argumentieren. Die Frage ist, ob dieses Verständnis von „Selbstverantwortung“ den Lebensverhältnissen heute entspricht und BGE Eisenach nicht zurecht darauf hinweist, dass die Zusammenhänge komplexer sind.

Aufschlussreich für Schäfers Verständnis ist die Rede vom „Tropf“, an dem die Gesellschaft hänge, denn der Tropf steht hier für Lebensfähigkeit. Für Schäfer ist eine solche Abhängigkeit offenbar bedrohlich, denn ohne Tropf kein Leben. Ist aber nicht diese Abhängigkeit das, was wir durch das ganze Leben hindurch erfahren, vorgeburtlich, nachgeburtlich, sozialisatorisch, auf das Gemeinwesen bezogen und in der Aufgabenteilung im Wertschöpfungsprozess? Wie sollte man sie loswerden können, wenn sie das Leben ausmacht? Zugleich muss der Einzelne immer noch entscheiden, wie er leben will, das wird ihm auch durch diese Abhängigkeit nicht aus der Hand genommen. Schäfers Eingrenzung und die Reduktion von „Selbstverantwortung“ auf Einkommenserzielung abstrahiert von diesen Zusammenhängen, damit ist es einfach, die Einkommenserzielung als Maß der „Selbstverantwortung“ herauszustellen, die Diskussion muss scheitern.

Sascha Liebermann

„Milde Form der Reziprozität“ und ein Missverständnis, denn Reziprozität kann zweierlei Form annehmen…

…doch im Interview mit Holger Schäfer (Institut der deutschen Wirtschaft) von Barbara Dribbusch in der taz kommt nur eine zur Sprache, die andere fehlt. Dribbusch schrieb immer wieder über Hartz IV und die Folgen, mit gewissen Sympathien für eine Abmilderung der Sanktionen, obwohl sie in einem Interview mit einem ehemaligen Fallmanager von Seiten eines erfahrenen Praktikers hören konnte, dass Sanktionen destruktiv sind. Was hat Holger Schäfer zu sagen?

Auf die erste Frage, was er von einer Erhöhung des Mindestlohnes halte, antwortet er:

„Holger Schäfer: Es kommt darauf an, wie die Reaktionen auf die Mindestlohnerhöhung ausfallen. Sicher werden mit der Erhöhung des Mindestlohnes einige Menschen ein höheres Monatseinkommen haben und damit über die Grenze rutschen, bis zu der ein Anspruch auf Arbeitslosengeld II besteht.

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„Beim Bedingungslosen Grundeinkommen nimmt der Staat der Öffentlichkeit die Illusion, Erwerbstätige sorgen für sich selbst“

Siehe auch unsere früheren Kommentare zu Ausführungen von Dominik Enste und Holger Schäfer, beide Institut der deutschen Wirtschaft, zum Bedingungslosen Grundeinkommen und zur Frage der Abhängigkeit vom Staat, die es angeblich erhöhe.

Sascha Liebermann

Ein schlagkräftiger Einwand gegen ein BGE: „Kann man auch anders sehen“ – eine Art Argumentationsverweigerung…

…auf die Michael Sienhold treffend reagiert. Dass Holger Schäfer, der immerhin Mitarbeiter an einem Institut (Institut der deutschen Wirtschaft) ist, das forscht, sich auf eine solch beliebige Haltung zurückzieht – man kann immer alles anders sehen – nimmt einen Wunder.

Siehe unsere Kommentare dazu hier und hier.

Sascha Liebermann

Anke Hassel für Feldexperimente zum BGE!?

Den Eindruck erweckt zumindest eine Twitter-Nachricht von ihr, die dafür plädiert, dem BGE mit Feldexperimenten auf den Grund zu gehen.

An der Kurzdiskussion zum Tweet mit Holger Schäfer vom Institut der deutschen Wirtschaft wird auch das methodische Selbstverständnis deutlich, auf deren Basis Für und Wider betrachtet von beiden betrachtet werden. „Evidence-based policy making“ wie Anke Hassel das nennt, kennt nur standardisierte Datentypen (sogenannte „quantitative Forschung“) und deren ebenso standardisierte Auswertungen. Dabei gibt es andere methodische Traditionen aus der fallrekonstruktiven Forschung, die hier zu rate gezogen werden könnten und die keine durch ein Feldexperimente geschaffene artifizielle Konstellation benötigte. Denn Feldexperimente können gerade nicht leisten, was offenbar beide davon immer noch erhoffen, siehe hier.

Siehe Kommentare von uns zu früheren Beiträgen Anke Hassels zum BGE hier.

Sascha Liebermann

Freiheit ohne Demokratie? Eine Kontroverse anlässlich einer Twitter-Nachricht

Dieser Kommentar von Holger Schäfer, Institut der deutschen Wirtschaft, reagiert auf einen Tweet von Wolfgang Strengmann-Kuhn. Auf den Kommentar von Schäfer reagiert Timo Bahrs. Es werden hierbei zwei Deutungen von Freiheit artikuliert, die auf Wertpositionen beruhen, in der Diskussion geht es um das Menschenbild. Sie stehen gegeneinander. Keiner von beiden stellt die Frage, auf welchem Menschenbild die Demokratie beruht, dann würde nämlich deutlich, dass Reziprozität nicht im engen Sinn alleine verstanden werden kann (do ut des), wie Schäfer aber behauptet, sondern im weiten einer bedingungslosen Anerkennung als Angehöriger einer politischen Vergemeinschaftung verstanden werden muss. Diese Anerkennung kann sich dann eben auch in einer vorbehaltlosen Sicherung des Existenzminimums ausdrücken, wie ein BGE es vorsieht. Hier vertritt Schäfer die Position, als sei Einkommen, das letztlich ein Anteil an der gesamtwirktschaftlichen Wertschöpfung ist (Bruttoinlandsprodukt), nicht vermittelt über Kollektivleistungen, sondern der Eigenverantwortung des Einzelnen zuzuschreiben. Das ist eine Deutung, die auch der illusionären Deutung des Lohns als Leistungslohn zugrundeliegt. Wenn nun aber zuftrifft, dass Individualleistung immer zugleich von Kollektivleistung abhängt, stellt sich die Frage, wie diese Kollektivleistung verteilt wird und mit Bezugnahme auf welches Legitimationskritierium. Von der Warte einer demokratischen politischen Grundordnung ist das Existenzminimum, ganz gleich, wie das in der Höhe definiert wid, ein Anteil an der Wertschöpfung, der auf alle Bürger als Bürger verteilt wird – und das ohne bedürftig zu sein.

Wenn man das allerdings als Ideologie bezeichnet (das tat einst Sebastian Lotz, ein ehemaliger Kollege Schäfers am IW), also die Bezugnahme auf Prinzipien der politischen Ordnung für Ideologie hält (siehe hier und hier), ist die Relevanz eines BGE nicht zu erkennen. Zu Schäfers Haltung, siehe auch den Beitrag von gestern.

Sascha Liebermann

„PRO & KONTRA Strafen bei Hartz IV“ – zwei Sichtweisen oder doch nicht?

Das Internetportal t-online hat einen Beitrag mit Stellungnahmen Pro und Contra Sanktionen im Arbeitslosengeld II veröffentlicht. Die Autoren sind auf der Pro-Seite Holger Schäfer, Institut der deutschen Wirtschaft, und auf der Contra-Seite Ulrich Schneider, Paritätischer Wohlfahrtsverband.

Veröffentlicht wurde der Beitrag anlässlich der Vorstellung des Projekts „HartzPlus“, das von sanktionsfrei durchgeführt wird. Im Beitrag heißt es an einer Stelle:

In einer groß angelegten Studie untersuchen der Verein „Sanktionsfrei“ und  Wuppertaler Wissenschaftler um Professor Rainer Wieland die Auswirkungen der Sanktionen auf die Betroffenen. Die Teilnehmer erhalten drei Jahre lang alle vom Jobcenter verhängten Sanktionen ersetzt, sie leben also quasi sanktionsfrei.“

Was diese Aussage übersieht, ist, dass die Sanktionen damit natürlich nicht außer Kraft gesetzt sind, lediglich ihre finanzielle Wirkung wird aufgefangen. Normativ bleiben sie vollständig in Kraft und erzeugen weiterhin Druck auf die Leistungsbezieher, denn die Sanktionsbescheide teilen ihnen mit, dass sie sich in einem Status befinden, den sie verlassen sollen. Damit ist die Frage, was nun die Studie wirklich wird zeigen können. Wir werden es sehen.

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