Voraussetzungen und Selbstabschaffung

Eine treffende Anmerkung, die aber voraussetzt, dass der Mensch in seiner Individualität um seiner selbst willen auch als Bezugspunkt anerkannt wird. Für die westlich-liberale Demokratie ist das unstrittig, es ist ihr Fundament und Legitimationsquelle ihrer politischen Verfasstheit – getragen durch die Staatsbürger eines Gemeinwesens. Wo auch immer das der Fall ist, auch in anderen Formen der Demokratie, greift das Argument also, wobei selbst hier sich die Frage stellt, ob das dort so vorbehaltlos gilt, wo noch die Todesstrafe praktiziert wird, man denke nur an die USA. Für andere politische Ordnungen ist es keine Voraussetzung, in ihnen ist das Individuum nicht geschützt.

Nur vor diesem Hintergrund, also der westlich-liberalen Demokratie, ist die „anthropologische“ Frage unbedeutend bzw. unterläuft sie gerade die Voraussetzungen, die diese Demokratie sich selbst gibt: auf die Mündigkeit der Bürger zu setzen. Insofern ist eine Widerlegung einer wie auch immer gearteten Faulheits- oder Egoismusbehauptung irrelevant für die Frage, ob ein BGE zur Demokratie passt oder nicht und würde, wie Michael Sienhold zurecht schreibt, dazu führen, seine „Richtigkeit“ vom Status der Faulheitsbehauptung abhängig zu machen. Denn träfe sie zu, müsste dann die bestehende Demokratie abgeschafft werden. Diese Form der Selbstentmündigung ist allerdings nicht selten.

Sascha Liebermann

Auch hier findet eine Verkehrung dessen statt, was eine Existenzsicherung auszeichnet: ihre Unverfügbarkeit…

…ganz gleich, ob die Ausgaben für „temptation goods“ zu oder abnehmen würden. Das hat mit der Legitimität eines BGE nichts zu tun.

Frühere Kommentare zu Bregman von unserer Seite, siehe hier.

Sascha Liebermann

Wer formt wen – Institutionen die Bürger oder die Bürger Institutionen? Rutger Bregman macht es sich hier zu einfach

Das oben erwähnte Zitat, auf das ich hier reagiert habe, stammt aus einem Gespräch mit Rutger Bregman, dem Autor von „Utopia for Realists“. Bregman macht es sich hier mit der Erklärung zu einfach, denn nicht nur prägen Institutionen unser Handeln, wir schaffen auch Institutionen und können sie deswegen verändern. Die Beharrlichkeit von Institutionen bzw. Normen, die diese Institutionen fundieren hängt damit zusammen, ob die Problemlösung, die sie bieten, noch für angemessen gehalten wird. Genau das scheint bei aller Kritik am heutigen Verständnis von Sozialstaatlichkeit immer noch der Fall zu sein. Solange das so ist, hat es ein Bedingungsloses Grundeinkommen schwer. Dagegen helfen nur immer wieder: Argumente.

Sascha Liebermann

Misunderstanding: Universal Basic Income is not(!) a wage for housework, it enables to do housework

UBI is not a wage for something done or to be done, it is simply a means to empower a person for its own sake.

Sascha Liebermann

„Wir setzen oft Pessimismus mit Realismus gleich“…

…sagt Rutger Bregman, Autor von „Utopien für Realisten“ , in einem angenehm unaufgeregten Interview mit der Frankfurter Neue Presse (siehe Kommentare von uns hier und hier). Seinem Vorschlag einer radikalen allgemeinen Verkürzung der Erwerbsarbeitszeit muss man nicht folgen, um seine Überlegungen dennoch interessant finden zu können, z. B. seine trockene Antwort auf die Frage, ob er nicht einfach ein positives Menschenbild (ausführlicher siehe hier) habe.

„Jede zivilisatorische Errungenschaft war irgendwann eine utopische Fantasie“

Ein Interview mit Rutger Bregman, dem Autor von „Utopien für Realisten“, in der Süddeutschen Zeitung. Schon im August führte Der Spiegel ein Interview mit ihm.

Noch deutlicher müsste man herausheben, dass ein BGE gar keine Utopie ist, auch wenn es anders scheinen mag. Vor dem Hintergrund unseres heutigen Sozialstaats mag es so scheinen, als sei ein BGE weit weg. Ganz anders sieht es jedoch aus, wenn wir auf den Lebensalltag schauen, die unspektakuläre Seite, die darin besteht, Entscheidungen zu treffen und verantworten zu müssen, dabei die verschiedensten Fragen zu integrieren, ohne großes Aufheben darum zu machen. Das ist das Fundament unserer Demokratie, das allzuoft übersehen wird. Ein BGE würde endlich den Sozialstaat auf ein Fundament stellen, das der politischen Ordnung gemäß ist.

Sascha Liebermann

„Der Schlüssel zum Grundeinkommen ist nicht technologisch, sondern ideologisch“…

…sagt Rutger Bregman in einem Interview mit Spiegel Online anlässlich des Erscheinens seines Buches „Utopien für Realisten“. Damit trifft er einen wichtigen Punkt, auch wenn ich nicht von „Ideologie“ sprechen würde, aber von beharrlichen Deutungsmustern oder Werturteilen, die dem BGE im Weg stehen. Sie sind die größte Hürde, die zur Einführung genommen werden muss – und nicht etwa solide Finanzierungsmodelle. Siehe meinen Kommentar zu dieser Frage hier. Siehe auch einen Vortrag von Bregman hier.

Sascha Liebermann