„Wenn 3500 junge Menschen scheitern, wird es am Ende noch teurer“ – vom Stellenwert des Fallverstehens

Mit Fragen, die sich auch in diesem Zusammenhang stellen, hat sich diese Studie beschäftigt:

Sie ist interessant, weil auf der Basis nicht-standardisierter Interviews die Problemlagen der Jugendlichen rekonstruiert werden. Sie bestätigt Ausführungen, die im Bericht der Süddeutschen Zeitung vorkommen und zeigt, dass es bei Jugendlichen in dieser Lage besondere Herausforderungen aufgrund ihrer Lebensgeschichte zu beachten gilt. Die Studie liefert damit auch Einblick, weshalb in diesem Feld der Beratung es ausgesprochen wichtig ist, den konkreten Fall in seiner Genese zu verstehen, um zu wissen, welche Hilfe nötig, förderlich und welche destruktiv sein kann.

„Fehlanreize abbauen, Kinderbetreuung ausbauen und finanzielle Absicherung stärken“…

…so das wirklich überraschende – irgendwie doch ewig gleiche – Ergebnis einer Studie der Bertelsmann Stiftung, mit ungeahnten Schlussfolgerungen. Man lese nur dies und beachte die Wunderwirkung von „Anreize“:

„Insbesondere die Kombination aus Ehegattensplitting, steuer- und abgabenfreien Minijobs und fehlenden Betreuungsmöglichkeiten setzt starke Anreize für eine traditionelle Rollenaufteilung, in der die Frau weniger Erwerbsarbeit und dafür mehr Sorgearbeit übernimmt als der Mann. Dabei sind die Vorteile einer solchen Spezialisierung im Haushalt über das Leben gering, der Preis langfristig aber hoch: ‚Viele Frauen stecken in der Zweitverdienerinnenfalle fest. Dadurch sind es bei Trennungen und im Alter vor allem Frauen, die gravierende finanzielle Einbußen in Kauf nehmen müssen‘, mahnt Barišić. ‚Wohlfahrtstaatliche Leistungen, die einen spezifischen Lebensentwurf fördern, sollten der Vergangenheit angehören, zumal Familie heute deutlich vielfältiger ist als früher.‘

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„Auch Väter müssen lernen zu verzichten“…

… schreibt Philipp Krohn in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (Bezahlschranke) und thematisiert diese Frage nicht zum ersten Mal, hier handelt es sich um zwei Buchrezensionen. Die pädagogische Anleihe im Titel wäre allerdings nicht nötig gewesen, um die Relevanz der Frage deutlich zu machen, denn um Lernen geht es nicht. Es geht vielmehr um die Frage, welchen Stellenwert Familie hat angesichts einer stetigen Ausweitung von Betreuungszeiten und der Absenkung des Betreuungsalters seit Einführung des Elterngeldes. Nicht mehr, sondern weniger Zeit für Familie nehmen sich Eltern, und das Elterngeld ist eine Prämie für Erwerbstätige, auch wenn Krohn zurecht kritisiert, dass Besserverdiener davon stärker profitieren.

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„Es fehlt die Wertschätzung“…

…ein interessantes Interview in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (Bezahlschranke) mit einer promovierten Bäckermeisterin, die für das Handwerk Forschung und Lehre aufgegeben hat, um eine Bäcker-Tradition der Familie fortzuführen. Ihre Bäckerlehre begann sie im Alter von 35 Jahren. Der Beitrag macht auch deutlich, wie sehr die Abwertung handwerklicher Berufe und die Aufwertung des Studiums ein Grund dafür ist, weshalb es an Auszubildenden fehlt.

Siehe unseren früheren Beiträge zum Bäckerhandwerk.

„Ein Alltag ohne soziale Demütigung – das ist das Grundrecht aller, ausnahmslos“…

…so ein bekanntes Zitat der SPD-Politikerin Regine Hildebrandt, doch was hätte sie zum Bedingungslosen Grundeinkommen gesagt, hätte sie denn dafür plädiert, dass das Existenzminimum frei von Sanktionen und Bedürftigkeitsprüfung bereitgestellt werden müsste? Hätte Sie dafür plädiert, Sorgetätigkeiten zu ermöglichen auf der Basis eines auskömmlichen BGE? Manch einer (siehe auch hier), der die Würde des Individuums hochhält und Sanktionen für unangemessen erklärt, will Sanktionen doch nicht aufgeben und hält Erwerbstätigkeit für den entscheidenden Hebel, um Armut zu verhindern. Wie Frau Hildebrandt, die eine vorbehaltlose Befürworterin der Sozialhilfe war und sie für eine große Errungenschaft hielt, das gesehen hat, können wir einer Rede aus dem Jahr 1999 entnehmen:

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Aktueller Stand der Europäischen Bürgerinitiative Bedingungsloses Grundeinkommen…

…findet sich hier.

Zwanzig Prozent der benötigten Unterschriften sind bislang erfolgt, was sagt uns das – bei allen Erschwernissen durch die Pandemie – über die Grundeinkommensdiskussion in Europa, was über die in den jeweiligen Ländern? In manchen gibt es besonders wenige Unterschriften, wie z. B. in Finnland, Schweden aber auch Frankreich? Was sagt uns das über den Status der Europäischen Bürgerinitiative als solcher?

Siehe unsere Beiträge zur EBI Grundeinkommen, der ersten wie der zweiten, hier.

Sascha Liebermann