Bedingungsloses Grundeinkommen, auch deswegen

Eine wichtige Unterscheidung: ein BGE nach den bekannten Kriterien vs. was daraus je nach Umsetzung gemacht wird,…

…denn weder folgt aus einem BGE: die Abschaffung aller Sozialleistungen, die „Stilllegung“ der Bürger, die einseitige Kürzung von Löhnen, das Überflüssigwerden von Gewerkschaften, die Spaltung der Gesellschaft usw. noch ist es ein Wundermittel gegen alle Probleme der Welt, wie gerne behauptet wird (aber ernsthafte Befürworter nie behauptet haben). Es gibt anerkannte Kriterien (siehe hier und hier), an denen ein BGE bestimmt werden kann. Sie sind durchaus deutungsbedürftig, aber nicht beliebig. Was daraus dann im einzelnen gemacht wird, ist etwas anderes. Man kann ein BGE als Anlass für die verschiedensten Vorhaben nutzen, es zweckentfremden usw. Das hat mit einem BGE selbst aber nichts zu tun. Deswegen ist die Rede von den vielen Modellen, die es gebe, zumindest missverständlich, denn dabei geht es immer nur um Ausgestaltungsvorschläge, die mehr oder weniger nah an den Kriterien sind.

Sascha Liebermann

Götz W. Werner ist verstorben – ein Nachruf

Götz W. Werner ist am vergangenen Dienstag, kurz nach seinem 78. Geburtstag, verstorben. Die Diskussion um ein Bedingungsloses Grundeinkommen hat mit ihm eine tragende Stimme verloren. Unsere Anteilnahme gilt seiner Familie und allen Angehörigen.

Wer an die Zeit zurückdenkt, als die jüngere öffentliche Diskussion um ein Bedingungsloses Grundeinkommen einsetzte, also etwa um die Jahre 2004/5 herum, kommt an Götz W. Werner nicht vorbei. Zwar war er nicht der einzige, der sich damals für ein BGE einsetzte, er war aber der mit Abstand am meisten Vernommene, der auch dort gehört und eingeladen wurde, wo andere nicht hindrangen. Unsere allererste Begegnung mit seinem Denken hatte noch gar nichts mit einem BGE zu tun, uns war nicht einmal bekannt, dass er sich dafür interessierte. Im Sommer 2003 oder 2004 veröffentlichte die Frankfurter Allgemeine Zeitung ein Porträt über ihn und sein Verständnis von Unternehmensführung. Bestechend fanden wir darin einen Satz, der sinngemäß lautete, Menschen könne man nicht motivieren, lediglich könne man gute Bedingungen dafür schaffen, dass sich ihre Motivation entfalte. Angesichts des ständigen Geredes über Mitarbeitermotivation, Anreizsysteme und solche Dinge fanden wir das bemerkenswert, erstaunlich geradezu. Denn in diesem einen Satz drückte Werner aus, was seine Haltung zum BGE auszeichnete: es brauche all diese „Anreize“ nicht, er hielt sie sogar für hinderlich, eher müsse man – hier frei abgewandelt – die Knüppel aus dem Weg nehmen, die jemanden daran hindern, initiativ zu werden. Nicht Druck, so eine andere Wendung, Sog sei nötig, wenn es Veränderungen geben solle, Initiative entfalte Sog, könne andere mitreißen. Deswegen könne man „Arbeit […] ermöglichen, bezahlen kann man sie nicht“.

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„Das Bürgergeld ist ein Etikettenschwindel“ oder Arbeitgebervertreter, die nicht unternehmerisch denken,…

…so könnte das Interview mit Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger für RP-Online übertitelt werden. Was sagte er dazu genau?

„[RP-Online] Mit dem Bürgergeld will die Ampel Hartz IV überwinden. Die Vermögensprüfung soll in den ersten zwei Jahren entfallen. Welches Signal wird da gesetzt?

Dulger Es wird doch völlig außer Acht gelassen, dass es eine zentrale Grundlage unseres Sozialstaates ist, dass die Gemeinschaft allen denjenigen hilft, die sich nicht selbst helfen können und nicht über ausreichend eigenes Vermögen und Einkommen verfügen. Insgesamt soll der Fokus offenbar weg vom aktivierenden Sozialstaat wieder zu einem verwahrenden Sozialstaat gelegt werden, der sich im Geldausgeben erschöpft. Wir sollten die Menschen in den Mittelpunkt stellen, die wirklich bedürftig sind und alle Kraft darauf ausrichten, sie wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren. All dies in einer Zeit, wo die Chancen am Arbeitsmarkt durch die demografische Entwicklung und den Arbeitskräftemangel auch für schon länger arbeitslose Menschen besser sind als jemals zuvor. Das ist für mich völlig unverständlich.“

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Ein anderer Maßstab für Wohlstand, aber…

…nicht so weitreichend wie ein Bedingungsloses Grundeinkommen.

Es gab einmal Zeiten, da wurde das Ziel, von nur einem Gehalt leben zu können, als Wohlstandsgewinn betrachtet. So wurde zumindest die Möglichkeit eröffnet, dass nicht beide Eltern erwerbstätig sein mussten – gleichwohl konnten sie es. Dass dieser Maßstab abhanden gekommen ist, zeigt, welche Bedeutung Erwerbstätigkeit hat, keineswegs hat sie ab-, stattdessen hat sie zugenommen. Grund dafür ist sicher für manche der Einkommensmangel aus einem Einkommen, gravierender ist aber, dass politische die Vollerwerbstätigkeit aller erwerbsfähigen Personen der politische Leitstern schlechthin ist.

Sascha Liebermann