Berechtigte Anmerkung, aber auch: Welche Rolle spielt der politische Konsens für einen defensiven Umgang…

…mit Automatisierungsmöglichkeiten? Denn diese Frage wird in der Studie nicht untersucht und die Daten würden sich dafür nicht eignen, handelt es sich um standardisierte Daten, die es nicht erlauben, Entscheidungsprozesse bzw. die ihnen unterliegenden handlungsleitenden Überzeugungen zu untersuchen. Ich habe mich dieser Frage vor vielen Jahren einmal intensiver gewidmet (siehe hier und hier).

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„Hilfen für die Kleinsten“…

…darüber schreibt Florian Diekmann im Spiegel. Eine Bemerkung des Wirtschaftswissenschaftlers Jens Südekum ist interessant, der wie folgt zitiert wird:

„Viele Befürworter eines Bedingungslosen Grundeinkommens sehen in der Notlage vieler Kleinstunternehmer ein Argument, zumindest für einen gewissen Zeitraum Geld an alle Bundesbürger zu zahlen – ähnlich wie es die US-Regierung plant. Südekum hält das allerdigs für keine gute Idee: „Ich selbst bin Beamter – ich brauche jetzt kein Corona-Geld für alle, ebenso wenig wie Rentner.“ Jetzt sollten auch nur die dringend Geld bekommen, „denen das Wasser bis zum Hals steht“, argumentiert Südekum.“

Ja, als Beamter ist man in einer privilegierten Lage, ganz besonders jetzt, da hat er recht. Langfristig gedacht aber greift der Einwand nicht, denn mit der Einführung eines BGEs würde der Grundfreibetrag in der Einkommensteuer kassiert, den brauchen – je nach Einkommen – einige auch nicht. Und Rentner? Da müsste auf die Rentenzahlbeträge geschaut werden und all diejenigen berücksichtigt werden, die zu wenig Beiträge einzahlen konnten bzw. deren Leistungen, weil nicht-erwerbsförmig kaum berücksichtigt werden.

Frühere Beiträge zu Ausführungen von Jens Südekum finden Sie hier.

Sascha Liebermann

„Sprechen Sie nie wieder von Massenarbeitslosigkeit“…

…das hielt Jens Südekum in einem Streitgespräch Richard David Precht entgegen, das schon im vergangenen November in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung abgedruckt war und online zugänglich ist (allerdings kostenpflichtig). Die Diskussion kreist letztlich um die Frage, ob die Digitalisierung nun langfristig mehr Vorteile oder mehr Nachteile bezogen auf die Entwicklung am Arbeitsmarkt habe. Trotz differenzierter Betrachtungen von beiden Seiten, dass nicht vorhersagbar ist, was geschehen werde, vertreten beide bestimmte Erwartungen. Und es geht beinahe nur um den Arbeitsmarkt.

Gegen Ende dann sagt Precht:

„Es ist wichtig, dass Menschen, die gute Arbeit geleistet haben, aber trotzdem ihre Stelle verloren haben, mehr Geld in der Tasche haben als Hartz IV und in keinen stigmatisierten Status kommen. Als Hartz-IV-Empfänger bekommen Sie relativ schlecht eine Frau. Als Grundeinkommensempfänger sind Sie zeitweise unbeschäftigt, in einer Art Normalzustand. Und wir können unsere alten Ansprüche an die Leistungsgesellschaft langfristig flächendeckend nicht aufrechterhalten.“

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Übertreibungen gegen Beschwichtigungen – oder Arbeit als Beschäftigungsbeschaffungsmaßnahme…

…so stellt sich die Diskussion um etwaige Folgen der Digitalisierung dar, wie an einer Besprechung des jüngsten Buches von Richard David Precht durch Johannes Pennekamp in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung abgelesen werden kann.

Pennekamp schreibt z. B.:

„Fachleuten, die sich schon länger als Precht mit den Folgen der Digitalisierung befassen, klingen allerdings weit weniger alarmiert. Die Arbeitssoziologin Sabine Pfeiffer von der Universität Erlangen-Nürnberg hat in einer aktuellen Untersuchung gemahnt, dass die Beschäftigungseffekte der Digitalisierung überschätzt werden könnten. Viele Tätigkeiten, die als Routinejob eingestuft werden, seien viel komplexer als angenommen und nicht so einfach zu ersetzen. Ähnlich argumentiert Jens Südekum, ein führender deutscher Ökonom auf diesem Gebiet. Die vielzitierte Studie von Osborne und Frey sei von vielen missverstanden worden. „Sie sagt nichts darüber aus, wie viele Berufe und Arbeitsplätze tatsächlich wegfallen“, sagt er. Frey und Osborne hätten lediglich untersucht, in welchen Berufen es hohe Anteile von Tätigkeiten gibt, die theoretisch auch eine Maschine übernehmen könnte. Ob das dann auch tatsächlich passiert, stehe auf einem ganz anderen Blatt.“

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„Roboter führen nicht zu Massenarbeitslosigkeit“ – aus der Vergangenheit auf die Zukunft schließen?

In einem Beitrag von Jens Südekum, Professor an der Universität Düsseldorf, auf der Website Wissenschaftsjahr, befasst sich dieser mit den Folgen von Technologienutzung auf die Substitutierung menschlicher Arbeitskraft in der Vergangenheit. Was haben er und seine Kollegen untersucht? Das, worüber sie Daten hatten, also das Vergangene. Was schreibt er:

„Es zeigt sich aber, dass Roboter nicht zu direkten Entlassungen geführt haben. Die Unternehmen schufen aber weniger neue Arbeitsplätze für Berufseinsteiger. Der Strukturwandel verlief also über Generationen hinweg.
Neue Technologien sollten Gesellschaft und Politik also nicht in Panik versetzen. Wellen der Massenarbeitslosigkeit stehen nicht an. Viele der Horrorszenarien, die in den Medien verbreitet werden, sind substanzlos, spekulativ und entbehren einer wissenschaftlichen Grundlage.“

Eine Versachlichung dieser Diskussion kann nur hilfreich sein, die Frage ist nur, ob, was Südekum und Kollegen herausgefunden haben, auch für die Zukunft gilt? Denn sie konnten sich nur die Folgen von Entscheidungen in der Vergangenheit anschauen. Folglich sind seine Schlussfolgerungen auf die Zukunft nicht gedeckt, denn dazu kann die wissenschaftliche Analyse nichts beitragen, er hätte sich also auf Äußerungen über die Vergangenheit beschränken müssen. Hinzu kommt noch, dass zumindest in dem Beitrag nicht die Frage gestellt und dann erklärt wird, weshalb es so war, wie es war. Ist in der Vergangenheit denn offensiv automatisiert worden? Dagegen spricht manches, weil offensive Automatisierung mit dem politischen Konsens kollidiert, demzufolgen das Schaffen bzw. Erhalten von Arbeitsplätzen wichtig ist. Diese Haltung kann durchaus wertschöpfungshemmend sein (siehe zu einem ähnlichen Problem hier).

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