„Ein Grundeinkommen für Kinder?“ – nachvollziehbares Ziel, aber ohne Familie?

In einem Streitgespräch zwischen Sarah-Lee Heinrich (Grüne Jugend) und Marcus Weinberg (CDU) auf Zeit Online geht es um die Kindergrundsicherung, die schon seit einigen Jahren in der Diskussion ist. Vorschläge dazu gibt es verschiedene. Zu Beginn wird eine wichtige Frage aufgeworfen, und zwar die, was denn Armut sei, wobei Herr Weinberg heraushebt, dass in Deutschland Kinder nicht verhungern müssen. Es gibt umfangreiche Leistungen, das ist unbestritten, die es in etlichen Ländern nicht gibt. Doch die Frage danach, ob der Einzelne am gesellschaftlichen Leben teilnehmen kann und in welcher Form, stellt sich immer relativ zur Kaufkraft über die er verfügt und zur Art des Einkommens, denn damit geht ein normativer Status einher. Heinrich weist treffend darauf hin.

Wie ließe sich nun die Lage verbessern? Weinberg argumentiert ganz sozialdemokratisch, indem er Armut durch Erwerbstätigkeit beseitigen will – doch wozu das heutzutage schon führt, kann jeder in seinem Umfeld beobachten. Immer weniger Zeit für Familie, immer längere Zeiten in außerhäuslicher Betreuung. In der Tat ist, wie Weinberg sagt, Kinderarmut immer „Familienarmut“, weswegen eine Kindergrundsicherung ein zweifelhaftes Unterfangen ist, solange zugleich in der Erwerbsverpflichtung der Eltern die ultimative Lösung gesehen wird. Denn Kinder abzusichern, ohne ihre Eltern abzusichern, reißt Familien auseinander. Weinberg demgegenüber hebt die Zielgenauigkeit des Wust an bestehenden Leistungen hervor und verliert aus den Augen, worauf Frau Heinrich hinweist: die Beantragungshürde, die Unübersichtlichkeit, die Stigmatisierung. Zielgenauigkeit ist so ein Papiertiger, wenn ihre Folgen nicht beachten werden, wie z. B. verdeckte Armut. Man könnte andersherum genau die Kindergrundsicherung, bei allen Schwächen, die sie hat, als zielgenau bezeichnen, zumindest was die Behebung des Einkommensmangels betrifft.

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„Mein Grundeinkommen“ hat 42 Grundeinkommen verlost

„Meine alljährliche Renteninformation“…

Siehe auch den Bericht darüber im stern.

„Germany just got a universal basic income, and nobody noticed“ – oder vielleicht doch ein Missverständnis?

Die Frage stellt sich anlässlich eines Beitrags von Dennis Pachernegg auf Medium. Er deutet das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu Sanktionen im Arbeitslosengeld II als faktische Absegnung eines Bedingungslosen Grundeinkommens. Dabei ist ihm offenbar die Widersprüchlichkeit des Urteils nicht aufgefallen, die von einigen Kommentatoren herausgehoben wurde. Wie es auf der einen Seite den Gesetzgeber in Schranken weist und Sanktionen für nicht verfassungsgemäß erklärt, erlaubt es auf der anderen aber auch Totalsanktionen. Der Gesetzgeber muss zwar keine Sanktionen einsetzen – sie folgen also nicht aus dem Grundgesetz -, darf es aber. Insofern ist das Urteil auf der einen Seite ein Fortschritt und zugleich eben doch nicht.

Was der Autor vollständig übersieht, ist die normative Dimension der Gesetzgebung. Bei aller Verurteilung der Gesetzgebung und der Sanktionspraxis durch das Bundesverfassungsgericht wird am normativen Vorrang von Erwerbstätigkeit nicht gerüttelt. Genau dieser aber ist entscheidend dafür, in welche Position ein Leistungsbezieher von Arbeitslosengeld rückt. Er muss sich gegenüber der Behörde erklären, die Rechtfertigungslast liegt bei ihm, nicht andersherum. Selbst wenn also Sanktionen ganz abgeschafft würden, bliebe der normative Status, dass Erwerbstätigkeit das Erwünschte ist, Nicht-Erwerbstätigkeit negativ, bestehen.

Sascha Liebermann

Grundrente als Einsteig zum Bedingungslosen Grundeinkommen – realistische Einschätzung oder Menetekel?

Laut Husumer Nachrichten hat Prof. Raffelhüschen, Volkswirt an der Albert Ludwig Universität Freiburg, auf Einladung der Kreishandwerkerschaft Nordfriesland-Nord einen Vortrag über das Konzept der Grundrente gehalten und diese Prognose abgegeben. Sie wird gewiss pessimistisch ausgefallen sein, denn vom BGE hält Raffelhüschen nichts oder bislang hatte er davon zumindest nichts gehalten. Die Grundrente allerdings als Einstieg zu deuten, ist ziemlich gewagt, bedenkt man, wer sie überhaupt in Anspruch nehmen können wird (Mindestbeitragzeit: 35 Erwerbsjahre). Eher geht es dabei wohl um eine Mindestrente für eine Gruppe mit klaren Bezugsbedingungen – also nur eine sehr begrenzte Mindestrente. Aber, warum nicht ein – aus Raffelhüschens Sicht – Menetekel an die Wand malen.

Die Kreishandwerkerschaft ist offenbar Mitglied im Deutschen Handwerkskammertag. Der Zentralverband des Deutschen Handwerks ist aufgeschlossen, wenn es um ein Bedingungsloses Grundeinkommen geht, das zeigte mir eine Veranstaltung, zu der ich vor zwei Jahren eingeladen war.

Sascha Liebermann

Wofür stehen Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken? Ihre Website gibt einen Überblick…

…unter „standhaft sozial demokratisch“. Saskia Esken hat schon einmal Sympathien für ein Bedingungsloses Grundeinkommen bekundet, Norbert Walter-Borjans lehnt es bislang ab, siehe hier.