„Das gefährdet die Existenz“…

…so Richter Jens Petermann vom Sozialgericht in Gotha, das die Sanktiongsregelung im SGB II vom Bundesverfassungsgericht überprüfen lassen will, in einem Interview mit dem mdr. Siehe auch diesen Beitrag des mdr.

Siehe unseren Kommentar zur Frage, ob solche Fragen juristisch oder politisch gelöst werden müssen sowie weitere Kommentare hier und hier zur Geschichte der Sanktionen im Bundessozialhilfe- wie im Arbeitsförderungsgesetz von 1969. An dem heute geltenden Sozialgesetzbuch gibt es Vieles zu kritisieren, es sollte jedoch nicht der Eindruck entstehen, das sei alles von gestern auf heute über uns gekommen – es hat vielmehr Tradition.

Petition zur Abschaffung der Sanktionen im Sozialgesetzbuch – Zeichnungsfrist endet am 18.12.

Aus aktuellem Anlaß, da die Zeichungsfrist am 18.12. endet, möchten wir noch einmal auf die Petition von Inge Hannemann an den Deutschen Bundestag hinweisen. Sie fordert die Abschaffung der Sanktionen im Sozialgesetzbuch. Hier finden Sie die Petition und die Möglichkeit der Unterzeichnung. Welchen Status und welche Bedeutung Petitonen haben, dazu siehe unseren jüngeren Kommentar hier. Dass eine Abschaffung von Sanktionen im bestehenden Sozialsystem diesem selbst widersprechen würde, dazu siehe den Kommentar hier.

Die Verklärung des alten Sozialstaats oder verwunderliche Allianzen

Kürzlich haben wir auf die Petition von Inge Hannemann an den Deutschen Bundestag hingewiesen, die die Abschaffung der Sanktionen im Sozialgesetzbuch vorschlägt. Die Petition hat Unterstützung von verschiedener Seite gefunden und ist nicht die erste ihrer Art. Dass von ihr nicht allzuviel zu erwarten ist, zeigen die Erfahrungen aber auch der unverbindliche Charakter dieses Instruments. Verwunderlich, auch bezeichnend, sind die Allianzen, die sich im Gefolge dessen gebildet haben. Einige derer, die sich vehement gegen ein Bedingungsloses Grundeinkommen aussprechen, unterstützen die Petition bzw. ihr Ziel, z.B. die Nachdenkseiten, Friederike Spiecker, Christoph Butterwegge u.a. Wie geht das zusammen? Kann es ein erwerbszentriertes Sozialsystem geben, wie das heutige, das ohne Sanktionen auskommt? Ein Blick auf die Gesetze, um die es geht, und deren innere Logik lehrt: Nein.

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Wenn wir etwas ändern wollen, dann müssen wir es auch tun: Sanktionen durch Jobcenter, Regelsatzentzug

Ralph Boes von der Bürgerinitiative bedingungsloses Grundeinkommen Berlin hat sich schon vor mehr als einem Jahr mit seinem Brandbrief dazu entschlossen, gegen die von Misstrauen getränkte Sozialpolitik, die seit der SPD-Grünen Regierung unter Kanzler Schröder (die betreffenden Parteien neigen hier in der Frage, wer dafür verantwortlich ist, zu Vergesslichkeit) stärker denn je betrieben wird, vorzugehen. Nun treffen ihn die Sanktionen des Jobcenters. Dabei ging es und geht es Ralph Boes nicht um seine individuelle Lage, es geht um eine Sozialpolitik, die jeden von uns unmittelbar treffen kann, sobald er oder sie auf Arbeitslosengeld II oder auch andere Leistungen angewiesen ist, eine Sozialpolitik, die nicht für Pluralität und Vielfalt von Lebensentwürfen, sondern für Einförmigkeit und Erwerbsfixierung steht. Mittelbar trifft sie uns alle als Bürger eines Gemeinwesens heute schon; denn solange wir diese Praxis tragen bzw. dulden und nicht dagegen vorgehen und Vorschläge unterbreiten, die andere Wege eröffnen – wie das Bedingungslose Grundeinkommen -,  sind wir dafür verantwortlich, dass sie weiterbesteht. Es sind eben nicht „die Politiker“, die darüber befinden, wie wir zusammenleben, es sind wir Bürger, die sich erheben müssen, wenn wir das für falsch halten. Wie viele sich gegen diese Praxis wehren, lässt sich vielleicht an den Klagen gegen ALG II-Bescheide ermessen. Womöglich gibt es noch mehr Menschen, die sich nicht wehren, nicht zu wehren trauen oder nicht wissen, was sie tun können. Auch dazu finden sich Tipps auf der Website des Brandbriefs. Andere wehren sich auch, wie z.B. Torsten Büscher (Projekt Peine). In vielen Städten gibt es auch unabhängige Beratungsstellen, die weiterhelfen. Wenn wir etwas ändern wollen, dann müssen wir es auch tun.

Sascha Liebermann

Abschaffung der Sanktionen bei Hartz IV – Dokumente zur Sitzung vom 26. April

Am 26. April wurden zwei Anträge zur Abschaffung von Sanktionen bei Hartz IV im Deutschen Bundestag abschließend beraten. Die Anträge wurden abgelehnt. Sowohl Die Linke (Bundestagsdrucksache 17/5174) als auch Bündnis 90/Die Grünen (Bundestagsdrucksache 17/3207) hatten Anträge eingebracht.

Für die Befürworter eines Bedingungslosen Grundeinkommens ist die Debatte ein aufschlussreiches Dokument, denn deutlich wird die Haltung der Verteidiger von Sanktionen. In deren Überlegung steht nicht das Individuum und die ihm ermöglichten Entscheidungsfreiräume im Zentrum. Es geht nicht um die Bürger als Fundament des Gemeinwesens, es geht nicht darum, ihnen den Rücken zu stärken. Vorrang haben die Anständigen: die Erwerbstätigen.

Sitzungsprotokoll
Videomitschnitt der Sitzung

Persönliche Erklärung einiger Abgeordneter von Bündnis 90/ Die Grünen zum Antrag der Linken zur Abschaffung von Sanktionen bei Hartz IV

Sanktionen bei ALG II – wie sich wehren?

Ralph Boes hat den Sanktionen den Kampf angesagt, einen mit Argumenten. In seinem Brandbrief eines entschiedene Bürgers begründet er sein Vorgehen und in einem Interview beantwortet er Fragen. Jüngst hat er das noch einmal getan (siehe ausführliches Interview vom 17.2.2012 (Youtube)). Mittlerweile haben sich Mitstreiter gefunden, einer davon ist Torsten Büscher. Auch er will sich die Sanktionen nicht einfach gefallen lassen und informiert auf seiner Website„Hartz IV ohne Sanktionen“-, wie er sich wehrt. Für alle, die sich die Gängelung nicht gefallen lassen wollen und die Kraft haben, sich zu wehren, sind beide Websites hilfreich. Das Ziel kann nur ein BGE sein, doch verteidigen sollten wir uns im Jetzt und nicht erst jenseits davon.

„Rechte der Arbeitsuchenden stärken – Sanktionen aussetzen“ – Schriftliche Stellungnahmen online

Nachdem Anfang Juni die Anhörung im Ausschuss Arbeit und Soziales des Deutschen Bundestages stattfand, liegen nun auch schriftliche Stellungnahmen der geladenen Sachverständigen vor. Die Stellungsnahme Prof. Stephan Lessenichs, der die Sanktionen kritisiert und für ihre Abschaffung und die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens plädiert, findet sich hier.

Siehe auch den Bericht des Netzwerk Grundeinkommen dazu.

Sanktionen und ihre Wirkungen – Anhörung im Ausschuss für Arbeit und Soziales des Deutschen Bundestags

„Die Anträge der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit dem Titel ”Rechte der Arbeitssuchenden stärken – Sanktionen aussetzen“ (17/3207) sowie der Fraktion Die Linke mit dem Titel ”Sanktionen im Zweiten Buch Sozialgesetzbuch und Leistungseinschränkungen im Zwölften Buch Sozialgesetzbuch abschaffen“ (17/5174) waren Gegenstand der öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales am Montagnachmittag.“ Siehe die ganze Pressemeldung auf der Website des Deutschen Bundestags.

Die gesamte Anhörung ist online verfügbar.

Argumente für die Abschaffung von Sanktionen hat Prof. Dr. Stephan Lessenich in der Anhörung vorgetragen, siehe hier.