Wirtschaftsdienst Zeitgespräch „Von Hartz IV zum Bürgergeld“ – Annahmen und Engführungen

Das Zeitgespräch hatte ein bestimmtes Thema, von daher mag es nahegelegen haben, dazu beinahe ausschließlich Ökonomen einzuladen, deren Kurz-Vorträge zuvor schon auf der Website des Veranstalters als Beitrag erschienen waren. Eine fachliche Ausnahme bildete Michael Opielka, der gemeinsam mit Wolfgang Strengmann-Kuhn vortrug. Im Video des Veranstalters, das in der nächsten Woche veröffentlicht werden soll, ist, so steht zu hoffen, auch die Diskussion enthalten, die Gelegenheit zu Rückfragen und Klärungen gab. Ich möchte an dieser Stelle wenige Anmerkungen zu den Vorträgen und der Diskussion machen.

Zuerst einmal wurde in der Veranstaltung deutlich, wie mühsam und kleinteilig sozialpolitische Diskussionen sein können. Es ist ein entscheidender Unterschied, ob sie von einer eher politikberatenden Warte geführt oder grundsätzliche Fragen gestellt werden, die gleichwohl für Politikberatung ebenfalls relevant sind. Ersteres umfasst Vorschläge, wie im bestehenden Gefüge angesetzt werden könnte, um Veränderungen zu erreichen, verbleibt aber im Gefüge des Bestehenden. Hier gilt es allerhand zu berücksichtigen. Große Bedeutung hat es dabei, welche Auswirkungen Veränderungen wiederum haben könnten, z. B. dass mehr Personen in den Grundsicherungsbezug eintreten, welche „Anreize“ wünschenswert seien und welche nicht. Zweiteres, also die grundsätzlichen Fragen, richtet sich darauf, die Annahmen, auf denen das bestehende Gefüge beruht, zu hinterfragen, die in der Debatte bislang eher als gesetzt gelten – so auch überwiegend in dieser Runde. Solche Fragen richten sich darauf, warum Menschen so handeln, wie sie handeln und ob die Gründe nicht differenzierter sind, als in der Debatte angenommen.

Wirtschaftsdienst Zeitgespräch „Von Hartz IV zum Bürgergeld“ – Annahmen und Engführungen weiterlesen

„Nehmt diesen ‚offenen Strafvollzug‘ […] zurück“

Einerseits eine wichtige, aber doch triviale Einsicht, andererseits eine Instrumentalisierung

Im hier erwähnten Beitrag ist nicht klar, ob die zitierte Gesundheitswissenschaftlerin diesen Begriff gebraucht hat, er in der Studie vorkommt oder die Autoren ihn einführen – zumindest findet er seit einigen Jahren Verwendung. Die Wortbedeutung ließe noch die Möglichkeit, die Familie als „Quell“ des Wohlergehens zu verstehen, also ein nicht instrumentelles Verhältnis zu ihr anzunehmen. Mittlerweile ist jedoch ein Gebrauch üblich, in dem Ressourcen Reservoiren gleichkommen, derer man sich bedient bzw. auf die zurückgegriffen werden kann (ähnlich ist es mittlerweile beim Begriff der Resilienz).

Einerseits eine wichtige, aber doch triviale Einsicht, andererseits eine Instrumentalisierung weiterlesen

„Eine Flatrate für die Freiheit“,…

…beim Bedingungslosen Grundeinkommen gehe es „um eine andere Grammatik des Zusammenlebens“. Ein interessanter Nachruf von Reinhard Kahl in der taz auf Götz W. Werner von der Warte eines Zeitgenossen, der sich für Fragen der Bildung und anderer Wege, die gegangen werden könnten, schon lange interessiert.

Dass es hier um eine Geistesverwandtschaft zu gehen scheint, zeigen auch andere Texte von ihm, so z. B. sein Nachruf auf Remo Largo, der mit Werners Vorstellungen ebenso Gemeinsamkeiten hat, bei allen Unterschieden im Zugang, denn Largo hat am Zürcher Kinderspital Langzeitstudien durchgeführt und die darin gewonnenen Erkenntnisse in vielen Büchern zugänglich gemacht (siehe hier). Treffend ist auch Kahls Anmerkung zu der seit einiger Zeit gebräuchlichen Rede von „den Menschen“ statt Bürgern.

Sascha Liebermann

„Abgefahren, dass Steinmeier überhaupt noch da ist“ – Architekt der Agenda 2010

Siehe auch unseren Kommentar dazu hier.

Theoretisch ist, über Grundlagen nachzudenken, auch wenn das Nachdenken von der Realität den Ausgang nimmt

Dieses Gespräch ist womöglich das letzte (März 2018), das Götz W. Werner in einer Talkrunde im Fernsehen bestritten hat und es ist ihm schon anzumerken, dass er nicht mehr so schlagfertig ist wie früher. Deutlich werden im Gespräch dennoch verschiedene Dinge, die angesichts teils klischeehafter Nachrufe wichtig anzumerken sind: 1) Es scheint schwer zu sein, zu verstehen, dass die Menschenwürde unverfügbar sein muss und es deswegen eines Einkommens bedarf, das nicht unter Vorbehalt steht (es muss also bedingungslos bereitgestellt werden) – obwohl das den Geist des Grundgesetzes auszeichnet. Solange dieser Vorbehalt geltend gemacht wird, entspricht unser Sozialstaat nicht dem Geist des Grundgesetzes und damit der modernen Demokratie. Das sieht Werner äußerst klar.

Theoretisch ist, über Grundlagen nachzudenken, auch wenn das Nachdenken von der Realität den Ausgang nimmt weiterlesen

Gegen den Strich gebürstet – ein Gespräch von Daniel Häni und Enno Schmidt…

…über Götz W. Werner, Wendungen in seinem Leben, verschiedene Seiten seiner Persönlichkeit, flache Nachrufe, gelebtes Unternehmertum, seine Aufgabe im Gemeinwesen, die falsche Entgegensetzung von Egoismus und Altruismus und die Selbstverständlichkeit, den Menschen als initiatives Wesen zu sehen.

Sascha Liebermann

„Von Hartz IV zum Bürgergeld – mehr als ein neuer Name?“…

…das Zeitgespräch in der Zeitschrift Wirtschaftsdienst mit Beiträgen von Maximilian Blömer, Clemens Fuest, Andreas Peichl, Holger Schäfer, Christian Merkl, Kerstin Bruckmeier, Jürgen Wiemers, Michael Opielka, Wolfgang Strengmann-Kuhn, Alexander Herzog-Stein.

Die Autoren diskutieren am 17. Februar online zu dieser Frage, siehe hier.