„Familienunternehmer warnen: Solidarisches Grundeinkommen ist Vorstufe für ein bedingungsloses Grundeinkommen“…

…die Pressemitteilung von Die Familienunternehmer e.V. findet sich hier.

Der Vorsitzende der Kommission „Arbeitsmarkt und Soziales“ im Verband, David Zülow, wird so zitiert:

„Ziel sämtlicher Maßnahmen bei Langzeitarbeitslosen sollte immer die Vermittlung in den ersten Arbeitsmarkt sein. Tätigkeiten in staatlicher Beschäftigung können schnell zur Sackgasse werden. Arbeitslose brauchen Arbeitsplätze und keine Parkplätze. Unterm Strich verschwinden die Betroffenen nur wieder aus den Statistiken. Das ist teure Augenwischerei und hilft den Betroffenen überhaupt nicht. Jene, die lange Zeit raus aus dem Job sind und meist mehrere Vermittlungshemmnisse aufweisen, benötigen nicht nur die Instrumente der Arbeitsmarktpolitik. Soziale Unterstützung ist ebenso notwendig. Das setzt aber eine bessere Vernetzung zwischen Jobcentern und sozialen Trägern voraus. Hier sind die zum Teil rigiden Vorgaben beim Datenschutz ein Hemmnis. Das zu lösen, würde viel helfen und kostet kein Geld.“

Was die Aussichten von Langzeitarbeitslosen mit echten Beschwernissen betrifft, dazu siehe meinen Kommentar hier.

Sascha Liebermann

„Im Grunde ein 1-Euro-Job“ – stattdessen eine „sanktionsfreie Grundsicherung“?

Darüber schreiben Sven Lehmann und Lisa Paus (Bündnis 90/ Die Grünen) in der taz und nehmen den Vorschlag eines solidarischen Grundeinkommens auf’s Korn. Ebenso kritisch  schreibt Arno Widmann „Trickserei und Dummheit der SPD“ in der Frankfurter Rundschau. Selbst bekannte Nachrichtensendungen wie die Tagesschau berichten differenziert über den Vorschlag und seine irreführende Bezeichnung.

Was schreiben Lehmann und Paus?

„Da schau an: Auch innerhalb der SPD mehren sich die Stimmen, dass wir Hartz IV überwinden und durch ein neues System der sozialen Sicherung ersetzen müssen. Das begrüßen wir Grüne sehr. Und der Regierende Bürgermeister von Berlin, Michael Müller, hat auch ein Modell eingespeist: das „solidarische Grundeinkommen“.“

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Hoffnungen und Illusionen einer öffentlich geförderten Beschäftigung

Dem ZDF gab der Sozialwissenschaftler Stefan Sell ein Interview, in dem er kritisch und differenziert mit dem Vorschlag eines solidarischen Grundeinkommens umging. Auf die Rückfrage von Claus Kleber, ob mit diesem Instrument nicht eine Konkurrenz zu regulärer Beschäftigung entstehe, verwies Sell auf den besonderen Personenkreis, der von einem solidarischen Grundeinkommen profitieren solle. Es handele sich um Personen mit schweren biographischen Beschwernissen, deren Perspektive, in den ersten Arbeitsmarkt zu kommen, ohnehin nicht überschätzt werden dürfe. Selbst mit einem Lohnzuschuss von 100% würden diejenigen, um die es hier geht, nicht eingestellt werden (siehe zur Komplexität der Förderung in diesem Bereich die Studien von Frank Bauer). Zugleich jedoch betonte Sell, dass Langzeitarbeitslose mit diesen Beschwernissen unbedingt eine Beschäftigung suchen, so dass ein sozialer Arbeitsmarkt sinnvoll sei.

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„Hartz IV ist ein Angstmache-Instrument“…

…sagt Klaus Barthel (SPD) in einem Interview mit der Frankfurter Rundschau. Er begrüßt die jüngere Debatte über die Folgen des Arbeitslosengeldes II, hält ein solidarisches Grundeinkommen aber nicht für ausreichend in der jetzigen Konzeption. Was er stattdessen befürwortet, wird nicht deutlich, ein BGE kommt nicht zur Sprache.

Barthel hat offenbar vor 15 Jahren schon die Arbeitsmarktpolitik kritisiert, siehe hier, hier und hier.

„Möglicherweise rechnet es sich dann nicht mehr“

…ganz sicher scheint sich Mark Schieritz in seinem Beitrag zum solidarischen Grundeinkommen für Zeit online aber auch nicht zu sein. Doch gerade dieses „möglicherweise“ wäre ernster zu nehmen als er es in dieser Passage tut:

„Möglicherweise rechnet es sich dann [wenn die Bezüge im Arbeitslosengeld II erhöht würden, SL] nicht mehr, sich überhaupt eine Arbeit zu suchen oder von einer schlecht bezahlten Teilzeitstelle in eine Vollzeitstelle zu wechseln – weil die staatliche Stütze wegfällt, wenn das Einkommen steigt, dafür aber Steuern und Abgaben bezahlt werden müssen. Mehr Brutto bedeutet damit unter Umständen weniger Netto. Wer sich von staatlichen Zuwendungen unabhängig machen will, wird dafür finanziell bestraft.“

Die entscheidende Frage wäre doch, ob konkret überhaupt so gedacht, so gerechnet und entsprechend gehandelt wird (siehe auch hier und als Kontrast hier). Die Erfahrungen zeigen doch vielmehr etwas anderes und Studien zu diesem Phänomen ebenso, siehe hier. Manche Behauptungen sind so fest verankert, dass sie sich offenbar kaum erschüttern lassen.

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„Die Welt der Regelbedarfe sollte für niemanden ein Zuhause werden“…

…dieses Zitat stammt aus einem treffenden Kommentar zur Hartz IV-Diskussion auf der Website des Satire-Magazins titanic. Der Originalbeitrag von Henrike Roßbach in der Süddeutschen, auf den Bezug genommen wird, findet sich hier. Der scharfe Ton des titanic-Autors ist nachvollziehbar, da Roßbach nur am Ende erwähnt, was den Alltag der ständigen Drohung ausmacht, mit Sanktionen überzogen werden zu können – und zwar wegen Kleinigkeiten.

Wenn Roßbach schreibt:

„Natürlich ließe sich mehr Teilhabe erkaufen mit höheren Hartz-IV-Sätzen. Gerecht aber wäre auch das nicht. Weder gegenüber denen, die in der Grundsicherung feststecken, noch gegenüber denen, die gerade so noch ohne sie zurechtkommen. Ziel staatlicher Fürsorge sollte eigentlich sein, sich überflüssig zu machen. Besser als Hartz IV ist nicht mehr Hartz IV, sondern kein Hartz IV mehr zu brauchen. Die Welt der Regelbedarfe sollte für niemanden ein Zuhause werden, in dem er dann vergessen werden kann.“

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