„Neue deutsche Verachtung“…

…ist ein Artikel im Schwerpunkt „Arbeit. Unsere Religion“ der Frankfurter Rundschau übertitelt, der sich mit dem Ansehen von Langzeitarbeitslosen befasst. Darin wird die stetige Reduzierung von Leistungen vor allem für Arbeitslose (Arbeitslosenhilfe) thematisiert, die über die Jahre bis zur Abschaffung der Arbeitslosenhilfe stattgefunden hat. Der Autor, Martin Staiger, spricht von einer Verachtung, die sich gegenüber Arbeitlosen breitgemacht habe und schließt seinen Beitrag folgendermaßen:

„…Vielleicht sollten wir uns wieder auf die Prinzipien wesentlich älterer Religionen besinnen: Sowohl in der jüdischen als auch der christlichen Tradition kommt dem Menschen eine unveräußerliche Würde zu – gänzlich unabhängig davon, was er zu leisten imstande ist. Und diese Überzeugung, die auch mal das deutsche Grundgesetz geprägt hat, ist um vieles menschenfreundlicher – und um vieles realistischer – als unser Arbeitskult…“

Ja, und nun? Was folgt daraus? Rückkehr zu den Verhältnissen der alten Arbeitslosenhilfe? Der Gedankenführung von Staiger zufolge wäre das keine Antwort auf seine Diagnose. Was aber dann? Es bleibt doch letztlich nur eines, um den „Arbeitskult“ aufzugeben: das Bedingunglose Grundeinkommen (siehe auch einen früheren Kommentar).

Sascha Liebermann

„…von Erwerbsarbeit als Voraussetzung für ein Leben in Würde ist dort nicht die Rede…“

In einem Beitrag über den Deutschen Gewerkschaftsbund schreibt Eva Roth in der Frankfurter Rundschau:

„…Umso erstaunlicher ist die Bescheidenheit der DGB-Spitze. Das Gehalt eines Arbeitnehmers solle zumindest den Lebensunterhalt gewährleisten, heißt es in ihrem Leitantrag zum Thema Arbeit. Denn: „Jeder Mensch hat das Recht auf ein Einkommen aus Arbeit, das ihm ein Leben in Würde [Hervorhebung SL] ermöglicht.“ Mit Verlaub: Dass die Würde des Menschen unantastbar ist, steht bereits im Grundgesetz. Von Erwerbsarbeit als Voraussetzung für ein Leben in Würde ist dort nicht die Rede…“

Scharfsinnig bemerkt die Autorin die Umdeutung der Menschen- in die Erwerbstätigen-Würde. Doch was wäre daraus die Konsequenz? Die Autorin zieht keinen Schluss daraus, der ihrer Bemerkung entsprechen würde. Wenn die Würde nicht von Erwerbstätigkeit abhängen darf, dann gibt es dafür nur eine Alternative: ein Bedingungsloses Grundeinkommen. Die Stellung des Bürgers in der Demokratie wird durch die Bürgerrechte abgesichert, nicht durch Erwerbstätigenrechte. Ein Bedingungsloses Grundeinkommen würde dem genau entsprechen.

Sascha Liebermann

„Die Freibier-für-alle-Partei“ – die FAZ über die Piraten

In der Frankfurter Allgemeinen Zeitung ist gestern ein längerer Artikel über das Bedingungslose Grundeinkommen erschienen. Auch er befasst sich mit der Entscheidung der Piraten auf ihrem Bundesparteitag, das BGE in ihr Programm aufzunehmen (siehe unsere Meldung hier). Seit dem Wochenende überschlagen sich Meldungen und Berichte über diese Entscheidung, einen kleinen Eindruck gibt „google alerts„. Der Artikel der FAZ wäre nicht der Rede wert, hätte er sich nicht diesen Titel in Anlehnung an „Freibier für alle“ gegeben. Schon andere hielten diesen einfallslosen, gar einfältigen Titel für besonders originell, um Kritik vorzubringen, z.B. Heike Göbel, ebenfalls FAZ, oder auch Joachim Schabedoth in der Frankfurter Rundschau vor einigen Jahren. Wir haben darauf geantwortet, zu Göbel hier und zu Schabedoth hier. Überhaupt lehren einen die platten Reaktionen (so auch gestern bei Markus Lanz) nur eines: trotz differenzierter Argumente für das Grundeinkommen, trotz einer sachlichen Auseinandersetzung mit den Einwänden dagegen löst es offenbar noch immer Abwehrreflexe aus.