„Jobsuche im Bürgergeld“…

…eine Studie der BertelsmannStiftung (hier die ausführliche PDF-Fassung), die Einblicke in die Lebenslagen von Leistungsbeziehern, das Verhalten der Jobcenter und die Hürden zur Arbeitsaufnahme gibt.

Man sollte sich nicht von der Betitelung auf der Website zur Studie beeindrucken lassen, dass 57% der Bürgergeldbezieher nicht nach Arbeit suchen, denn die Detailbefunde sind differenzierter, in der PDF-Version ist hier die Zusammenfassung ab S. 34 hilfreich. Schwer nachvollziehbar ist, weshalb die 57% herausgestellt werden, wenn bei näherer Betrachtung diese Gruppe weiter differenziert werden muss und die Problemlagen komplexer sind, als es diese Betitelung erkennen lässt.

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Schlagzeile oder Haupttext…

…, was ist maßgeblich für den Merkur aus Bayern, der einen Beitrag über „Bürgergeld-Empfänger“ und deren Engagement in der RTL Sendung „Armes Deutschland“ veröffentlicht hat?

Wer den reißerischen Titel liest „Bürgergeld-Empfängerin trickst Jobcenter aus und RTL verdient Millionen“, erwartet in der Folge die üblichen, Vorurteile pflegenden Ausführungen, die in den letzten Jahren oft gelesen werden konnten. Je länger man liest, desto weniger ist das der Fall. Warum aber dann ein solcher Titel statt sachlich zu berichten?

Nachdem die skandalisierenden Zitate aufgeführt werden, folgt eine Einordnung:

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„DIFIS-Studie 2025/9 Ein integriertes Steuer- und Sozialtransfersystem“

„Schaffen Sie den Bürgergeldantrag auf Anhieb?“

Die Zeit bietet die Gelegenheit an, sich selbst zu prüfen, wie weit man mit der Ausfüllung des Antrags kommt, siehe hier. Immer wieder ist darauf hingewiesen worden, wie kompliziert die Beantragung ist, hier nun können sich auch diejenigen einen Eindruck verschaffen, die damit sonst nicht zu tun hätten oder die noch nicht von sanktionsfrei gehört haben, deren Berichte aus der Welt des Bürgergeldes eindrucksvoll sind.

Die Hürden durch das Antragswesen sind hoch, ganz besonders für diejenigen, denen es ohnehin nicht leichtfällt, ihre Interessen wahrzunehmen. Andere aber schrecken vor der Stigmatisierung zurück, verzichten lieber, als ihr Recht wahrzunehmen – eine Stigmatisierung, die mit dem normativen Vorrang von Erwerbstätigkeit zu tun hat und der damit verknüpften ideologisierten Vorstellung von „Selbstversorgung“ oder „Eigenständigkeit“. Ein Sozialstaat, der aufgrund dieser strukturellen Eigenheiten, „verdeckte Armut“ in Kauf nimmt, dem fehlt es daran die Existenzsicherung verlässlich bereitzustellen, er ist nicht „zielgenau“, seine Legitimität wird dadurch fraglich.

Sascha Liebermann

„Wir wir fleißig wurden“ – doch wie gelangt der Autor zu seiner Deutung und was übersieht er?

Werner Plumpe, Prof. em., Historiker, hat in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung einen Beitrag mit dem Titel „Wie wir fleißig wurden“ veröffentlicht, der sich mit dem Wandel der „Einstellung zur Arbeit“ befasst und in einem historischen Überblick von der Mitte des achtzehnten Jahrhunderts bis in die Gegenwart verfolgt. Darin geht es um das Verständnis von Leistung, das vorherrschte und noch die Nachkriegszeit prägte, welche Bedeutung die Erfahrung von Knappheit und Mangel für den materiellen Wohlstandszuwachs hatte. Am Ende geht es darum, ob der Sozialstaat der Gegenwart diesbezüglich wohlstandsförderlich sei oder nicht. Im ersten Teil des Beitrags schreibt Plumpe:

„So uneinheitlich das Bild im Einzelnen ist, der Stellenwert von Arbeit scheint dennoch zurückgegangen zu sein. Um zu begreifen, welcher Wandel sich gegenwärtig vollzieht, welche Bedeutung Meinungsumfragen haben, nach denen die Bevölkerung in der Pflichterfüllung nicht mehr ihre eigentliche Herausforderung sieht, hilft es, nach den historischen Wurzeln des lange Zeit gültigen Pflichtdenkens zu fragen.“

Dass der Stellenwert von Erwerbsarbeit, nur von der ist in Plumpes Beitrag die Rede, sich verändert hat, vor allem bezüglich seines Inhaltes, ist unstrittig, seine normative Bedeutung ist hingegen stärker als früher, man muss sich nur die Erwerbsquote anschauen und die Betreuungsquote in Kitas. Erwerbstätigkeit ist nicht mehr, wie Plumpe für frühere Zeiten behauptet, der Knappheit und dem Mangel geschuldet. Meinungsumfragen sind für eine solche Einschätzung eine schlechte Quelle, weil sie oberflächliche Selbsteinschätzungen wiedergeben. Plumpe neigt teils zu einer etwas mechanischen Deutung des Wandels im Arbeitsverhalten, obwohl er zugleich auf andere Aspekte diesbezüglich hinweist, so z. B. die anfangs religiös aufgeladene Bedeutung von Arbeit, deren normative Geltung sich heute von diesen Wurzeln schon lange gelöst hat:

„Doch Forschungen zur Sozialgeschichte des Arbeitsverhaltens haben ganz eindeutig gezeigt, dass es vor allem die mit der modernen Erwerbsarbeit verbundene Zunahme von Konsumchancen etwa bei Textilien oder bei Genussmitteln wie Tee und Zucker war, die das Arbeitsverhalten vieler Menschen zunehmend änderte. “

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