„Die falsche Gerechtigkeit“ und die Frage der Individuierung…

…damit befasste sich ein Beitrag in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, der auf ein Gespräch mit dem Soziologen Stefan Liebig (Universität Bielefeld/ Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung) zurückgeht. Darin ging es um die Frage, ob der Vorstellung von Verteilungsgerechtigkeit, also der Verteilung von Einkommensströmen, nicht ein anderes Gerechtigkeitsmoment an die Seite gestellt werden müsse, denn in jüngerer Vergangenheit hätten Vorschläge zu einer stärkeren Umverteilung im klassischen Sinne nicht die entsprechende Resonanz erhalten. Liebig, folgt man dem Bericht, macht damit auf einen interessanten Punkt aufmerksam, ob nämlich der heutige Sozialstaat und seine Vorstellung von Umverteilung nicht einem anderen wichtigen Moment des modernen Lebens entgegensteht: Selbstbestimmung und individuellem Freiraum. Diese Frage führt direkt, ohne dass es im Beitrag erwähnt würde, zum Bedingungslosen Grundeinkommen, das genau damit gerechtfertigt werden könnte. Dabei ist mit der Stärkung des Individuums nicht der Marktteilnehmer gemeint. Im Zentrum steht dabei eine Existenzvoraussetzung der modernen Demokratie: der mündige, autonome Bürger.

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„Computer kosten vor allem Männer ihre Stellen“…

…so ist ein Beitrag von Patrick Bernau in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung übertitelt, der über die Digitalkonferenz DLD berichtet, auf der Carl Benedict Frey, Universität Oxford, vorgetragen hat. Frey veröffentlichte gemeinsam mit Michael Osborne eine häufig zitierte Studie zu den Auswirkungen der Digitalisierung, siehe hier und hier.

„Scham und Schikane…“ – Folgen einer gut gemeinten Sozialpolitik, die die Schwachen schwächt

Auch wenn der reißerische Titel dieses Beitrag bei Plusminus an der Sache vorbeigeht, so greift die Dokumentation gleich zu Beginn doch ein wichtiges Thema auf, dass nämlich Rechtsansprüche von Bürgern aus Scham nicht wahrgenommen werden. Für dieses Phänomen gibt es in der sozialwissenschaftlichen Forschung den Ausdruck „verdeckte Armut“. Erfahrene Experten auf diesem Gebiet kommen ebenfalls zu Wort. Worüber berichtet wird, dass aus Scham Leistungen nicht beansprucht werden, ist eines, dass Bezieher einem komplexen Gefüge von Gesetzen gegenüberstehen, die sie nicht durchschauen, ist das andere. Am ehesten schaffen es also diejenigen, darin ihre Interessen wahrzunehmen, die diese selbstbewusst genug verfolgen. Und die anderen? Sie haben das Nachsehen. Ist das womöglich der Preis eines Verständnisses von Sozialpolitik, das zwar besonders gerecht sein will, dazu jedoch besonders komplexe Gesetze benötigt, deren Befolgung kontrolliert werden muss?! Mehr Pauschalen ohne Vorbehalte können viel leisten, und zwar gerade die erreichen, die sie besonders benötigen. Das schließt darüber hinaus gehende Leistungen keineswegs aus. Ein Bedingungsloses Grundeinkommen verliehe den Einzelnen erst die bestärkende Grundlage, um andere Leistungen selbstbewusst wahrzunehmen, auch wenn das Leben sie nicht privilegiert hat.

Sascha Liebermann