„Die Produktivität mancher Bereiche können wir also gar nicht messen“, sagt Mariana Mazzucato…

…in einem Interview auf Zeit Online. Was aber folgt daraus?

Sie scheint danach zu streben, eine geeignetere Form des Messens bzw. andere Kritierien dafür zu entwickeln, die dasjenige, was heute nicht erfasst wird, zu erfassen erlauben. Es geht in den folgenden hier kommentierten Passagen um die beschränkte Aussagekraft des Bruttoinlandsprodukts:

„ZEIT ONLINE: Wieso sollten sich solche verlagerten Effekte nicht mit den neoliberalen Messmethoden erfassen lassen? Wenn irgendwo Wertschöpfung stattfindet, fällt das schon auf.

Mazzucato: Nur wenn die Wertschöpfung sich verkaufen lässt. Im Bruttoinlandsprodukt zum Beispiel finden Sie nur jene Produkte und Dienstleistungen, die einen Preis haben. Die Produktivität mancher Bereiche können wir also gar nicht messen, zum Beispiel die unseres kostenlosen Bildungssystems. Sie können zwar angeben, wie viel Geld da reinfließt, also was Lehrer kosten und Schulgebäude. Aber keiner weiß, welchen Preis diese Leistung erzielen würde, würde man sie verkaufen. Das Gleiche gilt für das Gesundheitssystem. Hier brauchen wir neue Maßstäbe, wie wir solche Wertschöpfung quantitativ erfassen können. Nehmen Sie die sogenannte Care-Arbeit, Feministinnen sprechen darüber schon lange: Wenn Sie Ihr Kindermädchen heiraten, sinkt das Bruttoinlandsprodukt! Denn plötzlich ist eine Dienstleistung, für die bisher bezahlt wurde, kostenlos – und damit angeblich nichts mehr wert. Das ergibt keinen Sinn.“

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Brutto- oder Nettokosten? Und wieder einmal – wer braucht denn nun den Grundfreibetrag in der Einkommensteuer?

Dominik Enste redet nur über Ausgaben für ein BGE, nicht aber über Einnahmen, er kalkuliert also Brutto-, nicht aber Nettokosten in einer Kurzstellungnahme für das Institut der deutschen Wirtschaft. Entscheidend sind aber die Nettokosten, also die Ausgaben, die tatsächlich anfallen nach Abzug der Einnahmen, siehe dazu diesen Beitrag und die Verweise darin. Verwunderlich für ein Forschungsinstitut ist diese Passage:

„Auch der Kern des bedingungslosen Grundeinkommens ist unfair, weil er Ungleiches gleichbehandelt. Die Diskussion um Adidas in den vergangenen Tagen hat gezeigt, wie sehr Menschen Wert darauf legen, dass nur der unterstützt wird, der es auch wirklich nötig hat. Verteilt der Staat mit der Gießkanne Geld, kommt es bei vielen an, die es gar nicht brauchen. Es ist wichtig, das Geld gezielt an die zu geben, die in einer Notlage sind und es so an eine Bedingung zu knüpfen.“

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„Das Bruttoinlandsprodukt ökologisch und sozial zu erweitern ist eine verfehlte Strategie“…

…ein aufschlussreicher Beitrag von Norbert Häring, der Einblick in grundlegende Grenzen von Statistik gibt und in die Willkür, mit der Berechnungsstandards festgelegt werden, hier bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt. Diese Kritik ist nicht neu, aber deswegen keineswegs überholt.

Andrew Yang on why GDP (BIP in German) falls short and „what makes life worthwhile“

„Selektive Zahleninterpretation. Das Sozialbudget und die einseitige Instrumentalisierung der Euro-Beträge“…

…ein Beitrag von Stefan Sell zur wieder einmal aufgeflammten Diskussion zur Entwicklung der Sozialleistungsquoten. Wir hatten schon darauf hingewiesen. Hier ein Auszug aus Sells Beitrag.

„➔ Ein anderer, weitaus wichtigerer Einwand betrifft die sehr einseitige Darstellung von Bruttogrößen als reine Ausgaben. Ob nun gewollt oder nicht – bei dem normalen Bürger (und offensichtlich auch vielen Journalisten) wird eine Wahrnehmung der Sozialausgaben als ein reines Kostenproblem ausgelöst bzw. verfestigt. Als wenn die Ausgaben ins Nirwana fließen. Man muss an dieser Stelle doch zweierlei Klarstellungen vornehmen: Zum einen handelt es sich um Bruttoströme. Also wenn man berücksichtigt, dass die beiden größten Ausgabenblöcke mit 304,1 Milliarden Euro auf die Rentenversicherung und 228,6 Milliarden auf die Krankenversicherung entfallen, dann muss man zur Kenntnis nehmen, dass diesen Zahlungsflüssen auch wieder Rückflüsse an den Staat und die Sozialversicherungen sowie weitere Effekte gegenüberstehen. Also die Renten, die ausgezahlt werden, geben die meisten Rentner wieder aus, daraus wird Beschäftigung generiert (aus der dann Steuern und Sozialabgaben fließen) und ganze Wirtschaftszweige werden darüber finanziert (Einzelhandel usw.). Die Gesundheits- und Pflegeausgaben sind in einem großen Umfang Ausgaben, die mit Personalausgaben verbunden sind. Also schon rein fiskalisch gesehen sind die Nettogrößen ganz anders, als es die Bruttowerte nahelegen. Hinzu kommt, dass ein großer Teil der Ausgaben nachfrageseitige Effekte in der Volkswirtschaft haben, die man mit berücksichtigen muss.“

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Angesichts jüngerer Diskussionen: Sozialleitstungsquote von 1960-2012

Die Grafik bis 2016 finden Sie hier. Anlässlich der jüngst wieder verbreiteten Meldungen über die Ausgaben für den Sozialstaat ist es sinnvoll, darauf hinzuweisen, dass absolute Zahlen hierzu nicht aussagekräftig sind, sondern ihre Relation zum Bruttoinlandsprodukt. Siehe diesen Beitrag von Roberto De Lapuente.

Arbeitsvolumen, Erwerbstätige und die Jubelmeldungen zum Arbeitsmarkt

Auszug des Beitrags auf Querschüsse: „Während also seit 1991=100, dass insgesamt geleistete Arbeitsvolumen in Stunden um -0,6% bis Q2 2017 sank, stieg das nominale BIP im selben Zeitraum um knapp über 100 Prozent was den Einfluss von Produktivitäts- und Preissteigerungen auf das nominale BIP dokumentiert, aber auch den stark gewachsenen Außenbeitrag (Nettoexporte) reflektiert. Ein geleistetes Arbeitsvolumen in Q2 2017 unterhalb von 1991 verdeutlicht auch, den irgendwann zum Scheitern verurteilten Versuch, ein Sozial- und Rentensystems ausschließlich auf Erwerbsarbeit abzustellen!“

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„Jobless Recoveries“…

…eine Studie von Henry Siu und Nir Jaimovich zum Widerspruch zwischen der Entwicklung des Bruttoinlandprodukts und der Arbeitsmarktsituation in den USA. Sie schließen die Studie mit folgender Bemerkung:

„One of the big puzzles of the U.S. economy is where the jobs have gone during the most recent economic recovery. How can it be that Real GDP and stock market valuations have recovered, and yet employment has remained flat, years since the end of the Great Recession? And how does this relate to the ongoing hollowing out of the American middle-class?
We show that over the past 40 years, structural change within the labor market has revealed itself during downturns and recoveries. The arrival of robotics, computing, and information technology has allowed for a large-scale automation of routine tasks. This has meant that the elimination of middle-wage jobs during recessions has not been accompanied by the return of such jobs afterward. This is true of both blue-collar jobs, like those in production occupations, and white-collar jobs in office and administrative support occupations. Thus, the disappearance of job opportunities in routine occupations is leading to jobless recoveries.“