Was heißt das?

Wenn „Arbeitsanreize“ erhöht werden, die Wirkung aber davon abhängt, wie die „Anreize“ „wahrgenommen & darauf reagiert wird“, wirken sie nicht unmittelbar, sondern nur in Abhängigkeit davon, ob eine Person sie attraktiv findet. Dass das Verhältnis von „Anreizen“ und Wirkung komplexer ist, als es die einfache Redeweise nahelegt, wäre Anlass genug, den Begriff nicht mehr zu verwenden, weil er in die Irre führt. „Anreize“ sind letztlich nur Handlungsmöglichkeiten, die immer von einer konkreten Praxis als Möglichkeiten gedeutet werden müssen. Erst in Abhängigkeit davon, werden sie zu Gelegenheiten. In der Regel aber wird dieses Verhältnis sozialmechanisch verkürzt auf Anreiz und direkte Wirkung.

Sascha Liebermann

„Pilotprojekt Grundeinkommen“ – Forschung mit qualitativen Daten,…

…wie er dabei vorgeht, dazu gibt Prof. Antonio Brettschneider Auskunft in einem Interview (hier die Verschriftung dazu auf der Website von Mein Grundeinkommen). Die von ihm vorgestellte Forschung mit nicht-standardisierten Daten, wie die „qualitativen Daten“ besser zu nennen wären, ist insofern nicht selbstverständlich, als dass sie in der Sozialpolitikforschung eine eher randständige Rolle spielt, ganz wie in der Forschung zum Bedingungslosen Grundeinkommen auch (siehe meine Anmerkungen dazu hier). Forschungsgespräche, gemeinhin als Interviews bezeichnet, sind nur eine Form nicht-standardisierter Daten, ihre Erhebung ist das eine, wichtiger noch ist ihre Auswertung, wie dabei vorgegangen wird, wie Deutungen (Rekonstruktionen) belegt werden. So gibt es in der sogenannten qualitativen Forschung eine Spannbreite von geradezu wiederum standardisiert (subsumierend) vorgehenden Auswertungsverfahren, die den Zweck ins Gegenteil verkehren über Verfahren, deren Auswertungsweg nicht klar ist, bis zu solchen, die der Bedeutungsstruktur von Handeln möglichst nahe zu kommen versuchen (in Anlehnung an die hermeneutische Tradition, allerdings mit methodisch strengen Maßstäben, besonders elaboriert in der Objektiven Hermeneutik Ulrich Oevermanns (siehe auch hier).
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Bemerkenswert…

…ist dieser Teaser angesichts der jüngsten Diskussionen über das Ehegattensplitting, die die Stellung von Erwerbstätigkeit nicht nur nicht antastet, sondern noch erhöht. Zwar kenne ich den Beitrag nicht, doch könnte er eine interessante Alternativbetrachtung bieten.

Genau in die anderen Richtung geht dieser Beitrag.

Siehe unsere Beiträge zu dieser Thematik hier.

Sascha Liebermann

Zeichen der Zeit der vergangen beiden Jahrzehnte…

…Lindner setzt nur fort, was mindestens seit der Agenda 2010 die öffentliche Debatte geprägt hat – und zwar von beinahe allen Seiten. Anreiz, Aktivierung auf der einen, Stilllegungssorgen auf der anderen Seite.

Siehe unsere Beiträge zur Anreiz, Stilllegungsprämie, Aktivierung.

Sascha Liebermann

Emanzipation? Alle Jahre wieder…

…wird das Ehegattensplitting als Haupthindernis „emanzipatorischer“ Lebensverhältnisse angeführt, dabei geht es in der Argumentation vorwiegend darum, die Erwerbsbeteiligung von Frauen (siehe auch hier) zu erhöhen – also ein sehr bestimmtes und eingeschränktes Emanzipationsverständnis (siehe auch hier). Die Folge ist, weniger Zeit für andere Lebensbereiche zu haben.

Statt also diese Fixierung auf Erwerbstätigkeit – auch für Männer – in Frage zu stellen und die Weite des Lebens in den Blick zu bekommen, soll die Verengung vorangetrieben werden. Mit Emanzipation im politischen Sinne hat das nichts zu tun, mit Normkonformität viel. Erwerbsbeteiligung als entscheidender Beitrag, den Rest kann man der „Freizeit“ überlassen. Dabei wäre wirkliche Emanzipation eine, in der Erwerbsbeteiligung nur eine Dimension unter anderen ausmachte, nicht aber die entscheidende wäre.

Die Frage wäre also, wie gelangt man aus der Erwerbszentrierung hinaus? Das geht nur, wenn der Vorrang von Erwerbstätigkeit aufgegeben wird.

Sascha Liebermann

Means-Testing/ Bedürftigkeitsprüfung und ihre Folgen…

…nicht neu („verdeckte Armut“), dennoch werden die Folgen des Bemühens um einen „zielgenauen“ Sozialstaat unterschätzt: die Stigmatisierung der Antragsteller und Leistungsbezieher, weil sie der Erwerbsnorm nicht entsprechen bzw. der Vorstellung von „Selbstversorgung“, auf die immer hingewiesen wird, wenn davon die Rede ist, „von der eigenen Hände Arbeit“ leben zu sollen.

Sascha Liebermann

„Vereinbarkeit von Familie und Beruf“…

…von der ehemaligen Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für den Bereich Familie, Senioren, Frauen und Jugend – ohne Wimpernzucken angesichts dessen, worum es geht.

Man rechne durch: Vollerwerbstätigkeit beider Elternteile bedeutet praktisch bei der hier in Rede stehenden Einkommenshöhe sicher keinen Acht-Stunden-Tag, zuzüglich Pausenzeiten, zuzüglich Pendelzeiten zum und vom Arbeitsplatz. Von vierzundzwanzig Stunden am Tag, abgezogen Ruhezeiten, bleiben wie viele übrig, die mit der Familie verbracht werden können? Frühstück und vielleicht Abendessen. So viel zur „Vereinbarkeit„.

Statt Reden auf die „Vereinbarkeit“ zu halten, sollte man doch einfach sagen, dass die berufliche Fortentwicklung einfach wichtiger ist als Familienleben. Das wäre ehrlich und man wüsste, woran man ist.

Sascha Liebermann