Was ist das Problem von Geld- statt Sachleistungen…

…muss man sich bei manchen Einwänden gegen ein BGE wirklich fragen. Hier ist seine Zielgenauigkeit im Vergleich zur Zielungenauigkeit der bestehenden Leistungen benannt. Viele – nicht alle – Verfahren, die aufgrund der Bedürftigkeitsfeststellung nötig sind, könnten der Vergangenheit angehören. Die Bedarfsprüfung, überhalb des BGE- Betrages hätte normativ einen anderen Charakter (siehe hier).

Sascha Liebermann

Zielungenauigkeit bedürftigkeitsgeprüfter Leisungen – und die Erwerbsnorm?

Es ist immer ehrenwert, darauf hinzuweisen wie zielungenau der erwerbszentrierte Sozialstaat ist, was aber wäre die Alternative? BGE Eisenach benennt die einzige, die hieraus einen Ausweg bietet (bei allen Lockerungen die auch in der Erwerbszentrierung denkbar wären, aber nicht aus dem Dilemma hinausführten).

Siehe frühere Beiträge von unserer Seite zur Zielungenauigkeit hier, zur verdeckten Armut hier.

Woher rührt die „Stigmatisierung“?…

BGE Eisenach macht auf einen wichtigen Punkt aufmerksam, der struktureller Art ist. Die Geltung der Erwerbsnorm und die Abweichung von ihr haben alleine schon Folgen für den Einzelnen, ganz gleich, ob ihm jemand das ansieht oder ihn darauf anspricht. Die Verinnerlichung der Norm führt dazu, die Abweichung selbst schon als solche wahrzunehmen. Verstärkt wird diese Abweichung dann durch die Erfahrung mit der Institutionalisierung dieser Norm in Gestalt der Sozialadministration und der Erfüllung von Bezugsbedingungen, um Leistungen in Anspruch nehmen zu können. Erklären muss sich zuallererst derjenige, der Anträge stellt. An der Erwerbsnorm (im Sinne eines „Du sollst erwerbstätig sein“) und ihrer Befolgung werden andere Lebenslagen gemessen. Armut, die aufgrund niedriger Entlohnung entsteht, wird dann anders bewertet als Armut, die vermeintlich damit zu tun hat, nicht erwerbstätig zu sein. Insofern stellt sich zurecht die Frage, ob denn diese Armut unter Bedingungen eines BGE noch entstehen könnte oder gar aufgehoben sei, weil 1) die Inanspruchnahme des Existenzminimums nicht mehr beantragt werden müsste und 2) die Bereitstellung ohne Beantragung genau zum Ausdruck brächte, dass der Einzelne um seiner selbst willen und um der Gemeinschaft willen keine Bringschuld hätte. Welche weiteren Folgen dadurch gemindert oder aufgehoben würden, die heute in Verbindung mit der geltenden Erwerbsnorm stehen, kann man nur erahnen (siehe hier).

Sascha Liebermann

Berechtigte Fragen, Unhinterfragtes und Vereinseitigungen – Rainer Hank über Arbeitslosigkeit und Bedingungsloses Grundeinkommen

In einem Gastbeitrag für die Neue Zürcher Zeitung befasst sich Rainer Hank, ehemaliger Leiter der Wirtschafts- und Finanzredaktion der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung, mit dem Konzept einer „Work-Life-Balance“ sowie der Diskussion über Bullshitjobs. Seinen Beitrag beginnt er mit dem biblischen Gleichnis von Martha und Maria, um damit einzuführen, dass Arbeit lange einen „schlechten Leumund“ gehabt habe. Allerdings geht es in dem Gleichnis um Hausarbeit, also gerade nicht lohnförmige Arbeit. Das sei hier herausgestellt, weil Hank in der Folge den Arbeitsbegriff mit Erwerbstätigkeit gleichsetzt bzw. mit solcher Arbeit, „die produktiv ist“. Arbeit bringe „Sinn und Geld“ in das Leben, damit geht es schon alleine um Erwerbstätigkeit. Wie ist es aber mit dem „Sinn“ anderer Arbeit? Der fällt unter den Tisch. Hank stellt indes angemessene Fragen, so nach der sonderbaren Separierung von Leben und Arbeit im Konzept der „Work-Life-Balance“.

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Wer Stigmatisierung nicht will, muss die Bereitstellungsbedingungen verändern – Sprachkosmetik hilft nicht weiter

„Arbeitslosigkeit und Gesundheit: Immer mehr Hartz-IV-Bezieher sind arbeitsunfähig“ – zwei gegenläufige Schlussfolgerungen…

…lässt diese Meldung von O-Ton-Arbeitsmarkt zu. Darin heißt es unter anderem:

„Aus Sicht der Wissenschaft gibt es einen kausalen Zusammenhang zwischen der tatsächlichen Beschäftigungslosigkeit und Gesundheit bzw. Krankheit. So erhöhen nicht nur vorhandene physische und psychische Einschränkungen das Risiko, arbeitslos zu werden. Mehrere Studien deuten auch darauf hin, dass sich Arbeitslosigkeit negativ auf die psychische Gesundheit der Betroffenen auswirkt. Hierauf weist beispielsweise der Fehlzeiten-Report 2018 der Krankenkasse AOK hin.“

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