Rückkehr zum Gewohnten

Ein Bedingungsloses Grundeinkommen als Entmündigungsinstrument? Vermeintliche Entmündigung kritisieren, sie dann selbst praktizieren

Norbert Häring hat einen Beitrag zum „universellen Grundeinkommen“ verfasst, auf den ich gestern schon hinwies. Er greift hierbei offenbar auf die Übersetzung des in der internationalen Diskussion gebräuchlichen Begriffs „universal basic income“ zurück. In der deutschen Diskussion wird meist vom Bedingungslosen Grundeinkommen gesprochen. Wer sich ein wenig kundig macht, findet dazu auch Kriterien, die charakterisieren, wovon die Rede sein soll, so z. B. beim Basic Income Earth Network oder dem Netzwerk Grundeinkommen. Wir reden hierbei also über etwas, das relativ deutlich eingegrenzt werden kann, auch wenn das in der öffentlichen Diskussion nicht immer beachtet wird, so dort, wo der Begriff für vollkommen andere Vorschläge wie z. B. ein „Solidarisches Grundeinkommen“ gekapert oder auch einmal behauptet wird, Hartz IV sei ja so etwas wie ein Grundeinkommen.

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Verklärung des Missbrauchs zur Grundidee – treffend von BGE Eisenach

Norbert Häring, der im allgemeinen interessante Beiträge zu wirtschaftspolitischen Fragen verfasst, ist bislang allerdings auch nicht durch eine unbefangene Auseinandersetzung mit einem Bedingungslosen Grundeinkommen aufgefallen. Vielleicht war dies hier eine günstige Gelegenheit das fortzusetzen, siehe meinen früheren Kommentar hier.

Sascha Liebermann

„Sozial ist, was Arbeit schafft?“ – Was ist der Zweck des Wirtschaftens?

Lindner vermischt – oder muss man sagen: verwechselt? – hier zwei Fragen, die eine nach der Wertschöpfung und die andere nach der Einkommenssicherung. Beides hängt nicht unmittelbar miteinander zusammen, Lindner verkehrt sogar ihr Verhältnis, denn es sollte doch dasjenige Vorrang haben, was zu Wertschöpfung führt. Die Frage der Einkommenssicherung lässt sich eben auch anders beantworten, mit einem Bedingungslosen Grundeinkommen. Dann werden wir sehen, wie viel effizienter und effektiver wir produzieren können, als es bislang der Fall ist. Mit Lindners Verkehrung würden (Erwerbs-)Arbeitsplätze zum Hauptzweck des Wirtschaftens, Unternehmen würden an ihrem Beitrag dazu gemessen, verwandelten sich geradezu in Erziehungsanstalten zur Erhaltung der „Arbeitskraft“. Beschäftigung ist aber kein Selbstzweck.

Frühere Kommentare zu Beiträgen Christian Lindners finden Sie hier und hier.

Sascha Liebermann

„Es wirkt schon, wenn man darüber nachdenkt“

Anerkennung oder Verhöhnung? – Grundrente ab 35 Beitragsjahren!

„Ich will nicht dafür bezahlt werden, dass ich meine Kinder ins Bett bringe“ – und was wäre der Ausweg?

In ihrem Beitrag in der Berliner Zeitung greift Sabine Rennefanz einen wichtigen Aspekt in der Diskussion um „unbezahlte Arbeit“ auf, und zwar die Frage danach, wie diese Leistung Anerkennung finden kann, ohne entweder als bloße Privatsache eingestuft oder in Anlehnung an ein Erwerbsverhältnis bezahlt zu werden. Selbst die Forderung nach einem „Nachteilsausgleich“, auf den sie sich bezieht, orientiert sich noch an Erwerbsverhältnissen, z. B. Lohneinbußen, Einbußen im Erwerb von Ansprüchen an Arbeitslosen- oder Rentenversicherung oder ähnliches.

Die Autorin wendet sich gegen die Kommodifizierung eines bestimmten Beziehungsgefüges, hier des familialen. Wie will sie das erreichen? Durch eine „familienfreundliche[re]“ „Arbeitswelt“ (siehe zur „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ hier), also womöglich andere Arbeitszeitmodelle, Väter sollen mehr in die Pflicht genommen werden – es fragt sich nur von wem und wie, etwa zwangsverpflichtet?

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„The incentives to take risks in this society are not good“…

…Ian Orton trifft einen wichtigen Punkt, denn die Bereitschaft, freimütig zu handeln, hängt von den persönlichen und gemeinschaftlichen Ausgangsbedingungen ab. Statt „incentive“, im Deutschen häufig mit „Anreiz“ übersetzt, würde ich aber eher davon sprechen, welche Knüppel in den Weg geworfen werden, welche Hemmnisse also aus dem Weg geräumt werden könnten. Vertraut eine Gemeinschaft auf diese grundsätzliche Initiative oder meint sie, diese „aktivieren“ zu müssen. Ein Bedingungsloses Grundeinkommen vertraut darauf, Anreizdenken sieht das Hemmnis beim Einzelnen.

Sascha Liebermann