Wenn wir etwas ändern wollen, dann müssen wir es auch tun: Sanktionen durch Jobcenter, Regelsatzentzug

Ralph Boes von der Bürgerinitiative bedingungsloses Grundeinkommen Berlin hat sich schon vor mehr als einem Jahr mit seinem Brandbrief dazu entschlossen, gegen die von Misstrauen getränkte Sozialpolitik, die seit der SPD-Grünen Regierung unter Kanzler Schröder (die betreffenden Parteien neigen hier in der Frage, wer dafür verantwortlich ist, zu Vergesslichkeit) stärker denn je betrieben wird, vorzugehen. Nun treffen ihn die Sanktionen des Jobcenters. Dabei ging es und geht es Ralph Boes nicht um seine individuelle Lage, es geht um eine Sozialpolitik, die jeden von uns unmittelbar treffen kann, sobald er oder sie auf Arbeitslosengeld II oder auch andere Leistungen angewiesen ist, eine Sozialpolitik, die nicht für Pluralität und Vielfalt von Lebensentwürfen, sondern für Einförmigkeit und Erwerbsfixierung steht. Mittelbar trifft sie uns alle als Bürger eines Gemeinwesens heute schon; denn solange wir diese Praxis tragen bzw. dulden und nicht dagegen vorgehen und Vorschläge unterbreiten, die andere Wege eröffnen – wie das Bedingungslose Grundeinkommen -,  sind wir dafür verantwortlich, dass sie weiterbesteht. Es sind eben nicht „die Politiker“, die darüber befinden, wie wir zusammenleben, es sind wir Bürger, die sich erheben müssen, wenn wir das für falsch halten. Wie viele sich gegen diese Praxis wehren, lässt sich vielleicht an den Klagen gegen ALG II-Bescheide ermessen. Womöglich gibt es noch mehr Menschen, die sich nicht wehren, nicht zu wehren trauen oder nicht wissen, was sie tun können. Auch dazu finden sich Tipps auf der Website des Brandbriefs. Andere wehren sich auch, wie z.B. Torsten Büscher (Projekt Peine). In vielen Städten gibt es auch unabhängige Beratungsstellen, die weiterhelfen. Wenn wir etwas ändern wollen, dann müssen wir es auch tun.

Sascha Liebermann

„Irrweg Grundeinkomen“ – ein angekündigtes Buch hat Autoren und Titel geändert

Im Frühjahr wiesen wir auf eine Buchankündigung hin, deren Veröffentlichung sich offenbar verzögert hat. Nun soll das Buch im November erscheinen, allerdings mit teils anderen Autoren und unter einem veränderten Titel. Am Ankündigungstext hat sich nichts geändert. Liest man ihn als Ausblick auf das Buch, dann scheinen sich die Autoren nicht allzu differenziert mit dem Grundeinkommen auseinanderzusetzen. Alleine schon die Gegenüberstellung eines sorgenlosen Lebens mit Grundeinkommen und eines mühseligen mit Leistung und Arbeit verbundenen, ist einfältig. Angesichts einer großen Anzahl sachlich klarer Veröffentlichungen zum Grundeinkommen – auch internationaler – kann man sich nur wundern. Oder legt der Ankündigungstext vielleicht eine falsche Fährte und das Buch wartet etwa mit starken Argumenten gegen das Grundeinkommen auf? Zumindest würde das die Diskussion bereichern.

Aus der Ankündigung:

Freiheit, Gleichheit, Grundeinkommen?

Ist das bedingungslose Grundeinkommen das Tor zur „schönen neuen Welt“, in der alle nach ihren Bedürfnissen, Vorstellungen und Fähigkeiten sorgenlos leben können? Oder ist es nicht vielmehr eine gigantische potemkinsche Fassade, die die bittere Realität verführerisch verdeckt? Reiche werden immer reicher, Arme immer ärmer, und eine Clique feudaler Finanzmogule teilt die Welt unter sich auf – diese Zustände kann das Grundeinkommen jedenfalls nicht beseitigen.
Das bedingungslose Grundeinkommen ist ein Irrweg. Befürworter sehen es als bequemen und rettenden Ausweg, um – gestützt auf permanenten Konsum und exorbitante Besteuerung vor allem der Arbeitnehmer – die Menschenwürde des Einzelnen und die Grundlagen der Gesellschaft zu bewahren. Zweifellos gut gemeint, doch so würden nach Auffassung der Autoren die fundamentalen finanziellen, sozialen und gesellschaftlichen Ungleichheiten weiter verschärft. Um die Probleme zu lösen, bleibt nur diese Konsequenz: den eher mühseligen Weg gehen und durch Leistung, Arbeit, gerechte Entlohnung, ein strikt nach Leistungsfähigkeit bemessenes Steuer- und Sozialsystem, Umverteilung von Einkommen und Vermögen von oben nach unten sowie eine zukunftsorientierte Ausgabenpolitik unsere Existenz und die unserer Kinder sichern.

Über die Autoren 

Heiner Flassbeck arbeitet seit 2000 bei der UNCTAD (United Nations Conference on Trade and Development) in Genf, seit August 2003 ist er dort Direktor der „Division on Globalization and Development Strategies“. 1980-1986 Arbeit im Bundesministerium für Wirtschaft in Bonn. 1986-1998 Abteilungsleiter Konjunktur im Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin. 1998-1999 Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen unter Oskar Lafontaine. Im März 2005 wurde er zum Honorarprofessor an der Universität Hamburg ernannt.
Friederike Spiecker hat nach ihrem Studium der Volkswirtschaftslehre an der Uni Konstanz (1986-1991) in der Konjunkturabteilung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung in Berlin gearbeitet. Seit 1998 verbindet sie die Erziehung von drei Kindern mit publizistischer Tätigkeit zu den Bereichen Konjunkturpolitik, Makroökonomie und Arbeitsmarkt.
Volker Meinhardt ist Dr. Wirtschaftswissenschaftler (Dipl. Vw, Dipl. Kfm). , wissenschaftlicher Mitarbeiter am DIW bis 2005, Lehrtätigkeit Evangelische Hochschule Berlin ( 1989 bis 2011), Clark University, Worchester,(Mass, USA) 2001/2002. Arbeitsschwerpunkte: Finanzierung der Sozialpolitik, Alterssicherung, Grundsicherung.
Dr. Dieter Vesper war bis 2007 im DIW verantwortlich für Grundsatzfragen der Finanzpolitik. In den letzten Jahren arbeitete er freiberuflich, Arbeitsschwerpunkte waren Fragen der Staatsverschuldung und Stabilisierungspolitik, die Finanzbeziehungen zwischen Bund, Ländern undGemeinden, der Finanzausgleich sowie der Öffentliche Dienst.“

„Die Legende vom heiß begehrten Ingenieur“ – Reportage und Diskussion bei „report München“

Über Fachkräftemangel wird schon länger debattiert, gibt es ihn oder gibt es ihn nicht. report München berichtete im vergangenen Juli darüber, im blog der Sendung entspann sich eine Diskussion um die Frage, was dran ist am Fachkräftemangel. Hier ein Beitrag zur Sache auf den Nachdenkseiten, die immer wieder über die zweifelhafte Datengrundlage der Diskussion berichtet haben.

„Jeder Anreiz fällt weg“

Grundeinkommen.ch meldet: „Ein Streitgespräch in der Aargauerzeitung von Daniela Schwegler. Im Zentrum der Debatte steht der Begriff der Eigenverantwortung. Ist es eigenverantwortlich für sich selber zu sorgen? Oder ist es eigenverantwortlich nur Dinge zu tun, die man aus freiem Willen tut?
Epochale Entscheidung – Jeder Anreiz fällt weg“

„Streit um eine Utopie“ – Schweizer Wochenzeitung zum Grundeinkommen

Die Tageswoche, eine Schweizer Wochenzeitung, widmet ihre aktuelle Ausgabe dem Bedingungslosen Grundeinkommen unter anderem durch ein Streitgespräch zwischen Oswald Sigg, einer der Initianten der Volksinitiative und Mitglied der SP, und Corrado Pardini, Gewerkschafte der Unia und ebenfalls Mitglied der SP. Hier geht es zum Interview.