„…dass der Reichtum unseres Landes eher auf Leistungswillen basiert als auf schrankenloser Selbstverwirklichung…“

…so Dieter Sattler in der Frankfurter Neuen Presse. Ein Beitrag, der sich auf die Sache nicht einlässt und schlicht die Position des Autors zementieren will. Wer Leistungswillen und Selbstverwirklichung in einen Gegensatz bringt, übergeht die Frage, worin der Zusammenhang zwischen beiden bestehen könnte. Leistungsbereitschaft kann es nicht geben, ohne dass der Einzelne einen Sinn in der Sache erkennt, der er dienen soll.

Sascha Liebermann

„Warum wir kein bedingungsloses Grundeinkommen brauchen“…

…dazu äußert sich Frank A. Meyer, Publizist, auf der Website der Schweizer Tageszeitung Blick. Meyer ist in Deutschland durch die Sendung „vis à vis“ bekanntgeworden, die auf 3sat lief. Die kurze Videostellungnahme ist ein gutes Beispiel dafür, wie widersprüchlich Einwände gegen ein Bedingungsloses Grundeinkommen ausfallen können und wie wenig derjenige es bemerkt, der sich äußert. Ganz ähnlich wie bei Meyer war es einst bei Christian Lindner (FDP). Wer davon überzeugt ist, dass der Mensch etwas bewerkstelligen wolle, darüber spricht Meyer, müsste für ein BGE plädieren.

Sascha Liebermann

„Ich glaube, wir unterschätzen, welchen Wert Arbeit hat“ oder die Stigmatisierung durch den Sozialstaat?

Den ersten Teil in Anführungszeichen soll Tarek Al-Wazir, Stellvertreter des Hessischen Ministerpräsidenten Volker Bouffier und Minister in seinem Kabinett, laut Angaben des Gießener Anzeigers anlässlich einer Veranstaltung im Rahmen der Landtagswahl in Hessen gesagt haben. Er bezog sich damit auf ein Bedingungsloses Grundeinkommen. Hier das Zitat:

„Ebenfalls uneins mit dem Politiker waren sich zwei Fragesteller in Bezug auf das bedingungslose Grundeinkommen. „Ich glaube, wir unterschätzen, welchen Wert Arbeit hat“, so Al-Wazir, der sich für eine Lösung im bestehenden Sozialsystem aussprach. Insbesondere die Aktivierung von Langzeitarbeitslosen funktioniere nicht und so dürfe es keine Sanktionen, sondern müsse es Angebote geben. „Wir müssen einen sozialen Arbeitsmarkt schaffen“, betonte der Grünen-Spitzenkandidat. „Die Menschen vereinzeln und es fehlt ihnen an gesellschaftlichem Anschluss“. Das bedingungslose Grundeinkommen ist dabei seiner Ansicht nach „keine Lösung“.

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„Der Arbeitgeber wird zum Gott“…

…ein zugespitzes Zitat aus einem Interview mit dem ehemaligen Investmentbanker Rainer Voss („The Master of the Universe“), in dem die differenziertere Passage so klingt:

„In dieser Finanzblase habe ich ganz grundlegende normale Lebensfähigkeiten verloren. Die Fetischisierung der Arbeit ist, denke ich, ein gesamtgesellschaftliches Problem: wir sind unfähig zum Müßiggang. Heute bezeichne ich mich als Privatier; das Geld, das ich heute besitze, bedeutet für mich Freiheit. Schon Dostojewski sagte „Geld ist geprägte Freiheit“, wir begreifen es aber eher als Käfig! Ich bin deswegen ein großer Anhänger des bedingungslosen Grundeinkommens. Nur wer nicht im Hamsterrad dreht, kann anfangen, Sinnvolles zu tun.“

Die Fetischisierung von Erwerbsarbeit, sie hat er wohl im Auge, ist allerorten zu greifen, wenn wie selbstverständlich andere Leistungsformen übersehen („unbezahlte Arbeit“) werden. Dass Muße gerade Quelle der Entstehung von Neuem ist, dass sie notwendig ist, um eingefahrene Wege verlassen zu können, wird – wir Voss zurecht beklagt – nicht gesehen.

Sascha Liebermann

„Das Hirn braucht Leerlauf“ – aber wie gelangen wir dorthin?

Die Forderung Susanne Messmers in der taz ist einfach und klar. Am Ende des Beitrags heißt es:

„Die Warnungen von Kritikern wie Guillaume Paoli, Alix Faßmann und Anselm Lenz mögen manchmal zugespitzt sein, aber sie haben auch einen wahren Kern. Je eingespannter wir sind, desto weniger fällt uns ein. Kein neuer Gedanke ohne wenigstens ein bisschen Leerlauf im Kopf. Der Mensch braucht Muße, und es wird immer schwieriger, sie zu verteidigen.“

Ja, Muße, nicht Faulheit, darum geht es. Aber wie Muße ermöglichen, ohne daraus eine Mußemaßnahme, Mußeverordnung oder Mußeverteilung zu machen? Darüber schweigt sich die Autorin aus. Sonderbarerweise kein Wort vom Bedingungslosen Grundeinkommen – obwohl in derselben Zeitung darüber regelmäßig geschrieben wird. Gerade das BGE hätte aber das Zeug dazu, diese Freiräume zu schaffen, derer Muße bedarf, um entstehen zu können: ohne Anleitung, ohne Hinführung, ohne Zuteilung. Einfach so – durch Ermöglichung.

Sascha Liebermann