Ungeschminkt, klare Ansage,…

…anders als manche, die das Bürgergeld verklären, redet Hubertus Heil im Gespräch mit dem Deutschlandfunk Klartext. Keineswegs werde auf Mitwirkungspflichten verzichtet, Sanktionen bleiben selbstverständlich als Instrument bestehen – steht ja auch so im Gesetzentwurf. Die Grundstruktur im Vergleich zu Hartz IV ändert sich eben nicht, wenn es auch systemimmanente Verbesserungen gibt.

Interessant sind die Ausführungen Heils aber auch, um die Widersprüchlichkeiten in der Haltung gegenüber dem Einzelnen zu erkennen. So heißt es an einer Stelle:

„Zwei Drittel der Langzeitarbeitslosen in Deutschland haben keine abgeschlossene Berufsausbildung. Im alten Hartz-IV-System ist es dann oft so, dass man die mal kurzfristig in Hilfsjobs bekommt. Das Jobcenter sieht sie nach ein paar Monaten wieder. Jetzt sagen wir, wir schaffen auch die Möglichkeit, auch Anreize, tatsächlich einen Berufsabschluss nachzuholen, sich zu qualifizieren und damit dauerhaft in Zeiten des Fachkräftemangels in Arbeit zu kommen. Das ist meine Vorstellung eines Sozialstaats, der unbürokratischer und verlässlicher Menschen in Not absichert, aber der vor allen Dingen Brücken aus der Bedürftigkeit baut.“

Angebote zu schaffen, Möglichkeiten zu bieten, ist immer gut, die Frage stellt sich, bedarf es dazu aber Sanktionen und Mitwirkungspflichten? Ob eine abgeschlossene Ausbildung wirklich etwas an der Situation ändern würde, sei dahingestellt. Vermutlich sind es noch ganz andere Herausforderungen und womöglich Sorgen, die den Grund für den langen Verbleib im Arbeitslosengeld darstellen (siehe dazu hier und hier). Das wären womöglich gute Gründe dafür, dass jemand die Leistung lange in Anspruch nehmen muss und womöglich auch dafür, dass er keine Ausbildung abgeschlossen hat. Für diejenigen, für die es nur am Angebot gefehlt hat, ist es hilfreich, solche zu haben. „Brücken“, wie Heil es nennt, können ohne Sanktionen und Mitwirkungspflichten ebenso gebaut werden – soll der Einzelne über sie gehen können, müssen oder herübergezogen werden? Wer aber von „Anreizen“ spricht, das ist klar, lässt gute Gründe nicht gelten, denn Anreize sollen locken.

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Eindimensional in einem fort,…

…Attraktivität von Erwerbstätigkeit bemesse sich nur daran, ob es sich des Einkommens wegen „lohnt“. Als gäbe es nicht andere Dimensionen, die mindestens genauso bedeutend sind. Überhaupt die Vorstellung, Einkommenserzielung sei das entscheidende Moment, ist schon eindimensional und übersieht, dass die Möglichkeit, beitragen zu können als solches eine große Bedeutung hat. Wo das nicht der Fall ist, gibt es gute Gründe.

Sascha Liebermann

Wortverschönerung statt klare Ansage…

…, so muss man wohl nennen, was BGE Eisenach kommentiert. Es gibt beim Bürgergeld weiterhin eine Mitwirkungspflicht – ist natürlich keine Einschüchterung, wenn sie mit Sanktionen einhergehen kann, sondern „begleitend“ und „fördernd“.  Man sollte besser beim Namen nennen, worum es geht, statt die Realität zu verleugnen: bestehende sanktionsbewehrte Leistungen werden etwas verbessert, die Sanktionsbewehrung bleibt erhalten, um disziplinieren zu können, denn Erwerbsarbeit ist die wichtigste Leistung, die zum Gemeinwesen beigetragen werden kann. Deswegen muss der Leistungsbezug mit Verpflichtungen zur Gegenleistung versehen werden.

Es ist glaubwürdiger, einfach auszusprechen, was das Ziel sanktionsbewehrter Leistungen ist, als drumherum zu reden. Man nehme nur den Regierungsentwurf zum Bürgergeld und lese § 15a:

„Vertrauenszeit und Kooperationszeit

(1) Mit der Erstellung eines Kooperationsplans beginnt eine sechsmonatige Vertrauenszeit. Während der Vertrauenszeit überprüft die Agentur für Arbeit regelmäßig, ob die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person die im Kooperationsplan festgehaltenen Absprachen einhält. Während der Vertrauenszeit führt die Verletzung von Pflichten nach § 31 nicht zu Leistungsminderungen nach § 31a.“

Danach eben schon.

Sascha Liebermann

Erwartbare und wiederholte Reaktionen sowie die Frage…

…, welche Art von Arbeitnehmer die Unternehmen denn eigentlich haben wollen?

Die jüngsten Stimmen zum Bürgergeld-Entwurf erwecken den Eindruck (z. B. hier im Spiegel-Beitrag), als gehe es nicht um Leistungsbereitschaft und -fähigkeit, sondern einzig und alleine darum, dass jemand einer Erwerbstätigkeit nicht ausweichen kann. Unternehmen, so scheint es, brauchen weniger leistungsbereite Mitarbeiter als von der Not getriebene. Sind das wirklich noch Unternehmen bzw. Unternehmensverbandsvertreter oder nicht vielmehr Erziehungsanstalten und ihre Vorsteher, die solche Einwände vorbringen? Wer davon überzeugt ist, dass Not und Druck die Voraussetzung dafür sind, Leistung zu erbringen, will Mitarbeiter haben, die er stetig beaufsichtigen muss. Wie förderlich wäre das für ein Unternehmen?

Sascha Liebermann

Man könnte auch einfach auf die Bereitschaft setzen…

…und wo sie nicht besteht, davon ausgehen, dass es dafür gute Gründe gibt (siehe hier). Dann müsste man nicht etwas über den grünen Klee loben, das nur eine Verbesserung innerhalb des bestehenden Systems mit sich bringt, ohne Sanktionen aufzugeben. Auch „Anreize“ sprechen dem Einzelnen zuerst einmal ab, von sich aus bereit zu sein, „Anreize“ sollen ja mehr sein als ein Angebot, es sei denn, hier sollen sie einfach für „Möglichkeiten“ stehen, das sollte man dann besser sagen. Denn Angebote können ausgeschlagen werden.

Sascha Liebermann

„Das neue Bürgergeld scheint mir keine Überwindung von Hartz IV“…

…und das hatte sich schon ganz früh abgezeichnet, als davon gesprochen wurde, Hartz IV solle überwunden werden. Dabei ist es geblieben. Siehe meine Kommentar dazu z. B. hier, hier und auch hier.

Sascha Liebermann

Absicherung mit Androhung oder Existenzsicherung ohne Vorbehalt?…

…darum geht es bei der Diskussion über „Hartz IV“, das „Bürgergeld“ und ein Bedingungsloses Grundeinkommen.