„Free Money Society“ – Diskussion in Amsterdam über das Bedingungslose Grundeinkommen

Pakhuis de Zwijger und das Goethe Institut waren gemeinsam Veranstalter der Diskussion über das Bedingungslose Grundeinkommen. Hier die offizielle Ankündigung:

„The idea behind a basic income seems to be a simple one: everyone gets – unconditionally – a specific amount of money and is therefore freed from the corset of wage working. This freedom of doing without worrying about money can be used in every manner: creative, productive and positive. Dreams, ambitions, and longings can be realized – so says the theory. But can we afford it? Who has to pay for it and what are the disadvantages? Is this vision created by an idealistic and privileged perspective? What about lazy people?“

„Grundeinkommen fürs schlechte Gewissen“…

…ein Beitrag von Alfred Krüger auf ZDF heute über die Zustimmung zum Grundeinkommen im Silicon Valley. Überlegungen in die gleiche Richtung hatte vor kurzem auch Adrian Lobe in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung angestellt.

In dem Beitrag unter „Pro“ wird Michael Opielka mit einer interessanten Äußerung zitiert:

„Impuls für Migrationspolitik: Als weiteres Argument komme hinzu, dass das Grundeinkommen ein Impuls für die Politik wäre, die Einwanderungspolitik auf klare Grundlagen zu stellen, sagt Opielka. „Die Gesellschaft müsste eindeutig klären, wem sie nach welchen Kriterien nur auf Zeit einen Schutz vor Verfolgung gewährt. Und wen sie dauerhaft aufnimmt, dem würde dann auch das Recht auf das Grundeinkommen garantiert.““

Das BGE würde also damit einhergehen müssen zu klären, wir wir als Gemeinwesen zur Einwanderung stehen. Angesichts des Hin und Her in der jüngeren Vergangenheit würde dies auch Einwanderern signalisieren, dass sie nicht einen Status erhalten, weil sie am Erwerbsleben teilnehmen, sondern weil sie in Deutschland leben wollen. Die Bedingungen dafür definieren wir.

Sascha Liebermann

„80 Prozent der neuen Jobs entstehen im Niedriglohnsektor“…

…so Andy Stern in einem Interview für Die Zeit. Der ehemalige Präsident der US-amerikanischen Gewerkschaft Service Employees International Union hat sich wiederholt pro Grundeinkommen geäußert. Auch dieses Mal aber bleibt das Bedinungslose Grundeinkommen – so ist es im Interview übersetzt, Stern sprach bislang meist von Basic Income – reaktiv, es ist Reaktion auf eine Entwicklung, die als Bedrohung daherkommt: Digitalisierung, Automatisierung, Rationalisierung. In diesen Passagen wird das deutlich:

„Stern: Es sind uralte Denkgewohnheiten, die dem [den BGE, SL] widersprechen. Stellen Sie sich vor, dass Trucks ohne Fahrer fahren dürfen – technisch ist das ja schon möglich. Wir sprechen hier nicht über Science-Fiction, sondern in wenigen Jahren wird das Truckfahren anschlussfrei wegfallen, also dreieinhalb Millionen Jobs in den USA. Hinzu kommen nahestehende Jobs, etwa eine Million Versicherungsmitarbeiter, ein bis zwei Millionen Reparaturwerkstätten, Tankstellen, Motels, Restaurants und so weiter. Ein Heer von Arbeitslosen – beim Wegfall von nur einem Beruf! So werden an vielen Stellen technische Lösungen schlagartig unzählige Menschen arbeitslos machen. Diese Einsicht ist schmerzhaft. Wo sollen auf die Schnelle Jobs für all diese Menschen herkommen? Darauf müssen wir uns jetzt vorbereiten.“

Und auch hier:

Stern: Ein Grundeinkommen hilft, dass jeder ein tragendes Standbein hat und sein Spielbein selbstständig entwickeln kann, auch wenn der Job weg ist. Wenn wir dieses Standbein nicht bedingungslos gewähren, verlieren unzählige Menschen in Zukunft völlig ihren Halt. Diese ökonomische Grundbasis sollten wir uns zugestehen. Dann kann das zentrale Credo der Arbeitsgesellschaft wieder fruchtbar sein, nämlich Arbeit als Möglichkeit zum sozialen Aufstieg. Allerdings mit umgekehrten Vorzeichen, weil nicht mehr der Staat die Menschen in Arbeit bringt, sondern sie ökonomisch befreit, damit sie sich selbst verwirklichen können. Die meisten Erfindungen und Geschäftsideen scheitern heute, bevor sie versucht werden, aus Angst vor dem sozialen Abstieg.“

Treffend wird beschrieben, inwiefern ein BGE hilfreich wäre, wenn diese Entwicklung einträte, es wird aber auf sie beschränkt. Es geht nur um Arbeit, Erwerbsarbeit, um genauer zu sein. Es geht um ökonomische Befreiung, wie er gegen Ende des zweiten Zitats sagt. Dass ein BGE vor allem dem Geist der Demokratie entspricht, ganz gleich welche Folgen die Digitalisierung hat, dass ein BGE dem gerecht würde, was schon heute für das Zusammenleben in Demokratien unerlässlich ist: Vertrauen in das Individuum und zugleich Loyalität zum Gemeinwesen – davon kein Wort. Damit bleibt das BGE eine Reparaturmaßnahme und erhält keine davon eigenständige Begründung (siehe auch hier und zur Bedeutung von Feldexperimenten hier).

Sascha Liebermann

„Grundeinkommen abstimmen – Jetzt müssen wir selber ran“

Die Aktion „grundeinkommen abstimmen“ from OMNIBUS on Vimeo.

Es handelt sich unter anderem um einen Zusammenschnitt der Veranstaltung „Grundeinkommen abstimmen“ in Berlin am 29. Mai.

Siehe auch den Blogbeitrag von Susanne Wiest dazu und die Frage, ob der Impuls, Volksabstimmungen auf Bundesebene in Deutschland einzuführen, nicht in die Bundestagswahlkampagnen 2017 getragen werden kann und wie.

„Grundeinkommen verschärft Ungleichheit“…

…meint Obamas ökonomischer Berater laut einem Bericht der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Zweierlei ist an dem Beitrag interessant. Zum einen hält der Ökonom die Herleitung des BGE aus den Folgen der Digitalisierung für nicht zwingend (siehe meine Kommentare dazu hier und hier). Zum anderen sieht er die Gefahr, dass ein BGE die Ungleichheit verschärfe, weil es die „Armut bekämpfende Sozialpolitik“ ersetze. Nun müsste man sich hier doch fragen, ob diese Sozialpolitik nicht einen entscheidenen Haken habe. Sie setzt auf Druck und Sanktionen und nicht auf Autonomieförderung durch Sicherheit. Genau das aber würde ein BGE tun und wäre damit die bessere Sozialpolitik.

Sascha Liebermann

Direkte Demokratie nach dem „Brexit“ – ein Gespräch mit Andreas Gross…

…sendete das Schweizer Radio. Angesichts manch bezeichnender Kommentare zur Abstimmung, die sogleich die Überforderung des Volkes als Problem ausmachen, ein Gegengewicht. Obwohl dann am Ende dies steht: „Der Erfolg der Schweizer Demokratie liegt aber darin, dass sie den Bürger direkt mit den Folgen seiner Entscheidungen konfrontiert. Meistens im Kleinen, hin und wieder auch im Großen. Aus Schweizer Sicht kann die Konsequenz aus dem Brexit daher nicht lauten: weniger abstimmen lassen. Sondern: viel, viel mehr.“ Ja, hier würde ich zustimmen und dennoch würde ich nicht unterstellen, dass die Briten überfordert waren. Denn zum einen hatte Großbritannien immer eine Sonderstellung in der Europäischen Union, zum anderen ist das Votum zuerst einmal, ganz im Schweizer Sinne, ernst zu nehmen. Mit den Konsequenzen werden die Briten ja schon konfrontiert. Allerdings, sind das auch die typischen Reaktionen aus der EU, die sie vernehmen und insofern sie doch auch bestätigen mögen.

Sascha Liebermann