„Ist das Arbeitslosengeld zu hoch, sinkt der Anreiz, sich einen Job zu suchen“ – von wegen Binsenweisheit…

…, die Behauptung passt gut zu meinem gestrigen Beitrag zur vermeintlichen „poverty trap“. Hier die wörtlichen Ausführungen Martin Kochers, Arbeitsminister Österreichs in einem Interview mit Der Standard. Kocher antwortet auf die Frage danach, was er von der Erhöhung des Arbeitslosengeldes halte:

„Kocher: Hierzu gibt es kaum Studien, es gab aber auch zuvor nicht solch eine Ausnahmesituation. Wir wissen aber, dass der Anreiz, sich einen Job zu suchen, sinkt, wenn das Arbeitslosengeld zu hoch ist. Das ist für sich genommen eine Binsenweisheit. Es geht also darum, wie das Modell aussieht. Deshalb war ich Verfechter eines Modells, wonach die Entschädigung am Anfang höher ist und dann absinkt. Generell würde ich es als schlecht empfinden, jetzt in der Krise das System zu ändern.“

Von wegen Binsenweisheit, ein Klischee ist diese simple Formel und nur aufrechtzuerhalten, wenn Befunde aus der dynamischen Armutsforschung nicht zur Kenntnis genommen werden. Wiederholt ist von verschiedener Seite darauf hingewiesen worden, dass es den schlichten Zusammenhang zwischen Höhe von Arbeitslosengeld oder anderen Einkommenssubstituten nicht gibt und die Behauptung nur am Leben erhalten werden kann, weil bestimmte Annahmen gesetzt werden.

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„…dass Menschen etwas Sinnvolles bewerkstelligen wollen…“ – scheint gegen ein Grundeinkommen zu sprechen,…

…zumindest sieht das der ehemalige Conti-Vorstandsvorsitzende Elmar Degenhart in einem Interview auf Zeit Online so. Hier der Ausschnitt:

„ZEIT: Es gibt Wirtschaftsführer, die sagen: Wir brauchen ein staatliches Grundeinkommen, um diejenigen, die wir nicht mehr erreichen, abzusichern. Halten Sie das für eine gute Lösung?

Degenhart: Nein, weil ich tief überzeugt davon bin, dass Menschen etwas Sinnvolles bewerkstelligen wollen und auch das Gefühl haben müssen, dass sie einen Beitrag leisten. Ein Grundeinkommen würde das Risiko erhöhen, das Wertgefühl vieler Menschen stark negativ zu beeinträchtigen, wenn sie diesen Beitrag dann nicht mehr leisten könnten.“

Die Frage ist allerdings schon bemerkenswert, was heißt es, jemanden „nicht mehr zu erreichen“ und weshalb sollte es eine Aufgabe von Wirtschaftsführern sein, jemand anderes zu erreichen als den möglichen Kunden? Ein Grundeinkommen wird hier zum einen als Notfallinstrument verstanden, denn es wäre nur für genau diese Gruppe vorgesehen, zum anderen werden überhaupt keine Aspekte benannt, die die Einführung eines Grundeinkommens aufgrund unseres spezifischen Zusammenlebens nahe legen würde. Was antwortet Degenhart?

Degenharts Antwort ist eine Steilvorlage für ein Grundeinkommen, was er gar nicht so sieht, denn er erkennt darin eine Begründung dagegen.

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Weshalb Dilemma? Es geht um Bedingungen von und den Weg zu Wertschöpfung…

…, also um das Zustandekommen des Leistungsergebnisses. Wenn dafür weniger menschliche Arbeitskraft nötig sein würde, wenn Güter und Dienstleistungen effizienter bereitgestellt werden könnten, müsste gar nicht so weitergearbeitet werden „wie bisher“. Wenn ein BGE dazu führt, dass aufgrund besserer Bedingungen der Leistungserstellung das Ergebnis sich verbessert, ist die Rede vom Dilemma ein Pappkamerad. Außerdem gilt es, längere Zeiträume zu betrachten, wenn Ewerbsengagement lebensphasenspezifisch ab- und zunehmen kann. Normativ ist das eine ganz andere Lage als heute, in der ein Erwerbsgebot gilt, das jegliche Leistungen jenseits von Erwerbstätigkeit degradiert. Wir wissen heute nicht, inwiefern die vorherrschenden Bedingungen Leistungserbringung hemmen. Statt also den status quo als bestmögliche Situation zu betrachten, gilt es, seine blinden Flecke deutlich zu machen, darum bemüht sich die Diskussion um ein BGE.

Die Diskussion unter dem Tweet, in der es um die Erwerbsarbeitsbedingungen geht, wird zu eng geführt, vergessen wird, dass ein BGE die normative Umwertung von Erwerbstätigkeit nach sich zieht und damit Auswirkungen auf das Ganze hat, nicht nur auf Erwerbstätigkeit.

Sascha Liebermann

Arbeitsplätze vor Wertschöpfung, zugleich eine Verkürzung…

…die Stephan Kaufmann in seinem Beitrag in neues deutschland vornimmt, wenn er am Ende schreibt:

„Dass Unternehmen für den Gewinn produzieren, dass sie nur Menschen einstellen, damit diese einen Gewinn erwirtschaften – diese existierende Abhängigkeit der Beschäftigten von der Betriebskalkulation erfährt damit eine Umdeutung: Der Profit wird zu einem Instrument zur Schaffung von Arbeit und Einkommen. Aus der behaupteten Harmonie von Profit und Lohn wiederum wird der eigentliche Gegensatz konstruiert: Klimaschutz, Gesundheitsschutz – alles, was dem Profit schadet, sei eine Gefahr für Jobs. Und das könne niemand wollen.“

Dass aber „Jobs“ schon lange als Begründung für alles Mögliche herhalten, ist kein neues Phänomen, werden sie doch für den sozialen Zusammenhalt, Integration in die Gesellschaft oder wie es sonst noch genannt wird, für unerlässlich gehalten. Selbst Unternehmer vertreten dieses Verständnis, und zwar keineswegs strategisch. Im Grunde müssten sie dafür plädieren, Wertschöpfung in den Mittelpunkt zu stellen, andere Fragen hat das Gemeinwesen zu beantworten, denn Erwerbsarbeitsplätze sind eben kein Selbstzweck.

Kaufmann weist zu Beginn auf den Zweck von Unternehmen hin, verkürzt ihn aber, wie häufig anzutreffen, wenn es um Kapitalismuskritik geht. Sicher, Unternehmen produzieren für einen Gewinn, doch ist der nicht unmittelbar erreichbar, weil sie dazu Güter und Dienstleistungen anbieten müssen – die nichts anderes sind als standardisierte Problemlösungen. Erst mittels dieser können sie Gewinne erwirtschaften und um solche Güter anbieten zu können, müssen sie in Erfahrung bringen, was nachgefragt ist bzw. nachgefragt sein könnte, ohne dass ein Produkt schon gefragt ist. Unternehmerinteressen sind hier eben keineswegs identisch mit den Interessen von Kapitalgebern.

Sascha Liebermann

Leben oder Arbeitsplätze retten? Was ist das Ziel? – Ein BGE hat hierauf eine Antwort, Arbeitsplätze sind kein Selbstzweck

„Spaltet in Gebende und Nehmende“? Treffende Entgegnung und darüber hinaus: beim BGE geben und nehmen alle…

…BGE ist Anteil an Wertschöpfungserfolg, aber für alle, nicht nur für Erwerbstätige.

Sascha Liebermann

„Sozial ist, was Arbeit schafft?“ – Was ist der Zweck des Wirtschaftens?

Lindner vermischt – oder muss man sagen: verwechselt? – hier zwei Fragen, die eine nach der Wertschöpfung und die andere nach der Einkommenssicherung. Beides hängt nicht unmittelbar miteinander zusammen, Lindner verkehrt sogar ihr Verhältnis, denn es sollte doch dasjenige Vorrang haben, was zu Wertschöpfung führt. Die Frage der Einkommenssicherung lässt sich eben auch anders beantworten, mit einem Bedingungslosen Grundeinkommen. Dann werden wir sehen, wie viel effizienter und effektiver wir produzieren können, als es bislang der Fall ist. Mit Lindners Verkehrung würden (Erwerbs-)Arbeitsplätze zum Hauptzweck des Wirtschaftens, Unternehmen würden an ihrem Beitrag dazu gemessen, verwandelten sich geradezu in Erziehungsanstalten zur Erhaltung der „Arbeitskraft“. Beschäftigung ist aber kein Selbstzweck.

Frühere Kommentare zu Beiträgen Christian Lindners finden Sie hier und hier.

Sascha Liebermann

Entleerung des Leistungsethos – Randolf Rodenstock zum Bedingungslosen Grundeinkommen…

…, zu lesen war der Beitrag bei focus online.

Rodenstock schreibt:

„Die Gegner [eines BGE, SL], darunter Vertreter von Arbeitgeberverbänden wie auch von Gewerkschaften, führen an, dass ein solches Konzept nicht finanzierbar und ungerecht sei. Wenn immer weniger Menschen arbeiten, woher kommt dann die materielle Basis, um ein Grundeinkommen zu finanzieren?“

Für den Wertschöpfungsprozess ist es nicht entscheidend, wieviele „Menschen“ arbeiten und auch nicht, wieviele Stunden sie arbeiten, sondern wieviel produziert wird und dass dem Angebot eine entsprechende Kaufkraft gegenübersteht. Wenn dazu menschliche Arbeitskraft benötigt wird, wird um sie geworben werden müssen, wenn nicht, dann nicht. Wie wir an der Enwicklung des Arbeitsvolumens (siehe auch hier) in Deutschland sehen können, hat das eine mit dem anderen nicht unmittelbar etwas zu tun.

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„Recht auf Arbeit“ – Verharrung statt Aufbruch, Leistungsentwertung

Hier die ganze Rede (3 Minuten 48 Sekunden).

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