1. Noch einmal zur Rente: Es gibt jetzt eine Debatte warum es keinen Aufstand der Jungen gibt nach dem Motto: Finanzielle Nachhaltigkeit ist auch eine Form der Nachhaltigkeit.
— Mark Schieritz (@schieritz) May 30, 2024
Von Leistungsverständnis keine Spur – …
Das #Bürgergeld ist zur #Arbeitsbremse geworden! Eine aktuelle IAB-Studie zeigt: Seit Einführung des Bürgergeldes haben 5,7 Prozent weniger Stütze-Empfänger einen neuen #Job aufgenommen. Für uns ist klar: Das Bürgergeld ist krachend gescheitert und gehört abgeschafft! #Leistung… pic.twitter.com/pMRQyjZL4q
— CSU (@CSU) May 10, 2024
…als sei es vollkommen egal, weshalb diese „5,7%“ keine neue Stelle antreten. In Erwerbsarbeitsverhältnissen, wenn sie denn der Wertschöpfung dienen sollen, kommt es immer noch darauf an, dass jemand bereit und in der Lage ist, sich einer Aufgabe zu widmen. Wem das egal ist, der gibt Leistung auf (siehe auch hier).
Sascha Liebermann
„Macht das Bürgergeld faul?“ und eine Empfehlung an Grundeinkommensbefürworter…
…ein Beitrag von Mark Schieritz auf Zeit Online berichtet über die jüngste Studie Enzo Webers (IAB) zum Bürgergeld, die auf große Resonanz stößt, was angesichts der teils heftigen Angriffe auf das Bürgergeld in den vergangenen Monaten nicht überraschen kann.
Wie ordnet Schieritz die Ergebnisse (Link zur Studie) ein?
Zuerst einmal stellt er anhand eines Beispiels heraus, dass aus der Korrelation zweier Variablen – auf Basis solcher Daten (Statistik) kommt Weber zu seinen Schlussfolgerungen – keine kausalen Zusammenhänge abgeleitet werden können – ein kurzer Hinweis auf Grundwissen über Statistik. Das könnte man als eine Art Vorblick betrachten, denn die standardisierte Erhebung und Auswertung von Daten, wie sie der Studie zugrundeliegt, löst Handlungszusammenhänge von den Individuen in ihrer Konkretion ab und löst abstrakte Merkmalskombinationen auf. Warum jemand gehandelt hat, wie er gehandelt hat – davon bleibt nicht viel übrig in diesem methodischen Verfahren. Das scheint dann auch für die Studie zu gelten, über die Schieritz berichtet oder nicht?
„Die Statistik selbst hilft bei der Antwort auf diese Frage nicht weiter. Es gibt schließlich sehr viele andere Faktoren, die den Arbeitsmarkt beeinflussen: Der höhere Mindestlohn, die Schwäche der Wirtschaft, der Zuzug der Flüchtlinge aus der Ukraine, die berechtigt sind, Bürgergeld zu beziehen.“
Erwähnt werden müsste hier noch: die Lebenssituation der Bezieher, ihre Sorgen und Nöte, welche biographischen Beschwernisse haben sie usw. Stefan Sell hat sich in einem Beitrag aus dem vergangenen Dezember schon mit den Berechnungen Webers und seinen Empfehlungen beschäftigt, darin wird auch erwähnt, dass Weber die persönlichen Beschwernisse wohl für bedeutend hält (siehe hier am Ende des Beitrags). Zufall, dass diese Seite hier fehlt, denn gerade sie gibt Aufschluss über konkrete Problemlagen?
Was hat Weber nun laut Schieritz herausgefunden?
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Rente – „Da kollabiert nichts“
Weil oft vom drohenden Kollaps des Rentensystems die Rede ist: Hier die Ausgaben für die Alterssicherung laut Kommission. Sie steigen von 10,2 Prozent des BIP auf 11,4 Prozent in 2070.
Die Rente kostet dann also rund einen Prozentpunkt mehr als heute. Da kollabiert nichts. pic.twitter.com/HVQEP4uxfH
— Mark Schieritz (@schieritz) May 6, 2024
„Darum brauchen Demokratien Krisen“…
…eine Diskussion mit der Historikerin Hedwig Richter (Universität der Bundeswehr München) und dem Philosophen Francis Cheneval (Universität Zürich) in der Sternstunde Philosophie des Schweizer Fernsehens SRF.
Bei allen Gemeinsamkeiten, die die Diskutanten bezüglich der Stärken der liberalen Demokratie haben, fallen doch interessante Unterschiede auf. Während Richter angesichts der Herausforderungen der Gegenwart insbesondere des Klimawandels auf mutige Repräsentanten setzt, die die nötigen Entscheidungen treffen müssten und sich nicht nach dem Volk richten dürften (letzteres sei Demoskopie), kann Cheneval nicht nachvollziehen, weshalb dies ein Plädoyer gegen die direkte Demokratie nach Schweizer Vorbild sein sollte, denn man könnte ja dem Volk genau diese Notwendigkeiten erklären. Dann bestünden Chancen, in diesem Sinne auch zu einer demokratischen Entscheidung zu gelangen. Dass es der Mehrheiten bedarf, daran ließe auch Hedwig Richter keinen Zweifel, erweckte aber ob mancher Behauptung den Eindruck, es gehe um ein antipodisches Verhältnis zwischen Volk und Repräsentanten, was zu verschiedenen Nachfragen der Moderatoren führte.
Auch nur eine Befragung…
“die Befunde der Studie seien nicht repräsentativ und könnten nur einen ersten Puzzlestein darstellen..” Man sollte die hohen wissenschaftlichen Standards auch bei Befunden anlegen, die m inhaltlich in dem Kram passen.
— Bettina Kohlrausch (@BettiKohlrausch) April 24, 2024
…und nur, weil Mitarbeiter der Auffassung seien, die veränderte Sanktionspraxis stelle ein Problem dar, folgt daraus nicht, dass in der Verschärfung eine Lösung bestehe. Wie insgesamt in der Debatte, lassen sich Vorurteile auch bei Mitarbeitern im Jobcenter feststellen.
Hier der Link zur Studie des DIW.
Eine standardisierte Befragung bleibt bezüglich der Denkwelten oberflächlich, auch wenn sie „repräsentativ“ wäre, das liegt in der Methodik begründet und sollte einen dazu veranlassen, sich anderes Datenmaterial zu verschaffen. Wenn das nicht möglich ist, kann ein Anfang sein, die Komplexität von Alltagsbeobachtungen ernst zu nehmen.
Sascha Liebermann
„Alter Wein in alten Schläuchen“…
…Stefan Sell mit einem informativen Beitrag zur Bürgergelddebatte und dem Vorschlag einer Neuen Grundsicherung von Seiten der CDU auf Makronom. Hier ein Zitat daraus:
„Im Dezember 2023 gab es 5,5 Millionen Regelleistungsberechtigte, davon mehr als ein Viertel Kinder und 3,9 Millionen erwerbsfähige Leistungsberechtigte. Das Bürgergeld ist eine existenzsichernde Sozialleistung für Haushalte mit mindestens einem erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, wobei der Erwerbsfähigkeitsbegriff im SGB II im internationalen Vergleich sehr weit definiert ist. Etwa 1,7 Millionen erwerbsfähige Leistungsberechtigte sind tatsächlich arbeitslos, fast die Hälfte davon ist langzeitarbeitslos, also länger als ein Jahr arbeitslos. Viele SGB-II-Arbeitslose weisen Eigenschaften auf, die eine schnelle Vermittlung in Arbeit ausschließen. Beispielsweise haben zwei Drittel der SGB-II-Langzeitarbeitslosen keine abgeschlossene Berufsausbildung. Umgekehrt sind 2,2 Millionen erwerbsfähige Leistungsberechtigte gar nicht arbeitslos.“
Sanktionsfrei in Aktion…
Das #Jobcenter lehnt Darlehen für Herd mit Backofen ab. Begründung: für Single-Haushalte sei „lediglich eine Herdplatte bis zu einem Betrag bis zu 35€“ vorgesehen. Ein Darlehen sei daher nicht notwendig, es könne allein gestemmt werden. @sanktionsfrei ist dran. Ein Backofen 1/3 pic.twitter.com/hNxNw94RUg
— Helena Steinhaus (@SteinhausHelena) April 22, 2024
…es mag Vorschriften geben, was wann unter welchen Bedingungen bewilligt werden kann, diese Kleinteiligkeit ist erschreckend.
Sascha Liebermann
„Das Ziel muss sein, dass jeder, der arbeiten kann, auch arbeitet“…
…so ist ein Interview mit Christian Lindner in der Stuttgarter Zeitung überschrieben. Man ahnt schon, worauf es hinauslaufen wird. Es geht um viele Themen in diesem Gespräch, als er auf Erfahrungen mit
dem Bürgergeld angesprochen wird, sagt er:
„Dass der Berechnungsmodus für den Regelsatz Probleme aufwirft, ist bekannt. Die Bürgergelderhöhung ist in diesem Jahr zu hoch ausgefallen, dafür wird es im nächsten eine Nullrunde geben. Entscheidend ist aber: Wir müssen mehr Druck aufbauen, wenn sich Menschen weigern, zumutbare Arbeit aufzunehmen.“
In Kontrast dazu lese man dieses Interview hier. Es wird nicht nach den Gründen gefragt, weshalb jemand kein Stellenangebot annimmt bzw. keines sucht. Um zu verstehen, was das Problem ist, muss man danach aber fragen und nicht einfach behaupten, dass das es zu wenig „Druck“ gebe. Aber wen interessieren die Gründe schon. Niemandem ist geholfen, wenn jemand aus dem Leistungsbezug gedrängt wird, ohne in der dann aufgenommen Erwerbstätigkeit auch erfolgreich sich einzubringen. Es wird Beschäftigung mit Leistung verwechselt, ein verbreitetes Phänomen:
„Wir brauchen ohne Wenn und Aber weitere Verschärfungen bei den Sanktionen. Der Staat muss alles tun, damit zumutbare Arbeit auch tatsächlich aufgenommen wird. Da ist noch Luft nach oben. Wenn wir Menschen verpflichten, Ein-Euro-Jobs zu übernehmen, wird es unattraktiver, sich aufs Bürgergeld zu verlassen. Und: Wir müssen die Erfahrungen mit dem Job-Turbo für die Flüchtlinge aus der Ukraine genau auswerten. Das, was da erfolgreich ist, müssen wir auf alle ausweiten.“
Wer würde schon dagegen plädieren, die Vermittlungsbemühen der Arbeitsagenturen verbessern zu wollen, doch Illusionen zu nähren, ist keine Lösung.
Sascha Liebermann
Jobcenter-Leiterin: Schärfere Sanktionen bringen „nicht allzu viel“
…ein Gespräch mit Ana Paula Büsse vom Jobcenter Region Hannover.