Hier geht es zur Onlineversion des Newsletters des österreichischen Netzwerks, in dem auf unser Jubiläum Bezug genommen wird.
„Menschen sollen unter Druck gesetzt werden“
Menschen sollen unter Druck gesetzt werden, indem angedroht wird, die Existenzgrundlage zu entziehen. Ich lehne diese Denkweise ab.
Persönliche Erklärung, warum ich dem #Haushaltsfinanzierungsgesetz nicht zugestimmt habe #Bürgergeld #Sanktionen https://t.co/Jb2dGAbjmz— Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn gruene.social/@w_sk (@W_SK) February 2, 2024
Hetze statt sachlicher Informationen…
3200€ Bürgergeld für eine Familie mit 2 Kindern?
Hier der #Faktencheck
1. 3200€ Bürgergeld
2. Berechnung, was verdient werden muss, damit tatsächlich 3200€ in der Haushaltskasse sind.
3. Lohnabstand 200€?1/18pic.twitter.com/pvDUtPavTu
— Sozi Simon (@sozi_simon) February 2, 2024
…, wer etwas verändern will, erhält hier Hinweise im Tweet, wer hetzen will, den interessiert das nicht. Es ist verwunderlich, dass der Vorsitzende einer Partei wiederholt die Sachlage verdreht, obwohl es mittlerweile von verschiedenen Seiten Berechnungen gab, die zeigen, das die Lage komplexer ist und es keine Lösung ist, Leistungsbezieher verächtlich zu machen, es sei denn, man will genau das.
Die Aussage Friedich Merz‘, auf den sich dieser Tweet bezieht, dass es „Studien“ gebe, die belegten, dass Mitarbeiter sich ausrechnen, ob es sich „lohnt“ zu arbeiten angesichts des Bürgergeldes, würde ich gerne einmal sehen. Die in der Vergangenheit präsentierten Hinweise darauf, waren anekdotische Berichte Einzelner, die sich selbst widersprachen (siehe z. B. hier).
Sascha Liebermann
Der „gierige Staat“
Nur leider, leider sind Fakten hier auf X vielen egal, die lieber die ganze Zeit von dem immer größer werdenden Staat schwadronieren, statt einmal in Statistiken zu gucken. https://t.co/lg6A30x4Ew
— Sebastian Dullien (@SDullien) February 1, 2024
„…das Potential massiv unterschätzen…“
„Laut B. Neumärker von der @UniFreiburg ist das #BGE nicht nur ein Weg aus der Lohnsklaverei. Er sieht darin einen Produktivitätstreiber: Gegner:innen des BGE würden nur auf die Kosten achten, aber das Potenzial eines #Grundeinkommens massiv unterschätzen.“https://t.co/fS1gLJTDo5
— Mensch in Germany (@InMensch) February 1, 2024
Das ist in der Tat bemerkenswert, denn bei all den Simulationen, die zur Finanzierung angestellt werden, kommt die Seite der veränderten Ausgangsbedingungen, die ein BGE schüfe, um tätig zu werden, wenig bis gar nicht in Betracht. Wenn man schon Simulationen anstellt, müssten sie in alle Richtungen in jedem Lebensbereich gehen. Von den möglichen positiven Effekten, liest man jedoch wenig, meist geht es nur darum, um wieviele Prozentpunkte das „Arbeitsangebot“ (siehe auch hier und hier) zurückgeht und welche Folgen das für die Wertschöpfung haben könnte. Welche Folgen bislang bestehende Ausgangsbedingungen auf all das haben, müsste ebenfalls simuliert werden – wo geschieht das?
Simulationen, das sollte dabei nicht vergessen werden, sind nur modellierte Schätzungen, keine Tatsachenaussagen. Das mag trivial sein, wird in der Präsentation solcher Ergebnisse allerdings nicht immer deutlich gemacht.
Sascha Liebermann
Standardisierte Befragungen vs. Forschungsgespräche
Hartmut Rosa stellt die Ergebnisse von #Triggerpunkte in Frage (überzieht wohl, aber trifft auch etwas – dass die Leute so lange liberal, aufgeklärt und ökologisch sind, wie es sie lebensweltlich und materiell wenig tangiert und gar nicht einschränkt):
„Wenn man Menschen nach… https://t.co/teNSkl5R8Z— Bennie Lamm🎙 (@trilmm) January 25, 2024
Auf diese Differenz weist der Beitrag hier hin, der auf ein Gespräch zwischen Hartmut Rosa und Steffen Mau in der Süddeutschen Zeitung zurückgeht. So treffend der Hinweis ist, dass es einen erheblichen Unterschied macht, ob man Antwortskalen bzw. vordefinierte Antworten Gesprächspartner vorlegt und aus deren Angaben dann Schlüsse zieht oder deren Ausführungen in ihrer konkreten Gestalt untersucht, wie es in ausführlichen Forschungsgesprächen möglich ist, so wenig erschöpft sich letzteres in „ja, aber“-Konstruktionen. Forschungsgespräche geben einen viel detaillierteren Einblick nicht nur in die Denkwelt einer Person, sondern auch in ihre Haltung zur Welt, die sich in den Äußerungen manifestiert. In der öffentlichen Diskussion spielen solche Daten leider eine viel zu geringe Rolle, in der sozialwissenschaftlichen Forschung sind sie zwar etabliert, machen aber auch den kleineren Teil der Forschung aus.
Sascha Liebermann
Auf welcher Basis Politik machen?
Wenn Stimmungen nicht die Realität entsprechen, dann ist es finde ich die Aufgabe darauf hinzuweisen und nicht eine gefühlte Realität einfach als Basis von Politik zu machen https://t.co/xL89Rz8NvH
— Mark Schieritz (@schieritz) January 25, 2024
Schieritz weist zurecht darauf hin, dass es hier zwei Optionen gibt: Entweder orientiert man politisches Handeln an Stimmungen, ganz gleich ob ihnen eine Realität entspricht, oder man orientiert sich an der Realität, nimmt die Stimmungen ernst und versucht darüber aufzuklären, wo die Stimmungen Vorurteile oder Wahrnehmungsverzerrungen beinhalten. Die Debatte um das Bürgergeld und den Vergleich zu Erwerbseinkommen wäre ein solcher Fall, in dem Aufklärung not tut bzw. tat und die dann auch erfolgte. Letztlich wird man Veränderungen nur entlang möglicher Mehrheiten erreichen können, doch wie sie zustandekommen, ist damit nicht festgelegt. Die Bedeutung guter, aufklärender Argumente sollte man nicht unterschätzen, ebensowenig die Verantwortung keine Stimmungen durch Abwertung anderer anzufachen.
Meinungsumfragen, wie die Allensbacher Studie hier, sollte man ohnehin nicht so hoch aufhängen, Meinungen schwanken stark, Wahlergebnisse sind maßgeblich. Wer über die Sorgen oder Vorschläge der Bürger etwas wissen will, sollte das Gespräch mit ihnen suchen, wer das erforschen will, Forschungsgespräche (nicht-standardisierte Interviews. z.B. hier) statt standardisierte Befragungen durchführen und auswerten.
Sascha Liebermann
„Was machen die eigentlich“…
…so lautet der Titel des Beitrags von Anna Mayr und Mark Schieritz (Bezahlschranke) auf Zeit Online zur Diskussion um das Bürgergeld, die Gründe für den Leistungsbezug und Problemlagen der Bezieher, die in der öffentlichen Debatte häufig übergangen werden.
Die (nicht neue) Aufschlüsselung der Zahlen zum Bürgergeldbezug, die die Autoren vornehmen, zerschlägt schon einmal viele Vorurteile, die kursieren, das ist hilfreich – auch wenn sie fortbestehen mögen, die Vorurteile. Auf das vermeintliche Missverhältnis offener Erwerbsarbeitsplätze und erwerbsfähiger Leistungsbezieher wird eingegangen, so dass deutlich wird, weshalb beide Seiten nicht einfach miteinander verglichen werden sollten.
„Lohnt sich die Arbeitsaufnahme“…
1. Mit den neuen Zahlen des @ifo_Institut wissen wir jetzt, dass jemand der arbeitet immer mehr hat als jemand der nicht arbeitet.
Die Frage ist nun: „Lohnt“ sich die Aufnahme einer Arbeit in einer umfassenden Betrachtung von Kosten und Nutzen? https://t.co/mPefUQa3i2 pic.twitter.com/IfD4Ftjb9v
— Mark Schieritz (@schieritz) January 18, 2024
…Mark Schieritz kommentiert eine jüngst erschienene Studie des ifo-Instituts. Einer der Verfasser kommentiert den Kommentar wiederum, um Missverständnisse auszuräumen:
Hier die Antwort zu Schieritz‘ Kommentar von Andreas Peichl:
Im Ergebnis reagieren Menschen unterschiedlich auf Anreize- zB Singles vs. Alleinerziehende, Männer/Frauen, … -was wir dann in d Analysen auch entsprechend zeigen & diese Heterogenität berücksichtigen. Als Ergebnis sehen wir, für wen sich Arbeit (nach dem Modell) „lohnt“ 12/12
— Andreas Peichl (@APeichl) January 18, 2024
„Zugehörigkeit“ und „Nutzen“…
Ist nicht der Vorrang von Erwerbsarbeit ein Teil des Problems, der hier nicht angesprochen wird? Sozialleistungen sind deswegen „nachrangig“, weil Erwerbsarbeit der Vorrang „gebührt“. Beihaltet das nicht selbst ein Moment der Desintegration?
— Sascha Liebermann (@SaschaLieberman) January 17, 2024
…ist es aber nicht gerade der Vorrang von Erwerbstätigkeit, der genau Moment der Desintegrationsdynamik ist? Zugehörigkeit im Sinne vollumfänglicher Rechte und eines entsprechenden Status hat man in einer modernen Demokratie zuallererst durch Staatsbürgerschaft. Dadurch wird der entscheidende „Zusammenhalt“ zum Ausdruck gebracht und befestigt, sie ist die stärkste Form der Inklusion oder auch Integration. Ein entsprechender Sozialstaat müsste also diese Zugehörigkeit zum Ausgangspunkt der Einkommenssicherung machen, das widerspricht jedoch dem Vorrang von Erwerbstätigkeit, der unseren Sozialstaat regiert.
Sascha Liebermann