…ein Beitrag von Lena Reiner und Niklas Golitschek auf witness europe, für den auch Ute Fischer befragt wurde.
Ein neuer Anlauf – die Volksinitiative in der Schweiz zum Grundeinkommen nimmt Fahrt auf
Bereits 1‘142 sind beim Start der #Grundeinkommen-Initiative dabei! Hilfst du auch mit? Jetzt einschreiben: https://t.co/rjRuYSDY3R pic.twitter.com/7WMr6kt0QZ
— WeCollect (@wecollectCH) May 1, 2021
Unter dem obigen Link im Tweet finden sich ein Entwurf für den Initiativtext sowie Angaben zu den Initianten. Zum Kommitee gehören manche bekannte Unterstützer, die sich schon länger für ein Bedingungsloses Grundeinkommen einsetzen:
Kalina Angeluova, Josef Brusa, Lorenza Giorla, Rebecca Panian, Ursula Piffaretti, Ina Praetorius, Thomas Produit, Oswald Sigg, Philip Stolkin und Elli von Planta.
Der Aufruf macht darauf aufmerksam, wie wichtig es für Volksinitiativen ist, genügend Engagierte zu haben, die beim Sammeln von Unterschriften helfen. Im Zuge der ersten Volksiniative habe ich mir selbst einen Eindruck verschaffen können, wie das so vor sich gehen kann, siehe dazu hier.
Für die neue Initiative sind Erfahrungen der alten hilfreich, siehe dazu auch die Website von grundeinkommen.ch.
Kommentare und Hinweise von unserer Seite finden sich hier.
Sascha Liebermann
Folgen der Pandemie für Schausteller
— BGE Eisenach (@bge_esa) April 29, 2021
„Sozialbeiträge sind […] keine Steuern“ – man kann sich nur wundern, dass die OECD solche Vergleiche zieht
Die #Sozialbeiträge sind in D keine Steuern, sondern #Versicherungsbeiträge, insoweit sie beitragsbezogene Leistungsansprüche gewähren.
Hier vergleicht die @OECD #ÄpfelMitBirnen.
Beim Ranking nur nach der #Steuerbelastung liegt D sogar knapp unter dem @OECD-Durchschnitt (4/13) pic.twitter.com/yHmsgqxNho— Stefan Bach (@SBachTax) April 12, 2019
„Gefangen im System“ – die taz schreibt über Langzeitarbeitslosigkeit…
…die Antworten sind altbekannt und führen letztlich nicht weiter, weil das Ziel der Erwerbsfähigkeit an den Situationen der Leistungsbezieher womöglich doch eher vorbeigeht, um es vorsichtig auszudrücken. Dass sie deswegen „gefangen im System“ sind, liegt am Ziel des Systems, nicht an den Leistungsbeziehern – es erzeugt Stigmatisierung (siehe auch hier). Also läge es nahe, eine Lösung zu suchen, die ihnen eine Anerkennung ermöglicht, die mit diesem Ziel nicht verbunden ist und zugleich nicht als pädagogisch wertvoll verpackte Sonntagsrede daherkommt, sondern ganz praktisch ihre Wirkung entfaltet. Weder eignen sich dazu bisherige Vorhaben, noch solche wie eine Jobgarantie – es muss eine Würdigung der Person um ihrer selbst willen am Anfang stehen, das kann nur ein Bedingungsloses Grundeinkommen. Dazu müssen auch Mythen wie die „Armutsfalle“ aufgegeben werden.
Sascha Liebermann
Neunter Familienbericht, die zweite – Vorrang von Erwerbstätigkeit ohne Ende
Nachdem wir im März schon auf die Kurzfassung des Neunten Familienberichts hingewiesen hatten, hier noch eine Passage aus der Langfassung, die kürzlich erschienen ist.
„Wie in diesem Bericht dargelegt, wird die wirtschaftliche Stabilität von Familien in erster Linie durch ein auskömmliches Erwerbseinkommen der Eltern gewährleistet. Dafür sind Erwerbsmodelle, die die Einbindung beider Partner in den Arbeitsmarkt fördern, zielführender als Modelle, die Anreize setzen, dass ein Partner langfristig nicht oder nur marginal erwerbstätig ist. Als staatliche Absicherung der kindlichen Teilhabe sollen bestehende Leistungen zu einer bedarfsgerechten Kinderabsicherung gebündelt und mit weiteren Investitionen in die Infrastruktur flankiert werden. Des Weiteren ist es für das Wohlergehen von Familien und Kindern wichtig, familiengerechten und bezahlbaren Wohnraum zu schaffen.“ (Neunter Familienbericht der Bundesregierung, S. 522).
Es erscheint hier schon wie eine Bedrohung, dass sich Eltern – hier nur einer, denkbar wären ja auch beide – dafür entscheiden könnten, länger zuhause zu bleiben, weil sie es für angemessen halten. „Zielführend“ heißt in diesem Zusammenhang eben nicht, wie der Achte Familienbericht noch entgegen seiner Empfehlungen titelte „Mehr Zeit für Familie“, sondern weniger Zeit für Familie. „Kindliche Teilhabe“ wird hier ganz isoliert, geradezu individualistisch betrachtet, als hänge sie nicht mit dem Wohlergehen der Familie zusammen, was vor allem Zeit füreinander bedeutet. Das scheint aber eine aus der Warte des Familienberichts vollkommen antiquierte Einschätzung zu sein (siehe auch hier und hier).
Sascha Liebermann
Automatisierung – Reinigungskraft vs. Reinigungsroboter
Floor Cleaner pic.twitter.com/C0EHnin4wT
— HumanVSMachine (@HumanVsMachine) April 24, 2021
Wie war das mit dem Spargelstechen? Ach ja, der Spargel-Panther – jedes Jahr wieder erinnernswert
Schon mehrfach haben wir anlässlich der ewig wiederkehrenden Diskussion über Erntehelfer und Spargel auf technische Möglichkeiten für die Ernte hingewiesen. Davon hört man in der öffentlichen Aufregung wenig.
Automatisierung – Mensch vs. Maschine – immer wieder beeindruckend
Robotic bricklayer builds 3x faster than humans pic.twitter.com/6bVdgurW4i
— HumanVSMachine (@HumanVsMachine) April 26, 2021
Ein Bedingungsloses Grundeinkommen „verschiebt auch kategorial unser Menschenbild“ meint Udo di Fabio
In einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung von heute, Rubrik Wirtschaft, unter dem Titel „Im Hintergrund lauert Chinas Modell“ äußert sich Udo di Fabio, ehemaliger Richter am Bundesverfassungsgericht, auch zum Bedingungslosen Grundeinkommen. Seine Sorge vor einem Staatskapitalismus scheint diese Einschätzung zu tragen. Hier die ganze Passage:
„[di Fabio] Die Rentenausgaben des Bundes für die nicht beitragsgedeckten Leistungen sind schon ein gewaltiger Posten, der durch die demographischen Bedingungen gewiss nicht kleiner wird. Je mehr Steuergeld hier hineinfließt, desto mehr Menschen werden den Sinn von Sozialversicherungen hinterfragen, die ein tragender Baustein der Sozialen Marktwirtschaft sind. Es klingt dann sehr modern und scheint den gordischen Knoten zu durchschlagen, wenn man das ganze komplizierte System sozialer Sicherung durch ein bedingungsloses Grundeinkommen ersetzen will.“
Hier lauert das erste Missverständnis, wenn di Fabio ein BGE so versteht, dass es das „ganze komplizierte System sozialer Sicherung“ ersetzen soll. Diese Überlegung ist in der Diskussion jedoch eine eher randständige und folgt keineswegs aus einem BGE, sondern aus einer bestimmten Konzeptualisierung. Hier wäre schon eine klärende Rückfrage angebracht gewesen.
„[FAZ] Wäre das verfassungsrechtlich gedeckt?
[di Fabio] Die Idee klingt sympathisch, viele Progressive aus der Digitalwirtschaft sind begeistert. Aber das Modell kann weder erworbene Anwartschaften zum Verschwinden bringen noch daran vorbeigehen, dass der soziale Rechtsstaat dann doch wieder in jedem Einzelfall wird prüfen müssen, ob das bedingungslose Grundeinkommen dem konkreten Lebensbedarf entspricht. Bei eingeschränkten oder pflegebedürftigen Menschen reichen die Summen, die für eine zwanzigjährige voll Erwerbsfähige auskömmlich sind, jedenfalls nicht. Ein Versorgungsanspruch für alle gegenüber der staatlichen Gemeinschaft verschiebt auch kategorial unser Menschenbild. Wenn nicht die freie Entfaltung als Persönlichkeit am Anfang steht, sondern der Anspruch auf ein staatliches Einkommen, wird die Gemeinschaft mit ihren Herrschaftsinstrumenten, um dafür die Mittel aufzubringen, wichtiger als der Einzelne. Das Grundgesetz verfasst den Staat aber subsidiär, daher stehen die Grundrechte am Anfang, damit wir uns zuerst nach unseren Plänen frei entfalten können. In jeder Freiheit schlummert eine sittliche Pflicht, die Talente zu nutzen, auch damit andere am Erfolg teilhaben können.“
Der Verweis auf die Digitalwirtschaft zeigt, dass di Fabio sich hier wohl eher über Zeitungslektüre einen Eindruck verschafft hat. Wen meint er denn? Die Diskussion ist erheblich breiter und es werden ganz andere Begründungen vorgebracht, auch in der öffentlichen Diskussion – von der akademischen ganz zu schweigen.