„Wir nehmen ja als Unternehmer Lebenszeit in Anspruch“ – bodenständige und weitreichende Äußerungen von Götz W. Werner

Götz W. Werner ist – durchaus auch von Grundeinkommensbefürwortern – im Laufe der Jahre in etliche Schubladen gesteckt worden, er sei ein Träumer, ein weltfremder Anthroposoph oder gar naiver Humanist. Dabei besticht doch in vielerlei Hinsicht seine Bodenständigkeit, bestechen seine erfahrungsgesättigten Einschätzungen, wie an einem Interview mit dem Standard aus Wien aus dem Jahr 2017 auffällt. Hier ein paar Auszüge daraus:

„STANDARD: Sie treten seit mehr als zehn Jahren für bedingungsloses Grundeinkommen ein: 1000 Euro für alle ohne Wenn und Aber. Wurden Sie in Ihrem Glauben an das Gute im Menschen nie enttäuscht?
Werner: Man wird immer wieder enttäuscht. Was wir jedoch aus der Aufklärung gelernt haben, ist Gleichheit: Jeder hat die gleichen Rechte. Aus Grundeinkommen erwächst ein Raum der Freiheit. Es stellt eine ganze Gesellschaft vom Kopf auf die Füße. Niemand muss mehr zu Kreuze kriechen, keiner ist mehr bedrohbar oder erpressbar. Man begegnet Chefs, Ehepartnern, Schwiegereltern auf Augenhöhe. Betrüger, Bettler, Schlawiner gibt es immer. Aber Sie können dann sagen: Junge, hör mir zu, du hast ein Grundeinkommen.“

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„Bedingt bedingungslos – widersprüchliche Sozialstaats­präferenzen“ – wo liegt der Widerspruch?

Ein aufrüttelnder Kurzbericht des Institut der deutschen Wirtschaft (IW) schien vor einigen Wochen Entscheidendes entdeckt zu haben. Matthias Diermeier und Judith Niehues stellten fest, dass Grundeinkommensbefürworter „keineswegs Gegner von Eintrittsbeschränkungen in den Sozialstaat“ seien. Auch Lea Hampel berichtete über diese bestürzenden Befunde in der Süddeutschen Zeitung, der Frankfurter Allgemeine Zeitung war dies ebenfalls unter dem Titel „Kein Geld für Zuwanderer“ eine Meldung wert.

Zu Beginn des Kurzberichts wird zwar auf die in Umfragen zum Ausdruck kommende Sympathie für ein BGE verwiesen, zugleich aber eingeräumt, dass dies nicht „unmittelbar“ mit einer „Reformbereitschaft“ gleichgesetzt werden könne (siehe unsere Beiträge zu dieser Frage hier). Dann geht es um die entscheidenden Punkte, die ich hier kommentiere, ohne die Fragen des Surveys, auf den Bezug genommen wird, zu kennen. Wie gefragt wurde, welche Definition von Grundeinkommen genutzt wurde, spielt für die Ergebnisse eine erhebliche Rolle:

„Denn zwei Drittel der Befürworter eines Grundeinkommens plädieren an anderer Stelle in der gleichen Befragung für substanzielle Bedingungen, bevor Zuwanderern die gleichen Rechte auf Sozialleistungen zugestanden werden wie eingesessenen Bürgern.“

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„Das finde ich falsch“ – Olaf Scholz zum Bedingungslosen Grundeinkommen

Hier der Link zum gesamten Gespräch.

Olaf Scholz klassifiziert das BGE als „neoliberales Konzept“ und will nicht, dass Bürger „abgespeist“ werden. Weder muss ein BGE ein „neoliberales Konzept“ sein noch wird jemand abgespeist – es sei denn die Bürger wollen abgespeist werden. Olaf Scholz kann ein BGE für „falsch“ halten, viel wichtiger ist, wie er seine Haltung begründet, lässt sie doch einen paternalistischen Blick auf die Bürger erkennen.
Weshalb Frau Maischberger das BGE bei der „Linken“ verortet, ist ihr Geheimnis, denn eine Mehrheit gibt es in der Partei dafür bislang nicht, schon gar nicht sind BGE und Linke identisch.
Sascha Liebermann

„Wir haben Hartz IV hinter uns gelassen“

Siehe unsere früheren Kommentare zum Abschied von Hartz IV durch die SPD.

„Wir müssen das Nichtarbeiten enttabuisieren“ – eine wichtige Frage, auf die eine denkbar schwache Antwort gegeben wird…

…von Anna Mayr, Buchautorin und Journalistin, die im Deutschlandfunk zu ihrem Buch „Die Elenden“ interviewt wurde. So wichtig das Thema, dem sie sich widmet, so eng ist der Blick auf die Lebenswirklichkeiten. Wenn sie davon spricht, „das Nichtarbeiten zu enttabuisieren“, dann zäumt sie die Problemlage nur von der Seite auf, vorübergehende Nicht-Erwerbstätigkeit besser zu stellen. Dazu könnte ein verlängertes oder auch höheres Arbeitslosengeld I beitragen. Das helfe nun Arbeitslosengeld II-Beziehern wenig, wie sie einräumt, um gleichwohl keine Überlegungen darüber hinaus anzustellen. Über „unbezahlte Arbeit“ verliert sie keine Silbe, was umso erstaunlicher ist vor diesem Hintergrund. Ob sie wohl vom Bedingungslosen Grundeinkommen schon gehört hat, es im Buch eine Rolle spielt? Nutzt man die Möglichkeiten von google books, erfährt man, dass ein Grundeinkommen im Buch sehr wohl eine Rolle spielt, sie Richard David Precht zwar zurecht für seine Äußerungen kritisiert, dass es für Kinder keines geben solle, aber das ist doch nur Prechts Ansicht, die darüber hinaus einem BGE widerspricht und nur seinen Paternalismus zu erkennen gibt. Mayr lässt dann aber denselben Paternalismus erkennen, wenn sie das BGE wie eine Stillhalteprämie behandelt und doch recht grob (zumindest in den zugänglichen Passagen) seine Möglichkeiten abtut. Den differenzierten Stand der Diskussion hat sie entweder nicht oder nur salopp zur Kenntnis genommen.

Sascha Liebermann

„…denn Arbeitslosigkeit ist ein großes Gift für die Menschen individuell und für den gesellschaftlichen Zusammenhalt…“…

…eine doch erstaunlich affirmative und undifferenzierte Einschätzung, die Achim Truger, Mitglied des deutschen Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, auf Kontrast (Österreich) abgegeben hat. Hier die ganze Passage:

„DIE ARBEITSLOSIGKEIT IST DURCH DIE CORONA-KRISE STARK ANGESTIEGEN, ABER AUCH DAVOR GAB ES SCHON EINE HOHE SOCKELARBEITSLOSIGKEIT IN VIELEN STAATEN DER EU. AUCH IN ÖSTERREICH UND DEUTSCHLAND. IST VOLLBESCHÄFTIGUNG ÜBERHAUPT NOCH EINE PERSPEKTIVE?
Truger: Vollbeschäftigung muss eine Perspektive sein, denn Arbeitslosigkeit ist ein großes Gift für die Menschen individuell und für den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Insofern sollte die Wirtschafts- und Finanzpolitik alles tun, um die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen. Das beginnt bei einer konjunkturgerechten Makropolitik mit starken öffentlichen Investitionen, die sich nicht an willkürlichen Kredit- oder Schuldengrenzen, sondern am nachhaltigen gesellschaftlichen Wohlergehen orientiert.
Es umfasst dann natürlich viele weitere Bereiche wie die Bildungs- und Forschungspolitik, sowie die Industrie-, Regional- und Strukturpolitik. Von zentraler Bedeutung ist auch eine gezielte Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik mit starken Tarifparteien und starkem Sozialstaat.“

„…denn Arbeitslosigkeit ist ein großes Gift für die Menschen individuell und für den gesellschaftlichen Zusammenhalt…“… weiterlesen