Treffende Anmerkung: Mit Schubladen arbeiten, um Differenziertheit zu unterlaufen und Paternalismus zu verdecken…

…, denn die wenigsten Überlegungen in der BGE-Diskussion sind auf einfache Weise einzuordnen. Götz W. Werners Anliegen, der z. B. meist – aber nicht immer – für hohe BGE-Beträge plädiert hat, war es stets, die Selbstbestimmung des Einzelnen durch ein BGE zu stärken. Auch war er meist klar darin, dass es über ein BGE hinaus bedarfsgeprüfte Leistungen geben sollte. Dennoch werden seine Überlegungen in manchen Überblicksdarstellungen (so z. B. bei Björn Wagner und Ronald Blaschke et al, S. 231 f.) mit dem Attribut neoliberal versehen, weil Werner ein hohes BGE nicht mit einem Mindestlohn verknüpfen wollte oder von einem substitutiven Effekt des BGEs sprach. Dabei stellt sich in der Tat die Frage, ob denn ein gesetzlicher Mindestlohn nach Einführung eines auskömmlichen BGEs sinnvoll wäre, wenn Arbeitnehmer zugleich eine ganz andere Verhandlungsmacht hätten als heute. Davon abgesehen hat Werner nie ein Modell im strengen Sinne vorgelegt, sondern seine Vorstellung stets weiter entwickelt. Selbst Thomas Straubhaar schließt bedarfsgeprüfte Leistungen nach Einführung eines BGEs nicht aus.

In Blaschkes Ausführungen irritiert diese Einordnung besonders, da er in der Besprechung sogenannter historischer Vorläufer sehr differenziert vorgeht und mit mancher vorschnellen Einordnung bezüglich der Vorläuferschaft zum BGE aufräumt.

Sascha Liebermann

Scott Santens über valuable work und Kamala Harris

„Die Grünen wollen Hartz IV durch Garantiesicherung überwinden“ – Kommentar von Michael Opielka

Weitere Beiträge zur Garantiesicherung von unserer Seite finden Sie hier.

„…dass Menschen etwas Sinnvolles bewerkstelligen wollen…“ – scheint gegen ein Grundeinkommen zu sprechen,…

…zumindest sieht das der ehemalige Conti-Vorstandsvorsitzende Elmar Degenhart in einem Interview auf Zeit Online so. Hier der Ausschnitt:

„ZEIT: Es gibt Wirtschaftsführer, die sagen: Wir brauchen ein staatliches Grundeinkommen, um diejenigen, die wir nicht mehr erreichen, abzusichern. Halten Sie das für eine gute Lösung?

Degenhart: Nein, weil ich tief überzeugt davon bin, dass Menschen etwas Sinnvolles bewerkstelligen wollen und auch das Gefühl haben müssen, dass sie einen Beitrag leisten. Ein Grundeinkommen würde das Risiko erhöhen, das Wertgefühl vieler Menschen stark negativ zu beeinträchtigen, wenn sie diesen Beitrag dann nicht mehr leisten könnten.“

Die Frage ist allerdings schon bemerkenswert, was heißt es, jemanden „nicht mehr zu erreichen“ und weshalb sollte es eine Aufgabe von Wirtschaftsführern sein, jemand anderes zu erreichen als den möglichen Kunden? Ein Grundeinkommen wird hier zum einen als Notfallinstrument verstanden, denn es wäre nur für genau diese Gruppe vorgesehen, zum anderen werden überhaupt keine Aspekte benannt, die die Einführung eines Grundeinkommens aufgrund unseres spezifischen Zusammenlebens nahe legen würde. Was antwortet Degenhart?

Degenharts Antwort ist eine Steilvorlage für ein Grundeinkommen, was er gar nicht so sieht, denn er erkennt darin eine Begründung dagegen.

„…dass Menschen etwas Sinnvolles bewerkstelligen wollen…“ – scheint gegen ein Grundeinkommen zu sprechen,… weiterlesen

Wie denn anfangen und wo ansetzen? Am besten damit: die Stigmatisierung durch heutige Bedürftigkeitsprüfungen aufheben…

…dazu müssen aber andere Wege beschritten werden als bisher, es erfordert die Abkehr von einem erwerbszentrierten Sozialstaat. Mit einer Einkommenssicherung, die nicht mehr an Beratungsverpflichtungen gebunden ist, eröffnen sich neue Perspektiven für jegliche Form von Beratung, nicht nur in Arbeitsagenturen und Jobcentern, sondern auch in der Kinder- und Jugendhilfe, in der  Sozialen Arbeit insgesamt.

Siehe dazu auch:

Sascha Liebermann: „Souveränität gewinnen“, „Bittsteller oder Bürger“, „Bedingungsloses Grundeinkommen: Entlastung, Herausforderung, Zumutung“.

Sascha Liebermann

„Wir können Grundeinkommen nicht ausprobieren“…

…sagt Reint E. Gropp, Präsident des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle, im MDR. Hier kann das gesamte Gespräch nachgehört werden. Dass Feldexperimente keine Erkenntnisse darüber erlauben, wie sich ein BGE tatsächlich auswirken würde, ist hier keine neue Einsicht, darauf wurde von verschiedener Seite in den vergangenen Jahren schon hingewiesen, siehe z. B. meine Beiträge dazu hier. Das gilt von daher auch für das aufwändig beworbene Pilotprojekt Grundeinkommen, siehe meinen Beitrag dazu hier.

Sascha Liebermann

Dass Leistung erbracht werden muss, gilt immer, doch gibt es in einer Demokratie keine Zwangsmittel dazu, das zu gewährleisten…

…, sie ist auf die Bereitschaft der Bürger angewiesen, sich einzubringen.

Die Bedingungslosigkeit eines Grundeinkommens wirft immer wieder Missverständnisse auf (siehe hier), an der Rückfrage wird aber deutlich, welches Verständnis von Leistungsentstehung und politischer Vergemeinschaftung der Verfasser hat. Die Frage danach, wer Leistung erbringt, von der andere etwas haben, stellt sich immer, nicht nur bezogen auf Erwerbstätigkeit, und es gibt in einer Demokratie modernen Charakters keine Zwangsmittel, diese Gegenleistung einzufordern, ohne an ihren Grundfesten zu rütteln (Böckenförde-Diktum). Selbst das Erwerbsgebot in seiner normativen Stellung sichert nicht, das Leistung erbracht wird, denn dazu ist Leistungsbereitschaft und -fähigkeit die Voraussetzung. Sie entsteht außerhalb des Wirtschaftsgeschehens im engeren Sinne. Wie wenig das klar zu sein scheint, lässt einen immer wieder erstaunen.

Sascha Liebermann

Nochmals Bildungsforschung: hier differenzierte Anmerkungen zur Studie des ifo-Instituts…

…aber gleichwohl nur standardisierte Daten, die über Bildungsprozesse in ihrer Konkretion keine Auskunft geben. Um zu verstehen, was im Unterricht bzw. in der Lehre an einer Hochschule vor sich geht, braucht es Unterrichts- und Lehrforschung, in der Interaktionen untersucht werden müssen. Das gilt nicht nur hierfür, sondern auch für Fragen rund um das Bedingungslose Grundeinkommen. Bedauerlicherweise wird auf nicht-standardisierte Forschung viel zu wenig zurückgegriffen.

Sascha Liebermann