Gewerkschafter verabschieden eine Erklärung zum Grundeinkommen – ist sie der Diskussion förderlich?

Über die Erklärung berichtete das Netzwerk Grundeinkommen. Der Aufruf plädiert für eine vorurteilsfreie Diskussion über ein Bedingungsloses Grundeinkommen, die Entwicklung eines Gewerkschaftskonzepts und weitere Forderungen.

„Wir sind der Auffassung, dass neben dem Bedingungslosen Grundeinkommen, welches die angstfreie Existenz und gesellschaftliche Teilhabe eines jeden Menschen sichert, weitere politische Veränderungen nötig sind, so zum Beispiel: Umverteilung von Einkommen von oben nach unten, radikale Arbeitszeit­verkürzung, geschlechtergerechte Umverteilung unbezahlter Arbeit, Bürgerversicherung, ausreichende Mindestlöhne, Ausbau der öffentlichen und sozialen Infrastruktur und Dienstleistungen, ökologisch nachhaltige Produktion, Demokratisierung aller öffentlichen Bereiche, der Wirtschaft, des Welthandels und des Finanzwesens.“

Diese Forderungen kann man aufstellen, aber was bedeuten sie konkret, z. B. eine radikale Arbeitszeitverkürzung?

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Steigerung der Erwerbstätigenquote als Hilfsmittel gegen demographische Entwicklung – was bleibt von Familie übrig?

Das muss man fragen, wenn man den Beitrag von Gustav A. Horn und Rudolf Zwiener auf Makronom und seine resümierenden Vorschläge liest.

Statistisches Bundesamt

Resümierend halten die Autoren fest, dass eine Steigerung des Erwerbspotentials, insbesondere von Frauen, Älteren und Migranten, eine Möglichkeit ist, dem demographischen Wandel zu begegnen. Was würde das praktisch heißen? Angesichts einer Erwerbstätigenquote bei Frauen, die in den letzten zehn Jahren schon deutlich zugenommen hat und im Vergleich mit anderen europäischen Staaten hoch ist, hieße das, noch weniger „Zeit für Familie“ (der widersprüchliche Achte Familienbericht heißt so), als es heute schon der Fall ist. Frauen als Mütter würden sich auf die beklagenswert viel zu häufige Abwesenheit von Vätern zubewegen. Was wäre damit gewonnen? Nur, dass Familie noch weiter hinter den Arbeitsmarkt zurücktreten soll, als es schon der Fall ist (siehe dazu auch diesen Beitrag von Stefan Sell, siehe auch meinen Kommentar hier).

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„Teilzeitarbeit ist defizitär – damit lässt sich im bestehenden System keine Rente machen“…

…ein instruktiver Beitrag von Stefan Sell über das bestehende System der Rentenversicherung. Im Grunde wieder eine Steilvorlage für den Vorschlag eines Bedingungslosen Grundeinkommens, denn nur er änderte etwas am Vorrang von Erwerbstätigkeit. – Aber keine Steilvorlage für Stefan Sell.

„Ich glaube, dass wir die Kleinen maßlos unterschätzen – darin, was sie empfinden, was sie verstehen“…

…ein interessantes Gespräch mit Prof. Kathleen Wermke, sie leitet das interdisziplinäre Zentrum für vorsprachliche Entwicklung & Entwicklungsstörungen (ZVES) an der Poliklinik für Kieferorthopädie der Julius-Maximilians-Universität in Würzburg.

„Arbeitslosigkeit ist der endgültige Untergang des Abendlandes“…

…auf diese furchtbaren Folgen der Digitalisierung weist Meera Zaremba von Mein Grundeinkommen e.V. in einer interessanten kleinen Rede hin… „Denn was ist schon ein Mensch ohne Arbeit? Ist ein Mensch ohne Arbeit überhaupt ein Mensch?“ – Das genau, die Rede von den Überflüssigen, ist die Haltung in unserer Erwerbsarbeitsgesellschaft (s. dagegen die Äußerung des Investors Albert Wenger), die es so schwer macht, in den Köpfen einen Freiraum für die Idee des Bedingungslosen Grundeinkommens zu schaffen. „Vollbeschäftigung – das Mittel für ewiges Glück“? Oder vielleicht „Solidarisches Grundeinkommen“, das Zaremba „Volkswirtschaft als kollektive Beschäftigungstherapie“ nennt? – Oder vielleicht doch: Freiheit statt Vollbeschäftigung? Wir haben die Wahl…

Thomas Loer

Flurschaden der verkürzten Digitalisierungsdebatte…

…der lässt sich an einer Äußerung des ehemaligen Bundesministers des Auswärtigen, Sigmar Gabriel, ablesen, wie sie in der Neuen Zürcher Zeitung wiedergegeben wird.

„Damit aber der technologische Fortschritt auch zu einem gesellschaftlichen, sozialen und demokratischen Fortschritt werden kann, braucht es laut Gabriel mehr als nur defensive Strategien, um ungewollte Nebeneffekte sozial beherrschbar zu machen. Aus diesem Grund sei er auch gegen ein bedingungsloses Grundeinkommen.

Die Strategie, jene zu entschädigen, die keine Arbeit fänden, führe nur dazu, dass die Erwerbsarbeit (und damit das Einkommen oberhalb des Grundeinkommens) am Schluss noch ungleicher verteilt sei. Statt zu akzeptieren, dass einige keine Arbeit mehr hätten (und andere dafür 70-Stunden-Wochen), müsse die Arbeit besser verteilt werden. Schliesslich böten die neuen Technologien auch die Chance, Arbeit und Leben besser unter einen Hut zu bringen.“

Wieder steht Erwerbsarbeit im Zentrum und das Missverständnis, ein BGE sei eine Entschädigung für diejenigen, die keine Arbeit fänden. Genau das ist es jedoch nicht. „Unbezahlte Arbeit“ fällt unter den Tisch, damit der Blick auf eine wesentliche Seite verstellt. Demokratie und Selbstbestimmung spielen keine Rolle – ein Flurschaden der vereinseitigten Diskussion und Wahrnehmung dessen, worum es beim BGE geht.

Sascha Liebermann

Muße als Bedrohung?

So zumindest könnte man Äußerungen wie die des „global managing partner“ von McKinsey, Dominic Barton, deuten, die er anlässlich einer Konferenz an der Universität St. Gallen getätigt haben soll:

„Für mich wäre es ein Alptraum, einfach am Strand zu sitzen und nichts zu tun“ (Quelle: Letzebuerger Journal)

Das verbindet er mit dem Bedingungslosen Grundeinkommen, obwohl dieses doch gar nichts von Strand und Herumsitzen sagt, weder es ge- noch verbietet. Alleine die Vorstellung offenbar, dass es möglich sein könnte, herumzusitzen, womöglich in Muße, scheint bedrohlich. Auch Vorstandsvorsitzende haben ja manchmal sonderbare Vorstellungen davon, wie mit Freirräumen wohl umgegangen würde.

Sascha Liebermann