Sternstunde Philosophie: Remo Largo – Welches Leben passt zu mir?

Im Interview mit der Neuen Zürcher Zeitung (siehe auch hier) wird das Bedingungslose Grundeinkommen von Remo Largo vor allem der Digitalisierung und ihrer etwaigen Folgen wegen befüwortet. Das ist etwas überraschend, diagnostiziert Largo darin selbst als gravierendes Problem der Gegenwart, dass wir Beziehungen zu wenig Raum geben. Sternstunde Philosophie: Remo Largo – Welches Leben passt zu mir? weiterlesen

Remo Largo, bekannter Forscher und Kinderarzt, unterstützt Bedingungsloses Grundeinkommen

In einem ausführlichen Interview in der Neuen Zürcher Zeitung von heute spricht sich Remo Largo, bekannter Buchautor zu Fragen rund um die Entwicklung des Kindes (siehe hier), unter dessen Leitung Langzeitstudien über Entwicklungsprozesse von Kindern am Zürcher Kinderspital durchgeführt wurden, für ein Bedingungsloses Grundeinkommen aus. Offenbar äußert er sich dazu auch in seinem neuen Buch, das in der nächsten Woche erscheinen soll. Wer Largos Untersuchungen kennt, der konnte sich schon lange fragen, wie wohl Largo aufgrund seiner Äußerungen über die Bedingungen des Aufwachsens von Kindern heute zum BGE steht. Geäußert hatte er sich bislang allerdings nicht. Am Ende der Dokumentation „Faszination Entwicklung“, die Monika Czernin und Aldo Gugolz vor wenigen Jahren gedreht haben, sagt Largo am Ende, dass wir uns fragen müssen, ob wir dem Geld und dem wirtschaftlichen Erfolg nachlaufen oder Beziehungen mehr Raum geben wollen. Da lag es schon auf der Hand, dass ein BGE genau diese Frage auf eine bestimmte Weise beantworten könnte. Noch im Jahr 2011, siehe meinen Kommentar hier, konnte man sich darüber wundern, wie Largo auf der einen Seite feststellt, dass Eltern zu wenig Zeit mit ihren Kindern verbringen, auf der anderen aber für den Ausbau von Betreuungseinrichtungen plädiert, um dem Erwerbswunsch der Eltern nachzugeben. Nun hingegen scheint sich alles zusammenzufügen.

Sascha Liebermann

„Kritisches“ zum Bedingungslosen Grundeinkommen auf den Nachdenkseiten

Die Nachdenkseiten haben das Thema Bedingungsloses Grundeinkommen mehr oder weniger ad acta gelegt, nachdem in den vergangenen Jahren immer wieder einmal Beiträge zur Sache dort erschienen waren. Anlässlich der jüngsten Sendung von „Die Anstalt“ verwiesen die Nachdenkseiten nochmals auf ihre früheren Stellungnahmen. Eine früheren Kommentar von Sascha Liebermann zu diesen Stellungnahmen finden Sie hier.

„Vorrang für die Anständigen“…

…wer erinnert sich noch an das entsprechende Papier des damaligen Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit, Wolfgang Clement, aus dem Jahr 2005? Das bringt den Geist der geltenden Sozialpolitik, an dem sich seitdem nicht allzuviel verändert hat, gut auf den Punkt. Es ist ja sogar noch zu Verschärfungen gekommen. Ganz in diesem Geist ist auch die zynische Broschüre, mit der vor wenigen Jahren das Jobcenter im Kreis Pinneberg auf sich aufmerksam machte. Wer angesichts dieser Sozialpolitik Alternativen aufzeigen will, hat mit dem Bedingungslosen Grundeinkommen eine. Die SPD hat offenbar keine, die anderen großen Parteien aber auch nicht, wenn man davon absieht, dass die Forderung nach einer Abschaffung der Sanktionen beim Arbeitslosengeld II letztlich nur einlösbar ist, wenn die Erwerbsorientierung der Systeme sozialer Sicherung vollständig aufgegeben wird. Weshalb dann nicht gleich Klartext reden und ein Bedingungsloses Grundeinkommen fordern?

Sascha Liebermann

Zur Historie eines Bedingungslosen Grundeinkommens – häufige Missverständnisse

In der öffentlichen wie akademischen Diskussion über das Bedingungslose Grundeinkommen werden immer wieder historische Verbindungslinien gesucht und hergestellt, die in die Irre führen. Das mag manchmal daran liegen, dass aus Beiträgen zitiert wird, in denen vermeintliche Vorläufer vorkommen, diese Darstellungen selbst aber nicht mehr mit den Quellen abgeglichen werden. Man vertraut eben auf andere, das ist eine manchmal hilfreiche Abkürzungsstrategie. Manchmal scheinen die Missdeutungen lediglich darauf zurückzugehen, dass zur sehr darauf geachtet wird, was „hinten ‚raus kommt“, also ein Mindesteinkommen, nicht aber wie dieses Mindesteinkommen bereitgestellt wird, ohne also die Bereitstellungspraxis zu betrachten (Bedarfsprüfung, Arbeitspflicht usw.). Ein solcher Fall ist z. B. Thomas Morus Utopia, wie Ronald Blaschke sehr deutlich gemacht hat. Blaschke hat sich mit weiteren Autoren befasst, wie z. B. Lady Rhys-Williams, um sie angesichts der Frage, wie sie denn nun zum BGE oder einer Vorform standen, einzuordnen (siehe hier und hier ab S. 9). Gut nachvollziehbar nutzt Blaschke dazu Originalquellen. Dass er dabei selbst manchmal eigenwillige Deutungslinien verfolgt, ist die Freiheit eines jeden Autors. Für die BGE-Diskussion ist die Darstellung hilfreich, damit nicht falsche Freunde zitiert werden.

Siehe z. B. auch:
„Speenhamland ≠ Bedingungsloses Grundeinkommen“
„Wie etwas loswerden, das man nicht haben will? Jürgen Borchert über das Bedingungslose Grundeinkommen“
„Milton Friedman, F. A. von Hayek, Negative Einkommensteuer und Bedingungsloses Grundeinkommen“ (und hier)

Sascha Liebermann