Die Sorge vor dem Kontrollverlust – als gebe es diese Kontrolle heute

Eine Erfahrung, die ich in Diskussionsveranstaltungen immer wieder mache, ist die Sorge vor Kontrollverlust, der – so die Befürchtung – mit einem Bedingungslosen Grundeinkommen einhergehe. Wie wollte man sicherstellen, dass der Einzelne noch einen Beitrag leisten würde? Wenn es ein BGE gäbe, würde noch mehr „Schrott“ konsumiert, würden Eltern gezielt Kinder in die Welt setzen, weil sich damit Geld verdienen lasse oder nutzten „viele“ es, um gar nichts mehr beizutragen. Das sind einige Beispiele an Äußerungen, mit denen ich immer wieder konfrontiert bin. Um welche Kontrolle geht es? Offenbar um die darüber, was der Einzelne so mit seinem Leben macht.

Nun kann man sich solche Fragen stellen, frappierend ist allerdings die Gewissheit, mit der diese Einschätzungen vorgetragen werden. Woher rührt sie, worauf berufen oder beziehen sich diejenigen, die solche Bedenken vorbringen? – Frage ich nach, um das in Erfahrung zu bringen, erhalte ich keine Hinweise auf irgendwelche Studien, auch nicht solche auf eindrückliche Erfahrungen, die der Betreffende gemacht hat (siehe hierzu auch diese Buchbesprechung). Bestenfalls berufen sich die Einschätzungen auf Erfahrungen Dritter, die jemanden kennen, der jemanden kennt, aber das wisse man nun wirklich ganz genau.

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„Denn beim Volk, das ist eine paradoxe Wahrheit, ist die Demokratie nicht gut aufgehoben“…

…meint Jakob Augstein in seiner Kolumne bei Spiegel online mit dem Titel „Volk und Wahrheit„. Über manche Kommentare kann man nur staunen, auch darüber wie weit sie an der Realität vorbeigehen. Augstein erweist sich hier selbst als einer derer, die es besser zu meinen wissen als die Bürger, doch von welcher Warte aus? Die Einwände kommen einem, wenn man mit der Grundeinkommensdiskussion vertraut ist, bekannt vor.

Er schreibt unter anderem:

„…Zwischen Wahlvolk und Politik macht sich eine große Entfremdung breit. Es herrscht ein Notstand der politischen Legitimation. Wie behebt man den? Durch Partizipation? Sollen die Menschen an den politischen Entscheidungen mehr beteiligt werden? Bloß nicht.
„Wenn man Europa kaputtmachen will, dann braucht man nur mehr Referenden zu veranstalten.“ Jean Asselborn, Außenminister von Luxemburg, sagte das nach dem Nein der Niederländer zum EU-Assoziierungsabkommen mit der Ukraine. Asselborn findet, dass Referenden in einer parlamentarischen Demokratie kein geeignetes Instrument sind, um schwierige Fragen zu beantworten…“

Nun, Referenden und repräsentative Demokratie widersprechen sich nicht. In der Schweiz wird beides praktiziert und man kann nicht gerade sagen, dass es nicht funktionieren würde. Dass die EU nicht gerade über Referenden erfreut ist, hat sich schon öfter gezeigt. Sie werden so lange für gut befunden, so lange die gewünschten Ergebnisse herauskommen. Solche Kommentare trifft man in Deutschland übrigens auch öfter, wenn – wie Augstein es ebenfalls tut – auf Abstimmungsergebnisse in der Schweiz geschaut werden. „Oben“ weiß man also besser als „unten“, was richtig und gut ist. Das ist der Elitismus, der den Bürgern vielleicht gerade zum Halse heraushängt.

In anderem historischem Zusammenhang hat Max Weber einmal etwas beschrieben, dass Augsteins Befürchtungen in einem besonderen Licht erscheinen lässt:

„Daß der Deutsche draußen, wenn er das gewohnte Gehäuse bürokratischer Bevormundung um sich herum vermißt, meist jede Steuerung und jedes Sicherheitsgefühl verliert, — eine Folge davon, daß er zu Hause sich lediglich als Objekt, nicht aber als Träger der eigenen Lebensordnungen zu fühlen gewohnt ist —, dies eben bedingt ja jene unsichere Befangenheit seines Auftretens, welche die entscheidende Quelle seiner so viel beklagten »Fremdbrüderlichkeit« ist. Und seine politische Unreife ist, soweit sie besteht, Folge der Unkontrolliertheit der Beamtenherrschaft und der Gewöhnung der Beherrschten daran, sich ohne eigene Anteilnahme an der Verantwortlichkeit und folglich ohne Interesse an den Bedingungen und Hergängen der Beamtenarbeit ihr zu fügen.“ (Max Weber, „Parlament und Regierung im neugeordneten Deutschland“, in: Gesammelte politische Schriften, S. 258, Tübingen 1988).

Theodor W. Adornos schon in den 1960er Jahren geäußerter Einwand gegen die Sorge, man könne den Menschen zuviel zumuten, weist in eine ähnliche Richtung.

Augstein schreibt weiter:

„…Wer mehr Partizipation in die Demokratie rührt, dem fliegen die Reagenzgläser um die Ohren. Aus gutem Grund gibt es Parlamente. Sie schützen die Demokratie vor dem Volk und das Volk vor sich selbst. Denn beim Volk, das ist eine paradoxe Wahrheit, ist die Demokratie nicht gut aufgehoben. Volkes Stimme und Fortschritt – das geht nicht gut zusammen. Die Schweizer wollten keine Minarette, die Hamburger keine Gemeinschaftsschulen und die Niederländer jetzt keinen Vertrag mit der Ukraine. Vernünftig war das alles nicht – und fortschrittlich erst recht nicht…“

Was ist an der Entscheidung der Schweizer unvernünftig oder undemokratisch gewesen? Läge es nicht zuerst einmal näher, sich zu fragen, was die Bürger damals dazu bewogen hat, den Neubau von Minaretten zu verbieten, statt die Entscheidung für unvernünftig zu erklären? Dasselbe gilt für die Entscheidungen in Hamburg und den Niederlanden.

Wenn Augstein auf Erkenntnisse der Wahlforscher verweist, dass bestimmte Milieus ihre Rechte, hier: das Wahlrecht, stärker wahrnehmen als andere, dann wäre ebenfalls zu fragen, ob die Bürger dafür nicht selbst gerade zu stehen haben, wenn sie ihre Rechte nicht wahrnehmen? Er scheint einen politischen Paternalismus vorzuziehen, der weiß, was für die Bürger gut ist. Das Wahlrecht ist zum Glück nicht mit einer Wahlpflicht verbunden und dennoch entlässt es die Mehrheit nicht aus der Verantwortung, auch die Interessen der Minderheit zu beachten.

Zum Schluss schreibt er noch:

„Das ist auch eine Erklärung dafür, wie es sein kann, dass seit zwanzig Jahren in den westlichen Staaten die soziale Ungleichheit trotz freier Wahlen immer weiter zunimmt. Offenbar ist die Demokratie kein geeignetes Instrument, um für Gerechtigkeit zu sorgen. Die Welt hat ihren Siegeszug gesehen. Aber das Wort Demokratie bedeutet nichts mehr.“

Wie schnell dann doch die Bereitschaft sich zeigt, die Demokratie auch abzuräumen, wenn sie Entscheidungen zustande bringt, die einer für ungerecht hält.

Sascha Liebermann

Siehe auch folgende Kommentare zu Augsteins Beitrag:
Kommentar von Mehr Demokratie e.V.
Kommentare auf den Nachdenkseiten
Kommentar von Susanne Wiest

„Ökonomie neu denken: das bedingungslose Grundeinkommen“ – eine Diskussion im Schweizer Radio SRF

Originalsendung im Radio SRF: „Ökonomie neu denken: das bedingungslose Grundeinkommen“

Für diese Sendung wurden die Theologin Ina Praetorius und der Theologe Torsten Meireis (Professor an der Universität Bern) interviewt. Entgegen einer verbreiteten Deutung, die das Bedingungslose Grundeinkommen als nicht vereinbar mit dem Protestantismus hält, führen die beiden Theologen aus, dass sie dies nicht so einschätzen. Vor vielen Jahren hatte in diesem Sinne sich schon Bischof Dr. Hans Christian Knuth (Wikipedia) geäußert. Nachfolgend kommentiere ich ausgewählte Äußerungen, die sinngemäß zitiert werden.

Ina Praetorius hebt die bedingungslose Liebe Gottes heraus, das BGE sei ihre sozialpolitische Umsetzung und insofern konsequent. Die Bedingungslosigkeit des Grundeinkommens korrespondiere mit der bedingungslosen Zuwendung zum anderen Menschen. So würden endlich diejenigen Tätigkeiten Anerkennung finden, ohne belohnt zu werden, die heute als unbezahlte „Arbeit“ zum Privatvergnügen herabgesetzt werden.

Das BGE sei keine Patentlösung, es berge die Gefahr, Menschen damit ruhigzustellen – andere nennen das Stilllegungsprämie. Diese Schlussfolgerung halte ich wiederum für gefährlich, um den Ausdruck zu übernehmen. Jemanden ruhigzustellen erfordert, selbst wo es um Medikamentierung geht, in der Regel die Zustimmung dessen, der ruhiggestellt werden soll. Wenn eine Ruhigstellung nicht gewollt ist, muss derjenige sich dagegen wehren, der nicht ruhiggestellt werden will. Übertragen wir das auf ein ganzes Staatsvolk, darum geht es bei der Eidgenössischen Volksinitiative, geht es nicht um Einzelne. Wo liegt da nun die Gefahr? Selbst wenn die Bürger sich ruhigstellen ließen, müsste dies als Haltung doch auch ernst genommen werden. Das sieht Ina Praetorius offenbar nicht so und setzt dieser Gefahr dann auch ein emanzipatorisches BGE entgegen, das die Menschen befähige, sich zu entscheiden. Sofern damit nicht gemeint sein soll, dass diese Entscheidungen einen bestimmten Inhalt annehmen sollen, dann würde auch die Entscheidung, sich ruhigstellen zu lassen, eine legitime Entscheidung sein. Oder etwa nicht? Wer bestimmt darüber?

Diese Einschätzung würde ich auch für die geschlechtsspezifische Arbeitsteilung gelten lassen. Sie ist historisch-kulturell gewachsen, das erklärt teils ihr Beharrungsvermögen, aber nicht nur. Familiensoziologisch gesprochen lässt sich z. B. die mit Elternschaft einhergehende Verantwortung nicht einfach organisatorisch gleichmäßig aufteilen. Das ist dort möglich, wo die mit dieser Verantwortung einhergehenden Aufgaben beziehungsunspezifisch sind, d. h. bei Haushaltstätigkeiten wie Reinigung, Essenszubereitung, Hygiene und ähnlichem. Sie kann jeder – lässt man einmal Vorlieben und Neigungen außer Acht – gleichermaßen erledigen. Die frühe symbiotische Beziehung von Mutter und Kind lässt sich jedoch nicht einfach auf den Vater übertragen (siehe z. B. hier und hier) wenngleich seine Präsenz trotzdem wichtig ist: um die Mutter zu entlasten, um in die Position des Vaterseins hineinzufinden (was sich für Männer schwieriger gestaltet, also aufwendiger ist) und um für seine Partnerin als Partner – nicht als Haushaltsgehilfe – da zu sein. Die Beziehungen zum jeweiligen Kind sind aber nicht identisch und deswegen wechselseitig nicht (ohne Einbußen) ersetzbar. Um so wichtiger wäre es, dass Väter viel präsenter sind im Familienleben, als das bisher der Fall ist (weitere Beiträge zum Thema Familie). Ein BGE würde, das sagt Ina Praetorius dann auch, genau das möglich machen.

Sollte aber nun Paaren untersagt werden, dazu eine traditionale Haltung, was heute kaum mehr möglich ist, einzunehmen? So weit würde Ina Praetorius womöglich nicht gehen, verhindern lässt sich das jedoch ebensowenig, sofern das BGE ermöglichen soll, sich frei zu entscheiden. Warum aber ist das dann eine Gefahr? Nur, wenn man diese Option ausschließen möchte, das geht aber in einer Demokratie nicht, es sei denn, man wollte umerziehen (siehe auch hier).

Was allerdings der Fall sein wird mit einem BGE, ist, dass triftige Argumente, die es heute für manche Entscheidungen gibt, nicht mehr greifen werden. Dass Eltern sich heute, wenn sie Zeit für die Kinder haben wollen, entscheiden müssen, wer zuhause bleibt und wer erwerbstätig ist, entspringt der Erwerbsverpflichtung. Daraus folgt jedoch nicht, dass die Höhe des Einkommens Ausschlag gibt, sofern beide Einkommen auskömmlich sind. Teilzeittätigkeit für beide ist nicht unbedingt eine bessere Lösung, weil sie den Koordinationsaufwand erhöht, doppelte Verpflichtungen für beide schafft, nicht aber die Möglichkeiten verbessert, auf die Bedürfnisse, Sorgen und Nöte der Kinder schnell zu antworten, indem man verfügbar ist. Je kleiner die Kinder, desto wichtiger ist das. Das BGE ist kein Hausarbeitslohn und auch keine Herdprämie, wie manche Kritiker und besorgte Befürworter meinen. Es schützt aber jedoch nicht davor, dass das BGE dennoch so gedeutet wird. Wer will, dass Entscheidungen auf der Basis eines BGE nur in bestimmte Richtungen führen dürfen, verkehrt es in sein Gegenteil. Das wäre also ganz und gar nicht „emanzipatorisch“.

Torsten Meireis gibt zu bedenken, dass Grundeinkommen nicht gleich Grundeinkommen sei, man müsse genau hinschauen, der Initiativtext allerdings lasse das nicht zu. Die entscheidenden Fragen bleiben offen, was kürzlich schon Thomas Straubhaar monierte. Das genau könne für die Initianten zum „Eigentor“, das Vorhaben damit zum „Totengräber des Sozialstaats“ (siehe auch hier und hier) werden. Wie kommt Meireis zu diesen Befürchtungen?

Jedes Vorhaben kann selbstverständlich gegen sich selbst gewendet werden, davor gibt es keinen Schutz bzw. nur einen: dass die Mehrheit genau nicht will, dass eine Sparversion BGE umgesetzt wird. Um noch weiter zu gehen, muss festgehalten werden, dass allerdings auch dies demokratisch legitim wäre. Doch entscheidet nicht der Einzelne, wie der Sozialstaat auszusehen hat, sondern die Willensbildung, die sich dann in Mehrheiten ausdrückt, die Minderheiten nicht einfach unterdrücken.

Meireis fragt dann, wie man diejenigen, die das Ganze bezahlen müssen, dazu motivieren könne, es zu tun. Diese Frage ist einigermaßen verwunderlich, denn „bezahlen“ muss das BGE das Gemeinwesen und seine Folgen aushalten ebenso. Wer fragt denn danach, wie wir diejenigen motivieren, die all die unbezahlte Arbeit leisten, für die sie heute wenig bis gar nichts erhalten (außer Anerkennungspunkten in der Rentenversicherung)?

Eine demokratische Entscheidung kommt nur zustande, wenn eine Mehrheit es will, dann wäre die Mehrheit auch bereit, die Folgen eines BGE zu tragen, eine solche Entscheidung wäre demokratisch bindend. Und wer sie wieder aufheben will, muss sich mit demokratischen Mitteln wiederum um die Willensbildung gegen ein BGE bemühen.

Meireis befürchtet ebenfalls, dass Frauen wieder stärker vom Arbeitsmarkt verdrängt werden könnten, denn angesichts ungleicher Löhne, könne der Mann doch sagen, er habe das höhere Einkommen, also gehe er „arbeiten“. Damit übersieht er jedoch, dass die Höhe des Einkommens, wenn man haushaltsbezogen denkt (BGE kumuliert in einem Haushalt), nicht mehr dieselbe Rolle spielte wie heute. Sie wäre gar kein Argument mehr, um die Arbeitsteilung zu befestigen, es sei denn die Eltern bevorzugten einen Lebensstandard, der entsprechend hohe Einkommen erforderte. Doch kein Erwerbseinkommen der Welt kann einem die Zeit verschaffen, die durch Erwerbstätigkeit für die Familie, also auch für die Kinder, verlorengeht. Es geht also vielmehr, als Meireis zu erkennen gibt, um die Frage, was einem wichtig ist (sofern das BGE ausreichend hoch wäre). Wenn einem die Einkommenshöhe trotz BGE wichtig ist, dann ist die Verantwortung für die Arbeitsteilung in den Händen der Eltern bzw. des Paares.

Interessant sind beider Ausführungen zum Verhältnis von Protestantismus/Puritanismus zum BGE. Die Menschen seien in doppelter Weise berufen, sagt Meireis, in die Gemeinde Christi und zum Dienst am Nächsten. Die Berufung zum Dienst am Nächsten in Liebe ist es, die Anlass zum Tätigwerden ist. Die protestantische (Arbeits-)Ethik ist deswegen keine, die sich an Erwerbsarbeit orientiert. Das halten beide für eine Fehldeutung und Meireis hebt noch hervor, dass sich hier auch eine Fehldeutung der Untersuchungen Max Webers fortschleppt, der nicht die protestantischen Lehrdokumente untersucht habe, sondern was daraus alltagsweltlich geworden sei.

Es mag der theologische Zugang sein, der vor allem Meireis übersehen lässt, dass es auch eine säkulare Gemeinschaftsbildung und ein Dienen gibt, für die die moderne Demokratie der Ort ist. Wir – weder in der Schweiz noch in Deutschland – sind gerade keine „Arbeitsgesellschaft“, was er offenbar an anderer Stelle behauptete, sondern eine Bürgergemeinschaft (siehe hier und hier), auch wenn uns das wohl nicht genügend klar ist. Ein Blick in die Schweizer Bundesverfassung ist hier hilfreich. Das Dienen ist in der Demokratie in säkularer Form erhalten, und zwar in Gestalt des Gemeinwohls, dem zu dienen ist. Es ist aber ein Gemeinwohl, das zugleich den Wert des Individuums in seiner Einzigartigkeit anerkennt. Dieses Gemeinwohl ist weder an eine transzendente Instanz gebunden, noch an einen religiösen Inhalt. Das Gemeinwohl muss durch die öffentliche Auseinandersetzung im Gemeinwesen stets wieder von Neuem bestimmt werden. Gerade durch diesen Zusammenhang einer politischen Vergemeinschaftung erfährt derjenige, der ihr zugehört, eine außerordentliche Wertschätzung, denn seine Zugehörigkeit ist bedingungslos, sein Status als Staatsbürger entspricht dem. Die Bürger eines Gemeinwesens sind also im höchsten Maße einbezogen, während sie in Erwerbsarbeit, auf deren Bedeutung Meireis abhebt, nur um der Erledigung einer Aufgabe willen einbezogen sind. Dass auch dort die Erfahrung gemacht werden kann, etwas Sinnvolles zu tun, widerspricht dem nicht. Das Bedingungslose Grundeinkommen ist also weniger eine „Freiheitsdividende“, es ist wenn schon eine „Demokratiedividende“.

Sascha Liebermann

„Der Sieg des Kapitals“ – eine lesenswerte Rezension zum Buch von Ulrike Herrmann

Wolfgang Lieb, einer der Köpfe hinter den Nachdenkseiten, hat eine lesenswerte Rezension zum jüngsten Buch von Ulrike Herrmann, die auch für die taz schreibt, verfasst. Manche Überlegungen Herrmanns zum Begriff Kapital und Kapitalismus ist denjenigen nicht fremd, die sich mit Max Webers Schriften insbesondere der „Protestantischen Ethik“ (einige Texte sind online zugänglich) befasst haben. Webers Überlegungen zur Bedeutung des Protestantismus für die säkulare Lebensführung haben, wie es scheint, indes keinen Eingang in das Buch gefunden. Der kapitalistische Geist, für den Weber sich interessiert hat und der für die Entstehung von Neuem gerade aufschlussreich ist, wird bei Herrmann, durch eine eher mechanischistische Erklärung ersetzt. Weil sich Investitionen in Maschinen bei hohen Löhnen rentieren, werden sie getätigt. Das erklärt aber nicht, weshalb sich der Kapitalismus so unterschiedlich entwickelt. Gerade die wirtschaftshistorische Betrachtung, so Lieb, stellt gängige Vorurteile über Kapital, Geld, Zins, Markt, Wachstum usw. in Frage und ermöglicht andere Deutungen der Zusammenhänge. Das Buch ist so für eine breite Leserschaft verständlich. Wundern sollte man sich nicht darüber, dass offenbar keine Rede vom Bedingungslosen Grundeinkommen ist, denn das Verhältnis der Nachdenkseiten (siehe hier und hier und) ist dazu ebenso ablehnend wie Frau Herrmann skeptisch (hier) ist oder zumindest die Tragweite nicht erkennt bzw. anders einschätzt. Ein längeres Gespräch mit Ulrike Herrmann über ihr neues Buch finden Sie bei den Geldsystempiraten.