„Abkehr“ vom „Hartz IV-Regime“? Die Abkehr hängt am normativen Vorrang von Erwerbstätigkeit…

…das ist der entscheidende Punkt, an dem sich Jobgarantie und Bedingungsloses Grundeinkommen voneinander unterscheiden, denn solange dieser Vorrang nicht aufgehoben wird, bleibt Nicht-Erwerbstätigkeit immer ein normativ nachrangiges Engagement. Daher rührt auch sein stigmatisierender Charakter. Die Jobgarantie will genau das offenbar nicht antasten. Selbst im Falle eines Verzichtes auf Sanktionen wie bei der Garantiesicherung der Grünen oder Forderungen nach einer repressionsfreien Grundsicherung bleibt der normative Vorrang und damit die entsprechende Degradierung anderer Tätigkeiten erhalten. Der Vorrang des einen erzeugt die Nachrangigkeit des anderen. Wer das also nicht will, muss eine Absicherung einführen, die nur einen Vorrang kennt, und zwar den der Person um ihrer selbst und um des Gemeinwesens selbst willen.

Davon abgesehen vernachlässigt die Jobgarantie die Frage, was der Einzelne für „gute Arbeit“ hält, welche ihm sinnvoll erscheint und er im Zweifelsfall auf ein solches Angebot, wie die Jobgarantie es bieten will, verzichten können soll, ohne in einen degradierenden Status zu geraten.

Sascha Liebermann

„Frankreich macht für die Europäische Bürgerinitiative Grundeinkommen mobil“

Wer Stigmatisierung nicht will, muss die Bereitstellungsbedingungen verändern – Sprachkosmetik hilft nicht weiter

Treffende Anmerkung: Mit Schubladen arbeiten, um Differenziertheit zu unterlaufen und Paternalismus zu verdecken…

…, denn die wenigsten Überlegungen in der BGE-Diskussion sind auf einfache Weise einzuordnen. Götz W. Werners Anliegen, der z. B. meist – aber nicht immer – für hohe BGE-Beträge plädiert hat, war es stets, die Selbstbestimmung des Einzelnen durch ein BGE zu stärken. Auch war er meist klar darin, dass es über ein BGE hinaus bedarfsgeprüfte Leistungen geben sollte. Dennoch werden seine Überlegungen in manchen Überblicksdarstellungen (so z. B. bei Björn Wagner und Ronald Blaschke et al, S. 231 f.) mit dem Attribut neoliberal versehen, weil Werner ein hohes BGE nicht mit einem Mindestlohn verknüpfen wollte oder von einem substitutiven Effekt des BGEs sprach. Dabei stellt sich in der Tat die Frage, ob denn ein gesetzlicher Mindestlohn nach Einführung eines auskömmlichen BGEs sinnvoll wäre, wenn Arbeitnehmer zugleich eine ganz andere Verhandlungsmacht hätten als heute. Davon abgesehen hat Werner nie ein Modell im strengen Sinne vorgelegt, sondern seine Vorstellung stets weiter entwickelt. Selbst Thomas Straubhaar schließt bedarfsgeprüfte Leistungen nach Einführung eines BGEs nicht aus.

In Blaschkes Ausführungen irritiert diese Einordnung besonders, da er in der Besprechung sogenannter historischer Vorläufer sehr differenziert vorgeht und mit mancher vorschnellen Einordnung bezüglich der Vorläuferschaft zum BGE aufräumt.

Sascha Liebermann

Ein abstrakter Vergleich, der eine erzielt Erwerbseinkommen, der andere muss Leistungen beantragen und geht ganz konkrete Verpflichtungen ein…

…Wohngeld erhält der Bezieher nicht in die Hand, er verfügt darüber nicht, auch hier hinkt der Vergleich.

Sascha Liebermann