Gut gemeint, aber auch symptomatisch – „Geld vom Staat“…

…als sei das ein Übel oder etwas Verwerfliches. In der Lebenssituation, die Frau Mast schildert, war es doch nur hilfreich, dieses „Geld“ in Anspruch zu nehmen, um mehr Zeit für die Kinder zu haben, denn schließlich sind sie die Zukunft, so heißt es doch immer, da kann es Familien gar nicht gut genug gehen. Daraus folgt ja nicht, dass ihre Mutter hätte zuhause bleiben müssen, aber sie hätte es mit einer noch besseren Absicherung können.

Symptomatisch ist das Plakat, weil es zu erkennen gibt, wie unverbrüchlich am Bedürftigkeitsprinzip festgehalten und ein Verständnis von Unabhängigkeit gepflegt wird, demgemäß es besser ist, keinem zur Last zu fallen bzw. niemandem auf der Tasche zu liegen, selbst wenn der Preis ist, weniger Zeit für Familie zu haben. Damit wird das, was aufgewertet werden könnte, Zeit für Familie, abgewertet.

Hier eine Diskussionsrunde auf Phoenix, in der Frau Mast und Herr Linnemann aufeinandertrafen.

Siehe unsere früheren Kommentare zum „Kostgänger“-Einwand hier.

Sascha Liebermann

Vielleicht eine gewagte These, aber dennoch erinnernswert: „Vorrang für die Anständigen“…

…denn ich halte es für unwahrscheinlich, dass jenseits bestimmter Debattierzirkel diese Broschüre zur Kenntnis genommen wurde, wie viele Broschüren nicht weiter beachtet werden. Dennoch bringt das damalige Papier unter Clements Namen etwas zum Ausdruck, was in allen Schichten anzutreffen ist, Vorbehalte gegenüber denjenigen, die vom eigenen Lebensentwurf abweichen und „auf Kosten anderer“ leben. Clement benutzte den Begriff in Anführungszeichen in dem hier benannten Papier, es braucht den Begriff aber nicht, um dasselbe zum Ausdruck zu bringen. Das ist die tatsächliche Hürde für eine andere, zeitgemäßere Sozialpolitik.

Sascha Liebermann

Die SPD, der Mindestlohn und die Rente – CDU allerdings nicht besser

Zum Verhältnis von BGE und Mindestlohn, siehe hier und hier.

Alina Leimbach treffend zum SPD-Programm – noch etwas zu wohlwollend, was das „Haltgeben“ betrifft…

…enthält diese ganze pädagogisierende Rhetorik eine Haltung der Fürsorge, die Bürgern nicht gerecht wird als Träger der politischen Ordnung. Mit dieser Rhetorik lässt sich jedoch jeder Paternalismus aufhübschen.

Siehe meinen Beitrag hier.

Sascha Liebermann

Keine Überwindung zu erkennen, wenn der Programmentwurf gelesen wird – eine ganze Reihe fürsorglich-entmündigender Formulierungen schon eher

„Zukunftsprogramm“ voller Respekt und Bürgergeld, das in pädagogisierende Bevormundung umschlägt

Die SPD hat einen Entwurf ihres Zukunftsprogramms vorgelegt, über den in den Medien schon berichtet worden war. Da mit großer Ansage die Abschaffung oder wahlweise Überwindung von Hartz IV verkündet wurde, ist die Frage, was denn nun im Programm dazu steht? Leider ist es nicht einfach, sich im Programmentwurf zu orientieren, da es keine Seitennummerierung gibt. In der PDF-Datei ist es die Dokumentseite 32, auf der es um das Bürgergeld geht. Was steht dort?

„Die Grundsicherung werden wir grundlegend zu einem Bürgergeld entwickeln. Unser Bürgergeld steht für ein neues Verständnis eines haltgebenden und bürgernahen Sozialstaats. Das Bürgergeld soll digital und unkompliziert zugänglich sein. Bescheide und Schriftwechsel sollen eine verständliche Sprache sprechen. Die Regelsätze im neuen Bürgergeld müssen zum Leben ausreichen und zur gesellschaftlichen Teilhabe befähigen. Das Bürgergeld muss absichern, dass eine kaputte Waschmaschine oder eine neue Winterjacke nicht zur untragbaren Last werden. Die Kriterien zur Regelsatzermittlung werden wir weiterentwickeln und hierbei die Erfahrungen von Betroffenen und Sozialverbänden mit einbeziehen. Zudem werden wir höhere Bagatellgrenzen einführen, um die ökonomisch unsinnigen Streitigkeiten über die Rückzahlung geringfügiger Beträge zu verhindern.“

Haltgebender und bürgernaher Sozialstaat? Zuerst einmal wäre davon auszugehen, dass sozialstaatliche Leistungen Einkommensabsicherungen schaffen, darüber hinaus Hilfeleistungen anbieten und etwaige weitere Angebote, die aber immer eines voraussetzen: dass der Bezieher sich selbst Halt geben kann und dafür keinen anderen benötigt, Einkommensmangel bedeutet in keiner Weise Haltlosigkeit. Diese Kümmerersprache ist eine Sprache der Bevormundung.

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Unwürdige vs. würdige Sanktionen – treffend angemerkt