Eine legitime Antwort…

…und zugleich muss ein Unternehmen dennoch darauf wertlegen, dass ein Mitarbeiter zu den Aufgaben und dem Kollegialverständnis passt. Mit einem BGE könnte das erheblich einfacher sein, weil eine Bewerbung nicht mehr in demselben Maße nötig wäre, um „Rechnungen [zu] zahlen“. Das wäre eine entscheidende Voraussetzung dafür, Bewerbungsgespräche für beide Seiten zu erleichtern und alle Karten auf den Tisch zu legen – ganz im Dienste des Zweckes, Güter- und Dienstleistungen bereitzustellen und das unter den bestmöglichen Bedingungen zu tun, statt Lebenszeit ineffektiv und ineffizient zu vernutzen.

Sascha Liebermann

„Arbeitskräftemangel bekämpft man nicht mit einem bedingungslosen Grundeinkommen“ – Unternehmen als Erziehungsanstalt?

Diese Frage stellt sich, wenn man eine Pressemitteilung der Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände e. V. liest (auf deren Internetseite konnte ich sie nicht finden). Es heißt dort:

„Wir brauchen jede und jeden im Arbeitsmarkt. Arbeitskräftemangel bekämpft man nicht mit einem bedingungslosen Grundeinkommen. Das Aussetzen der Sanktionen bei gleichzeitigen sehr großzügigen Regelungen zum Vermögensschutz durch den sog. vereinfachten Zugang zur Grundsicherung bis Jahresende wäre faktisch ein bedingungsloses Grundeinkommen.“

Da es nur um eine vorübergehende Aussetzung von Sanktionen geht bislang (bis Jahresende) und selbst das vorgeschlagene Bürgergeld eine Mitwirkungsverpflichtung kennt, ist der Schritt zum BGE doch noch ziemlich weit, denn wo es Mitwirkungspflichten geben soll, muss es Sanktionsinstrumente geben. Außerdem muss ALG II immer noch beantragt werden, auch das unterscheidet es vom BGE. Die Furcht des BDA vor einem BGE muss erheblich sein, wenn er sie hier vorbringt, dabei vergisst er nicht nur genau hinzuschauen, sondern er verliert auch das Verhältnis von Arbeitskrafteinsatz und Wertschöpfung aus den Augen. Man braucht eben nicht „jede und jeden im Arbeitsmarkt“, sondern diejenigen, die eine entsprechende Leistungsbereitschaft haben und in vielerlei Hinsicht Aufgaben verlässlich übernehmen können und wollen. Keinem Bäcker ist damit geholfen, wenn er Mitarbeiter stetig beaufsichtigen muss, was dennoch manche nicht davon abhält, schärfere Sanktionen zu fordern (siehe hier und hier). Außerdem stellt sich die Frage, wo in welchem Umfang Arbeitsgänge auf Automaten übertragbar sind und inwiefern hier noch vieles möglich ist, das nicht genutzt wird – auch das diente der Wertschöpfung und der Rückgewinnung von Lebenszeit. Dort, wo eine Automatisierung nicht möglich ist, wäre über Arbeitsbedingungen zu reden, und wer es damit ernst meint, muss ein BGE nicht fürchten, denn an Leistungsbereitschaft mangelt es nicht, wie die Pressemitteilung selbst erkennen lässt:

„Arbeitskräftemangel bekämpft man nicht mit einem bedingungslosen Grundeinkommen“ – Unternehmen als Erziehungsanstalt? weiterlesen

Was ist die Aufgabe des Wirtschaftens, die Bereitstellung von Gütern und Dienstleistungen oder „Beschäftigung“?…

…diese Frage stellt sich, wenn man den Ausführungen Volker Wielands folgt, der in der Pressekonferenz zur Vorstellung des Jahresgutachten des Sachverständigenrats sich zur Auswirkungen einer Vermögenssteuer äußerte. Er sei dagegen, denn sie werde sich auf Arbeitsplätze auswirken, auf

„Arbeitsplätze, die geschaffen werden, die wir ja brauchen, um die Menschen in Beschäftigung zu bekommen und zu halten“

Brauchen wir Arbeitsplätze einfach so oder brauchen wir sie dann, wenn sie zur Bereitstellung von Gütern und Dienstleistungen notwendig sind?

Was ist die Aufgabe des Wirtschaftens, die Bereitstellung von Gütern und Dienstleistungen oder „Beschäftigung“?… weiterlesen

Bereitstellung von Problemlösungen, keine Beschäftigungsmaßnahme – Wertschöpfung statt Erwerbsarbeitsplatzssicherung

Frühere Beiträge zu dieser Thematik von unserer Seite finden Sie hierhier und hier.

Automatisierung ist unter anderem dann unproblematisch, wenn die Existenz abgesichert ist…

…denn die Bereitstellung von standardisierten Gütern und Dienstleistungen ist entscheidend, nicht ob dies durch menschliche Arbeitskraft oder durch Maschinen geschieht. Heute hingegen hängen an den Arbeitsplätzen nicht nur die Einkommen, es hängt an ihnen auch die Anerkennung dafür, wie das Einkommen erzielt wurde. Erwerbstätigkeit gilt als ethisch geboten, es hat einen normativen Status, daher auch die Stigmatisierung derer, die ihr nicht folgen.

Sascha Liebermann

„…eine Gruppe von Mitbürgern einfach mit bedingungslosem Grundeinkommen auszugliedern“ – Unternehmerblick oder Sozialpaternalismus?

Diese Frage stellt sich anlässlich des Interviews mit Reinhold von Eben-Worlée, Präsident von Die Familienunternehmer, in der Neuen Zürcher Zeitung, der folgendes darin ausführt:

„[NZZ] Zuletzt hat aber auch der grüne Vorstand Vorschläge gemacht für eine sogenannte «Garantiesicherung» ohne Arbeitszwang, die ein bedingungsloses Grundeinkommen über die Hintertür einführen würde.

[Eben-Worlée] Die Schröderschen Hartz-IV-Reformen haben ja gerade deswegen so gut gewirkt, weil es kein bedingungsloses Grundeinkommen gab. Wir haben darüber hinaus ein erhebliches demografisches Problem in Deutschland und können es uns gar nicht leisten, eine Gruppe von Mitbürgern einfach mit bedingungslosem Grundeinkommen auszugliedern. Wir werden diese Leute brauchen, um unser Bruttosozialprodukt für alle aufrechtzuerhalten.“

Gut gewirkt inwiefern? Und: um welchen Preis? Wenn es einem Unternehmer nicht gleichgültig sein kann, aus welchem Antrieb heraus ein Mitarbeiter sich bei ihm bewirbt und sich zu engagieren bereit ist, dann ist Hartz IV das denkbar abwegigste Instrument dafür. Wenn der Präsident des Bundesverbandes der Familienunternehmen spricht, müsste es ihm doch um Wertschöpfung gehen, dann würde die Leistungsbereitschaft zählen, die sich am besten erkennen lässt, wenn jemand sich nicht um des Einkommens willen bewerben muss. Wenn es das Ziel ist, eine Aufgabe möglichst gut zu erledigen, spielt die Motivation der Mitarbeiter eine entscheidende Rolle – nicht aber offenbar für die Familienunternehmer.

„…eine Gruppe von Mitbürgern einfach mit bedingungslosem Grundeinkommen auszugliedern“ – Unternehmerblick oder Sozialpaternalismus? weiterlesen

„Ist das Arbeitslosengeld zu hoch, sinkt der Anreiz, sich einen Job zu suchen“ – von wegen Binsenweisheit…

…, die Behauptung passt gut zu meinem gestrigen Beitrag zur vermeintlichen „poverty trap“. Hier die wörtlichen Ausführungen Martin Kochers, Arbeitsminister Österreichs in einem Interview mit Der Standard. Kocher antwortet auf die Frage danach, was er von der Erhöhung des Arbeitslosengeldes halte:

„Kocher: Hierzu gibt es kaum Studien, es gab aber auch zuvor nicht solch eine Ausnahmesituation. Wir wissen aber, dass der Anreiz, sich einen Job zu suchen, sinkt, wenn das Arbeitslosengeld zu hoch ist. Das ist für sich genommen eine Binsenweisheit. Es geht also darum, wie das Modell aussieht. Deshalb war ich Verfechter eines Modells, wonach die Entschädigung am Anfang höher ist und dann absinkt. Generell würde ich es als schlecht empfinden, jetzt in der Krise das System zu ändern.“

Von wegen Binsenweisheit, ein Klischee ist diese simple Formel und nur aufrechtzuerhalten, wenn Befunde aus der dynamischen Armutsforschung nicht zur Kenntnis genommen werden. Wiederholt ist von verschiedener Seite darauf hingewiesen worden, dass es den schlichten Zusammenhang zwischen Höhe von Arbeitslosengeld oder anderen Einkommenssubstituten nicht gibt und die Behauptung nur am Leben erhalten werden kann, weil bestimmte Annahmen gesetzt werden.

„Ist das Arbeitslosengeld zu hoch, sinkt der Anreiz, sich einen Job zu suchen“ – von wegen Binsenweisheit… weiterlesen

„…dass Menschen etwas Sinnvolles bewerkstelligen wollen…“ – scheint gegen ein Grundeinkommen zu sprechen,…

…zumindest sieht das der ehemalige Conti-Vorstandsvorsitzende Elmar Degenhart in einem Interview auf Zeit Online so. Hier der Ausschnitt:

„ZEIT: Es gibt Wirtschaftsführer, die sagen: Wir brauchen ein staatliches Grundeinkommen, um diejenigen, die wir nicht mehr erreichen, abzusichern. Halten Sie das für eine gute Lösung?

Degenhart: Nein, weil ich tief überzeugt davon bin, dass Menschen etwas Sinnvolles bewerkstelligen wollen und auch das Gefühl haben müssen, dass sie einen Beitrag leisten. Ein Grundeinkommen würde das Risiko erhöhen, das Wertgefühl vieler Menschen stark negativ zu beeinträchtigen, wenn sie diesen Beitrag dann nicht mehr leisten könnten.“

Die Frage ist allerdings schon bemerkenswert, was heißt es, jemanden „nicht mehr zu erreichen“ und weshalb sollte es eine Aufgabe von Wirtschaftsführern sein, jemand anderes zu erreichen als den möglichen Kunden? Ein Grundeinkommen wird hier zum einen als Notfallinstrument verstanden, denn es wäre nur für genau diese Gruppe vorgesehen, zum anderen werden überhaupt keine Aspekte benannt, die die Einführung eines Grundeinkommens aufgrund unseres spezifischen Zusammenlebens nahe legen würde. Was antwortet Degenhart?

Degenharts Antwort ist eine Steilvorlage für ein Grundeinkommen, was er gar nicht so sieht, denn er erkennt darin eine Begründung dagegen.

„…dass Menschen etwas Sinnvolles bewerkstelligen wollen…“ – scheint gegen ein Grundeinkommen zu sprechen,… weiterlesen

Weshalb Dilemma? Es geht um Bedingungen von und den Weg zu Wertschöpfung…

…, also um das Zustandekommen des Leistungsergebnisses. Wenn dafür weniger menschliche Arbeitskraft nötig sein würde, wenn Güter und Dienstleistungen effizienter bereitgestellt werden könnten, müsste gar nicht so weitergearbeitet werden „wie bisher“. Wenn ein BGE dazu führt, dass aufgrund besserer Bedingungen der Leistungserstellung das Ergebnis sich verbessert, ist die Rede vom Dilemma ein Pappkamerad. Außerdem gilt es, längere Zeiträume zu betrachten, wenn Ewerbsengagement lebensphasenspezifisch ab- und zunehmen kann. Normativ ist das eine ganz andere Lage als heute, in der ein Erwerbsgebot gilt, das jegliche Leistungen jenseits von Erwerbstätigkeit degradiert. Wir wissen heute nicht, inwiefern die vorherrschenden Bedingungen Leistungserbringung hemmen. Statt also den status quo als bestmögliche Situation zu betrachten, gilt es, seine blinden Flecke deutlich zu machen, darum bemüht sich die Diskussion um ein BGE.

Die Diskussion unter dem Tweet, in der es um die Erwerbsarbeitsbedingungen geht, wird zu eng geführt, vergessen wird, dass ein BGE die normative Umwertung von Erwerbstätigkeit nach sich zieht und damit Auswirkungen auf das Ganze hat, nicht nur auf Erwerbstätigkeit.

Sascha Liebermann

Arbeitsplätze vor Wertschöpfung, zugleich eine Verkürzung…

…die Stephan Kaufmann in seinem Beitrag in neues deutschland vornimmt, wenn er am Ende schreibt:

„Dass Unternehmen für den Gewinn produzieren, dass sie nur Menschen einstellen, damit diese einen Gewinn erwirtschaften – diese existierende Abhängigkeit der Beschäftigten von der Betriebskalkulation erfährt damit eine Umdeutung: Der Profit wird zu einem Instrument zur Schaffung von Arbeit und Einkommen. Aus der behaupteten Harmonie von Profit und Lohn wiederum wird der eigentliche Gegensatz konstruiert: Klimaschutz, Gesundheitsschutz – alles, was dem Profit schadet, sei eine Gefahr für Jobs. Und das könne niemand wollen.“

Dass aber „Jobs“ schon lange als Begründung für alles Mögliche herhalten, ist kein neues Phänomen, werden sie doch für den sozialen Zusammenhalt, Integration in die Gesellschaft oder wie es sonst noch genannt wird, für unerlässlich gehalten. Selbst Unternehmer vertreten dieses Verständnis, und zwar keineswegs strategisch. Im Grunde müssten sie dafür plädieren, Wertschöpfung in den Mittelpunkt zu stellen, andere Fragen hat das Gemeinwesen zu beantworten, denn Erwerbsarbeitsplätze sind eben kein Selbstzweck.

Kaufmann weist zu Beginn auf den Zweck von Unternehmen hin, verkürzt ihn aber, wie häufig anzutreffen, wenn es um Kapitalismuskritik geht. Sicher, Unternehmen produzieren für einen Gewinn, doch ist der nicht unmittelbar erreichbar, weil sie dazu Güter und Dienstleistungen anbieten müssen – die nichts anderes sind als standardisierte Problemlösungen. Erst mittels dieser können sie Gewinne erwirtschaften und um solche Güter anbieten zu können, müssen sie in Erfahrung bringen, was nachgefragt ist bzw. nachgefragt sein könnte, ohne dass ein Produkt schon gefragt ist. Unternehmerinteressen sind hier eben keineswegs identisch mit den Interessen von Kapitalgebern.

Sascha Liebermann