„Wohin mit den Pfandflaschen, wenn das Grundeinkommen kommt?“ oder „Wer macht die unangenehmen Tätigkeiten“?…

…eine Frage, die erkennen lässt, welche Haltung jemand zur Frage der Selbstbestimmung hat.

Sascha Liebermann

„Wie realistisch ist ein bedingungsloses Grundeinkommen?“ – Barbara Prainsack…

…im Gespräch im Deutschlandfunk Kultur über ihr Buch „Vom Wert des Menschen“. Etwas überraschend ist, dass Frau Prainsack durchaus die Sorge hat, ein Bedingungsloses Grundeinkommen könne eine Stilllegungsprämie sein, doch wie kommt sie darauf?

Dass manche womöglich die Hoffnung hegen, mit einem BGE solche Ziele verfolgen zu können, mag ja sein, ob aber ein BGE zur Stilllegungsprämie werden würde, hängt von den Bürgern ab. Wenn sie sich stilllegen ließen – im wörtlichen Sinne geht das gar nicht -, dann wäre das ihr gutes Recht. Wen das stört, der müsste sich an diese Bürger wenden und ihr Handeln kritisieren. Ein BGE formuliert aber gerade kein bestimmtes Handeln als Bedingung dafür, es zu erhalten, von daher kann es weder mit dem Ziel, keine Stilllegungsprämie sein zu dürfen verbunden werden, noch kann es überhaupt selbst diese Wirkung entfalten, ohne dass die Bürger entsprechend handeln. Insofern gerät ein BGE hier unter der Hand doch wieder zu einem Mittel, um ein bestimmtes Handeln zu erreichen, statt einfach nur die Würde der Person um ihrer selbst und um des Gemeinwesens selbst willen anzuerkennen.

Auch auf den Einwand, ein BGE sei eine Herdprämie kommt der Moderator zu sprechen und die Autorin sieht sehr wohl, dass auch dieser Einwand seine Berechtigung hat, dies aber nicht ein Problem eines BGE sei, sondern unter gegenwärtigen Bedingungen schon vorkomme. Ein wenig stutzig macht diese Einschätzung über die Gegenwart, hat sich – für Deutschland gilt das als „Nachzügler“ schon länger – eine immense Steigerung der Frauenerwerbsquote vollzogen, und zwar von 57 (1991) auf 72 Prozent (2019) nach Angaben des Statistischen Bundesamtes. Man kann hier natürlich einwenden, dass der Anteil von Teilzeiterwerbstätigkeit bei Frauen erheblich höher ist als bei Männern, doch der Siegeszug des normativen Vorrangs von Erwerbstätigkeit und der weiteren Degradierung von Haushaltstätigkeiten ist nicht zu verkennen.

Sascha Liebermann

„Nicht mehr nachvollziehbare Irrationalität“ – es geht hierbei zwar nicht um’s Grundeinkommen…

…aber die Undifferenziertheit der Diskussion, die Frank Lübberding in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung an der Sendung von Maybrit Illner zur Pandemie und den ergriffenen Maßnahmen kritisiert, ist eine Undifferenziertheit, die ja leider in der BGE-Diskussion auch anzutreffen ist. Darüber hatte Lübberding – allerdings nicht besonders differenziert – auch schon einmal geschrieben, siehe hier. Zu anderen Kommentaren von Lübberding, siehe hier.

Sascha Liebermann

„Ein Kind leidet, wenn seine Eltern leiden“ – angesichts der Szenarien über vermeintliche Folgen von Schulschließungen…

…eine bodenständige Einschätzung von Carlotta Welding im Interview auf Zeit Online. Gleich zu Beginn wird sie nach den Ergebnissen einer Studie des Deutschen Jugendinstituts (siehe unten) gefragt, woraufhin sie das tut, was man von Wissenschaftlern erwarten kann: die Studie müsse sie sich erst einmal anschauen. Im weiteren Verlauf macht Welding deutlich, wie sehr das Wohlbefinden der Kinder von den Eltern und dem Umgang miteinander abhängt. Diese im Grunde banale Betrachtung wird bei all den katastrophischen Meldungen in der Pandemie aber häufig schlicht nicht beachtet (siehe dazu auch hier). Damit sollen keineswegs die Anstrengungen und Belastungen durch die gegenwärtige Lage schöngeredet werden, genau so wenig sollen die unterschiedlichen Möglichkeiten von Familien unterschlagen werden. Weder das eine noch das andere jedoch determiniert, wie mit der Lage umgegangen wird.

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„Ist das Arbeitslosengeld zu hoch, sinkt der Anreiz, sich einen Job zu suchen“ – von wegen Binsenweisheit…

…, die Behauptung passt gut zu meinem gestrigen Beitrag zur vermeintlichen „poverty trap“. Hier die wörtlichen Ausführungen Martin Kochers, Arbeitsminister Österreichs in einem Interview mit Der Standard. Kocher antwortet auf die Frage danach, was er von der Erhöhung des Arbeitslosengeldes halte:

„Kocher: Hierzu gibt es kaum Studien, es gab aber auch zuvor nicht solch eine Ausnahmesituation. Wir wissen aber, dass der Anreiz, sich einen Job zu suchen, sinkt, wenn das Arbeitslosengeld zu hoch ist. Das ist für sich genommen eine Binsenweisheit. Es geht also darum, wie das Modell aussieht. Deshalb war ich Verfechter eines Modells, wonach die Entschädigung am Anfang höher ist und dann absinkt. Generell würde ich es als schlecht empfinden, jetzt in der Krise das System zu ändern.“

Von wegen Binsenweisheit, ein Klischee ist diese simple Formel und nur aufrechtzuerhalten, wenn Befunde aus der dynamischen Armutsforschung nicht zur Kenntnis genommen werden. Wiederholt ist von verschiedener Seite darauf hingewiesen worden, dass es den schlichten Zusammenhang zwischen Höhe von Arbeitslosengeld oder anderen Einkommenssubstituten nicht gibt und die Behauptung nur am Leben erhalten werden kann, weil bestimmte Annahmen gesetzt werden.

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Andrew Yang is running for Mayor in New York City

Wie lange wird es wohl dauern, bis eingesehen wird, dass zielgenaue Hilfen anders aussehen als die bisherigen?